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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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gewesen. Gelegentlich trafen sich Benthin und Professor Preuß zwar auf Fachtagungen oder Kongressen, doch es mochten bereits gut und gerne an die zwei Jahre vergangen sein, seit er zuletzt als Privatmann zu Gast im Haus des Professors gewesen war.
     
    Also wurde alles Notwendige in die Wege geleitet. Einige Tage später fand sich Benthin im Haus der Familie Preuß ein. Benthin und Preuß führten ein langes, ergiebiges Gespräch in der Bibliothek des Hauses. Anschließend beschloss man, das frühsommerlicher Wetter zu genießen und sich ein wenig die Beine im Garten zu vertreten, wo die beiden jüngeren Mädchen herumtollten. Benthin fragte, wo sich Elli, die älteste der drei Töchter, versteckt habe. Sie war bei seinen früheren Besuchen immer die Ungestümste der drei gewesen und den beiden jüngeren, etwas schwerfälligen Schwestern stets geschickt entwischt. Frau Preuß, die sich zwischenzeitlich zu ihnen gesellt hatte, seufzte:
    „Sie wird mal wieder mit dem Boot alleine auf dem See unterwegs sein. Das macht sie in letzter Zeit andauernd, obwohl wir ihr davon abgeraten haben, weil es eine wenig schickliche Beschäftigung für eine junge Dame ist." Benthin schmunzelte und stellte amüsiert fest:
    „Also hat sie immer noch ihren eigenen Kopf", was ihr Vater vielsagend mit leichtem Bedauern in der Stimme bejahte. Benthin hatte Ellis berüchtigte Dickköpfigkeit nie am eigenen Leib erlebt. Doch von seinen früheren Aufenthalten im Hause Preuß erinnerte er sich noch recht genau an das lebhafte Kind. Obwohl sie sich bei seinem letzten Besuch nicht über den Weg gelaufen waren, konnte er das Mädchen beinahe vor sich sehen: ihre vor Übermut sprudelnde, quirlige Art und ihr vielsagender Gesichtsausdruck, der darauf schließen ließ, dass sie schon wieder etwas im Schilde führte. Sie hatte ihren Vater unzählige Male zur Weißglut getrieben, war aber dennoch sein Ein und Alles. Benthin war nicht bewusst, dass sich die Eltern - ganz besonders ihre Mutter - allmählich Sorgen um Ellis Zukunft machten. Sie war längst im heiratsfähigen Alter, zeigte jedoch kein erkennbares Interesse am anderen Geschlecht, außer vielleicht am gemeinsamen Streicheaushecken mit ihrem gleichaltrigen Vetter. Doch selbst dieser Kontakt war zuletzt mehr und mehr eingeschlafen. Elli schien sich fast nur noch für ihre Bootsfahrten auf dem See begeistern zu können.
    Ein Schrei unterbrach die Gedanken des Vaters.
    „Jetzt ist sie bestimmt in den See gefallen, dieses störrische Mädchen!", entfuhr es ihm zornig und zugleich voller Sorge, dass seiner Lieblingstochter etwas zugestoßen sein könnte. Rasch eilten die Männer in Richtung See, Frau Preuß folgte ihnen - durch ihre Röcke und etliche überflüssige Pfunde eingeschränkt - etwas langsamer. Am Ufer angekommen sahen sie die Bescherung: Elli war bei dem Versuch, aus dem Boot auszusteigen und auf den Steg zu klettern, abgerutscht und im Wasser gelandet. Glücklicherweise war das Wasser an dieser Stelle schon nicht mehr besonders tief, so dass sie triefend ans Ufer gestelzt kam. Ihre ebenfalls herbei geeilten Schwestern krümmten sich vor Lachen. Elli gab einige unverständliche, aber eindeutig nicht gesellschaftsfähige Äußerungen von sich und verkündete wütend:
    „Die Vorstellung ist beendet - die Zuschauer können den Saal verlassen!" Ihr Vater wusste nicht, ob er lachen oder ermahnende Worte sprechen sollte und gab nur einen schnaubenden Laut von sich. Ihre atemlose Mutter schien besorgt, machte ihr aber zugleich Vorwürfe:
    „Wir haben es Dir doch schon so oft gesagt! Warum hörst du nie auf uns und lässt das Bootfahren bleiben? Wie siehst Du nur wieder aus, Kind!" Elli hatte Benthin bislang noch nicht bemerkt, sah ihn nun aber aus dem Augenwinkel mit einem zornigen Blick an und stellte mit grimmiger Stimme fest:
    „Sie entschuldigen mich.“ Es war ihr peinlich, einen Zeugen, der nicht zur Familie gehörte, für ihr Missgeschick und die mütterliche Zurechtweisung zu haben. Wütend stapfte sie an ihm vorbei und eilte rasch mit ihrer lamentierenden Mutter ins Haus. Benthin blickte ihnen verwundert nach - er hatte Elli als Kind in Erinnerung. Dies war nicht mehr das herumtollende, überschäumende kleine Mädchen aus seinem Gedächtnis - dies war eine junge, erwachsene Frau. Das nasse Kleid hatte sich eng an ihren Körper geschmiegt und ihre weiblichen Formen überaus deutlich zur Geltung gebracht. Ihre Blicke funkelten wild vor Wut und gingen ihm durch Mark und Bein,

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