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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Stimme
das Schweigen, »es gereicht mir zu großer Ehre, als erster Eurer
Exzellenz dafür zu danken, daß Sie die Güte hatten, die Einladung
anzunehmen, die wir uns erlaubt haben, Ihnen zu übersenden. Der
Kreis Deux-Sèvres wird in Ewigkeit nicht vergessen … «
    Es war Du Poizat, der das Wort ergriffen hatte. Er stand drei
Schritte weit vor Rougon, und bei gewissen wohl abgemessenen
Redensarten neigten sie die Köpfe leicht zueinander. Er redete so
eine Viertelstunde, erinnerte den Minister daran, wie glänzend er
den Kreis in der gesetzgebenden Versammlung vertreten habe; die
Stadt Niort habe seinen Namen als den ihres Wohltäters in ihre
Jahrbücher eingetragen und brenne vor Verlangen nach einer
Gelegenheit, ihm ihre Dankbarkeit zu erweisen. Du Poizat hatte die
politische und praktische Seite der Begrüßung übernommen. Zuweilen
entführte der Wind seine Stimme, und dann sah man nur seine
Gebärden, eine regelmäßige Bewegung seines rechten Armes, und die
tausend Neugierigen auf dem Abhange betrachteten die Stickerei
seines Ärmels, deren Gold in einem Sonnenstrahle aufblitzte.
    Dann trat Herr Kahn in die Mitte des Zeltes. Er sprach sehr
laut, manche Worte bellte er förmlich heraus. Wenn er am Ende eines
Satzes selbstgefällig inne hielt, sandte das Echo aus dem
Hintergrunde des Tales seine letzten Worte stets zurück. Er
berichtete über seine langjährigen Bemühungen, seine Studien und
die Schritte, die er vier Jahre lang habe unternehmen müssen, um
der Gegend die Wohltat einer neuen
Eisenbahn zu verschaffen. Jetzt werde Segen und Gedeihen in den
Kreis einkehren, die Felder würden befruchtet werden, die Fabriken
würden ihre Erzeugnisse verdoppeln, der Handel werde selbst in den
entlegensten Dörfern einen neuen Aufschwung nehmen – kurz, nach
seinen Worten schien es, daß Deux-Sèvres unter seinen Zauberhänden
ein Schlaraffenland werde voller Milchbäche und Zauberhaine, wo gut
gedeckte Tafeln die Vorübergehenden zum Mahle einluden. Dann nahm
er plötzlich die Miene übertriebener Bescheidenheit an. Er verdiene
nicht den geringsten Dank, habe nie ein so großartiges Unternehmen
ins Werk setzen können ohne seinen hohen Gönner, auf den er so
stolz sei. Er wandte sich an Rougon und nannte ihn »den
erleuchteten Minister, den Beschützer aller edlen und nützlichen
Gedanken«. Zum Schlusse pries er die finanziellen Vorteile des
Unternehmens. An der Börse reiße man sich um die Aktien. Glücklich
der Rentner, der sein Geld in einer Unternehmung habe anlegen
können, der Seine Exzellenz der Minister des Innern seinen Namen zu
leihen sich herabließ.
    »Sehr gut, sehr gut!« murmelten einige Gäste.
    Der Bürgermeister und mehrere Beamte drückten Herrn Kahn die
Hand, der sehr ergriffen schien. Draußen wurde Beifall gerufen. Die
philharmonische Gesellschaft glaubte eine lustige Tanzweise
anstimmen zu sollen, aber der erste Adjunkt schickte eiligst einen
Feuerwehrmann, der die Musik schweigen hieß. Unter dem Zelte
zögerte inzwischen der Chef des Bauamtes, der Aufforderung zum
Reden nachzukommen, weil er sich nicht vorbereitet habe. Auf das
Drängen des Präfekten hin entschied er sich jedoch. Herr Kahn
flüsterte letzterem sehr beunruhigt zu:
    »Sie tun unrecht. Er ist schlimm wie die Pest.«
    Der Chef des Bauamtes war ein langer, magerer Mann, der sehr zum Spott neigte. Er redete langsam und zog
bei jeder beißenden Wendung den Mundwinkel schief. Er begann damit
Herrn Kahn mit Lobsprüchen zu überhäufen. Darauf kamen boshafte
Bemerkungen. Er beurteilte kurz das Projekt der Bahn mit der
Geringschätzung, die die Staatsingenieure den Zivilingenieuren
gegenüber gewöhnlich hegen. Er erinnerte an den Gegenentwurf der
Westbahn-Gesellschaft, wonach die Bahn über Thouars gehen sollte,
und hob, ohne sich anscheinend darüber lustig zu machen, den Bogen
hervor, den die Linie des Herrn Kahn machte, um die Hochöfen von
Bressuire zu erreichen. Alles sagte er ohne irgendwelche Grobheit,
mit liebenswürdigen Wendungen untermischt, aber voller Nadelstiche,
die nur die Eingeweihten fühlten. Am Schlusse war er noch
grausamer. Er schien zu bedauern, daß »der erlauchte Minister« sich
bei einem Geschäfte kompromittieren werde, dessen finanzielle Seite
alle Sachverständigen beunruhige. Ungeheure Summen würden
erforderlich sein; die größte Ehrlichkeit, die größte
Selbstlosigkeit würden nötig sein. Mit schiefem Munde schloß
er:
    »Diese Besorgnisse sind grundlos, wir sind völlig beruhigt, da
wir an

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