Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
nur stören Sie mich teufelsmäßig… Bitte, setzen Sie
sich dorthin… Du Poizat, geben Sie Frau Bouchard Ihren Sessel!«
    Er wandte sich um: – und sah sich dem Oberst Jobelin
gegenüber.
    »Auch Sie, Oberst!« rief er.
    Die Tür war offen geblieben; Merle hatte sich dem Eintritte des
Obersten nicht widersetzen können, da dieser den Bouchards auf dem
Fuße folgte. Er führte seinen Sohn herbei, einen langen
fünfzehnjährigen Schlingel, damals Schüler der dritten Klasse am
Gymnasium Ludwigs des Großen.
    »Ich wollte Ihnen August zuführen«, sagte er. »Nur im Unglück
bewähren sich die wahren Freunde. August, gib die Hand!«
    Aber Rougon stürzte nach dem Vorzimmer und rief:
    »Merle, schließen Sie doch die Tür! Woran denken Sie denn? Ganz
Paris kommt noch!«
    Jener versetzte ruhig:
    »Weil man Sie gesehen hat, Herr Präsident!«
    Er mußte zur Seite treten, um den Charbonnels Platz zu machen.
Sie kamen nebeneinander, doch nicht Arm in Arm, pustend,
niedergeschlagen, bestürzt. Sie sagten wie aus einem Munde:
    »Wir haben eben den Moniteur gelesen… Ach, welch schreckliche
Neuigkeit! Wie trostlos wird Ihre arme Mutter sein! Und in welche
traurige Lage versetzt es uns!«
    Offenherziger als die anderen, begannen sie sofort ihre kleinen
Angelegenheiten auszukramen. Rougon hieß sie jedoch schweigen,
schob einen unter dem Türschlosse verborgenen Riegel vor und brummte, jetzt könne man die Tür
einschlagen. Da er sah, daß keiner seiner Freunde das Feld räumen
wollte, ergab er sich darein und suchte seine Arbeit inmitten der
neun, die das Zimmer anfüllten, zu vollenden. Das Aufräumen der
Papiere hatte schließlich das Unterste zu oberst gekehrt. Auf dem
Teppich lag ein Haufen Mappen, so groß, daß der Oberst und Herr
Bouchard, die zu einem Fenster flüchten wollten, sehr vorsichtig
auftreten mußten, um keine wichtige Urkunde zu beschädigen. Alle
Stühle waren mit zusammengeschnürten Paketen beladen; Frau Bouchard
hatte den einzig freigebliebenen Sessel bekommen und hörte lächelnd
die Artigkeit der Herren Du Poizat und Kahn an, während Herr
d'Escorailles in Ermangelung einer Fußbank ihr eine mit Briefen
vollgestopfte dicke blaue Tasche unter die Füße schob. Die
Schubladen des Schreibtisches, in einer Ecke umgestürzt,
gestatteten den Charbonnels, sich einen Augenblick auszuruhen,
während Jung-August, entzückt, in einen Umzug hineingeraten zu
sein, hinter dem Haufen von Mappen verschwand, in dessen Mitte Herr
Delestang sich verschanzt hatte. Letzterer erregte dichten Staub,
indem er die Zeitungen von den oberen Fächern herunterwarf. Frau
Bouchard hustete leicht, und Rougon, die Mappen leerend, die er
sich selbst vorbehalten hatte, sagte ihr:
    »Sie tun unrecht, in diesem Schmutze zu bleiben.« Aber die junge
Frau, noch ganz rot vom Husten, versicherte, sie befinde sich sehr
gut, ihr Hut könne den Staub vertragen. Und die Gesellschaft
erschöpfte sich in Äußerungen der Teilnahme. Der Kaiser mußte sich
in der Tat gar nicht um das Wohl und Wehe des Landes kümmern, da er
sich mit Leuten umgebe, die seines Vertrauens so unwürdig seien.
Frankreich habe einen schweren Verlust erlitten. Übrigens sei es
immer so: gegen eine hervorragende Begabung
pflegen sich alle Mittelmäßigkeiten zu verbinden.
    »Die Regierungen sind undankbar«, erklärte Herr Kahn.
    »Um so schlimmer für sie!« bemerkte der Oberst. »Sie schlagen
sich selbst, indem sie ihre Diener treffen wollen.«
    Aber Herr Kahn wollte das letzte Wort haben. Er wandte sich an
Rougon:
    »Wenn ein Mann wie Sie fällt, ist das ein Unglück für das
Land.«
    Die Gesellschaft bestätigte:
    »Gewiß, gewiß, ein Unglück für das Land.«
    Das Übertriebene dieser Lobsprüche ließ Rougon den Kopf erheben.
Seine grauen Wangen bekamen einige Farbe, sein ganzes Gesicht
lächelte vergnüglich. Er kokettierte mit seiner Kraft wie ein Weib
mit seiner Schönheit und nahm gern die wohlgezielten Schmeicheleien
auf; war er doch stark genug, um auch durch die schwersten Ladungen
nicht niedergeschmettert zu werden. Inzwischen wurde offenbar, daß
seine Freunde einander im Wege standen: sie beobachteten sich
gegenseitig, suchten einander zu verdrängen, hüteten sich aber,
laut zu sprechen. Gerade jetzt, wo der große Mann darniederzuliegen
schien, war die Zeit günstig, von ihm ein Versprechen zu erpressen.
Der Oberst faßte zuerst einen Entschluß. Er führte Rougon, der mit
einer Mappe unter dem Arm ihm gefügig folgte, in eine
Fensternische.
    »Haben

Weitere Kostenlose Bücher