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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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Parteien und Gewerkschaften, die mehr oder weniger engen Kontakt zur
ETA hatten, nahmen teil.
    Die Kirche arbeitet seit Längerem verdeckt, entweder von Rom aus
oder direkt in der baskischen Region, wo die Bischöfe eine gewisse Autonomie
gegenüber der Kurie besitzen. Wenige Monate später vollzieht die Kirche einen
weiteren Schritt in Richtung Versöhnung. Im Februar 2012 unterschreiben drei
baskische Bischöfe – Mario Iceta aus Bilbao, José Ignacio Munilla aus San
Sebastián und Miguel Asurmendi aus Vitoria – eine gemeinsame Erklärung zum Ende
des Terrorismus. Sie fordern die Auflösung und das »endgültige Verschwinden«
der terroristischen Bewegung. Die Vatikanexperten stellen fest, dass »es in den
Augen der Bischöfe drei Schlüsselwörter für die Zukunft gibt: Reue, Vergebung
und Gerechtigkeit«. Die Mitglieder der ETA
müssten »wahre Reue« zeigen, die sie dazu veranlasse, »aufrichtig um Vergebung
zu bitten«. Andererseits werden die Opfer des Terrors aufgefordert, ihren
Peinigern die »heilende und befreiende« Vergebung zu gewähren – eine Vergebung,
die, »ohne den Anspruch auf Gerechtigkeit zu verneinen, diese überwindet«. [1]
    Tatsächlich ist dieser letzte Schritt nur der sichtbare Moment einer
subtilen unterschwelligen Aktivität baskischer Bischöfe und der Nuntiatur in
Madrid, die seit 2009
von Erzbischof Renzo Fratini geleitet wird. Ohne die Beharrlichkeit einiger
Bischöfe hätte der Friedensprozess länger gedauert.
    Aus den neuen Unterlagen ergibt sich, dass die Kirche schon neun
Monate vor der offiziellen Erklärung der ETA
eifrig die Fäden gezogen hat. Im Januar 2011 schickt Staatssekretär
Tarcisio Bertone an die Chiffrierstelle der spanischen Nuntiatur eine
vertrauliche Botschaft, um eine scheinbar überraschende Frage zu klären. Die ETA wolle einen Waffenstillstand schließen und
die Kirche einbeziehen, damit die folgende öffentliche Erklärung genügend Gehör
und mediale Aufmerksamkeit finde. Deshalb bitte sie darum, ein paar Terroristen
in die Botschaft des Heiligen Stuhls einzuladen, um dort die Ankündigung mit
den Diplomaten im Priestergewand abzustimmen. Die Anfrage landet direkt auf dem
Schreibtisch von Bertone. Der Staatssekretär macht aus seiner Überraschung kein
Hehl:
     
    Ich beziehe
mich auf die chiffrierte Nachricht Nr.   263 vom 3.01.2011 und die folgende
E-Mail von gestern, dem 4.   Januar 2011, über die Möglichkeit
eines Treffens mit einem Exponenten der bewaffneten Terrororganisation ETA am
Sitze der päpstlichen Vertretung mit dem Ziel einer Erklärung ebendieser
Gruppierung über einen einseitigen, dauerhaften und international überprüfbaren
Waffenstillstand.
    Nach dem, was
auch S. E. Mons. José Ignacio Munilla, der Bischof von San Sebastián,
berichtet, besteht Einigkeit mit E. E. [Eurer Exzellenz], dass es unangebracht
sei, einem solchen Treffen zuzustimmen. Es ist ferner sinnvoll, sich zu
vergegenwärtigen, dass der Vizepräsident und Innenminister dieser Regierung, Rubalcaba,
kürzlich angekündigt hat, die genannte Organisation werde keinen
Waffenstillstand erklären, sondern nur ihre Auflösung.
     
    Bertone schlägt nicht alle Türen zu, auch wenn es so
scheint. Eine Hintertür lässt er offen. Er bewegt sich behutsam. Und klug. Vor
jedem Schritt weist er seine Mitarbeiter an, sich mithilfe der guten Kontakte
des Vatikans zum Parlament in Madrid gründlich über die wahre Strategie der ETA zu informieren. Sie sollen herausfinden, ob
die Absicht, die Waffen niederzulegen und die Jahre des Terrors zu beenden,
konkret ist oder ob es sich lediglich um eine vorübergehende Waffenruhe
handelt, die bald wieder beendet wird, wie bereits in der Vergangenheit
geschehen.
     
    Im Weiteren
wird E. E. gebeten, Kontakt zu Jaime Mayor Oreja aufzunehmen, um seine Meinung
über die aktuelle Situation der ETA und ihre wahren Ziele zu hören. Ein
Gespräch mit dem Abgeordneten ist gewiss von Nutzen, da an die Apostolische
Nuntiatur künftig ähnliche Ansinnen gestellt werden könnten wie das jetzige,
trotz ihrer augenblicklichen Weigerung. Sollte dies geschehen, wird E. E.
gebeten, weiterhin dem Staatssekretariat zu berichten, und Sie sollten in jedem
Fall, bevor irgendeine Entscheidung getroffen wird, die Billigung der Regierung
und der Opposition erhalten; zudem ist es notwendig, der Organisation die
Bedingung zu stellen, die Waffen niederzulegen und um Vergebung für alle
Verbrechen zu bitten, die sie in mehreren Jahrzehnten bewaffneten

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