Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
wie ein
Mönch«, sagt dazu aus Südamerika Battikha, »ich bin gegangen und basta. Wessen
beschuldigen sie mich? Die Gesandten aus Rom haben mir gesagt, alles sei nur
ein Gerücht. Der Herr hat verlangt, dass ich an einem bestimmten Ort arbeite,
und ich habe gehorcht. Gott verzeihe den Klerikern, die böse Dinge über mich
erzählt haben. Die Spuren verlieren sich im Dunkeln: Man müsste hinter die
Kulissen schauen, um zu erfahren, wer mir das angetan hat und warum, welche
Kongregation wollte, dass ich Syrien verlasse.« [10]
New York, Bertone und die entführten Schweden
Am 1. Juli 2011 werden in Äthiopien zwei schwedische Journalisten
entführt, und zwar im Verlauf eines Feuergefechts zwischen der Armee und einer
Gruppe Männer, die zur ONLF (Ogaden National Liberation Front) gehören, einer
Organisation, die für die Autonomie der an Öl und Gas reichen Region Ogaden
kämpft. Während des Kampfes bringen die Soldaten 15 Rebellen um und
verletzen mehrere Zivilisten. Darunter sind zwei europäische Reporter, die
Schweden Johan Persson und Martin Schibbye. Sie haben nichts als einen Pass,
eine Videokamera und Mobiltelefone bei sich und werden ins Gefängnis gesperrt.
Zum einen wirft man ihnen vor, in Äthiopien ohne die notwendigen Papiere
eingereist zu sein, zum anderen, die Antiterrorgesetze verletzt zu haben. In
Schweden bildet sich eine Bewegung, um die beiden freiberuflichen Reporter zu
befreien, während von Äthiopien aus der Premierminister Meles Zenawi sich jegliche
Nachfragen verbittet und behauptet, die beiden seien nicht etwa nur
Journalisten, sondern unterstützten die ONLF. Sie wehren sich, indem sie
erklären, sie hätten nur ihre Arbeit als Berichterstatter gemacht: Sie hätten
über die Einhaltung von Gesetzen und die Rechte von Arbeitern bei einigen
Ölgesellschaften recherchiert.
In dieser Pattsituation bittet Schweden um die Intervention des
Heiligen Stuhls, wohl wissend, dass die katholische Kirche in dieser Gegend
Afrikas großen Einfluss hat. Bertone fragt den Apostolischen Nuntius von Addis
Abeba um Rat, doch der hütet sich zu intervenieren. Seine Gründe stimmen
nachdenklich. Der Diplomat möchte keinen »Präzedenzfall schaffen, zumal die
Verhaftung von Journalisten gang und gäbe sei«. Wenn die Botschaft in diesem
Fall intervenieren würde, so müsste sie immer wieder Stellung nehmen und sich
gegenüber der äthiopischen Regierung exponieren. Dies bedeutet nichts anderes
als: Der Erzbischof wäscht seine Hände in Unschuld und lässt die beiden in
Äthiopien festgehaltenen Europäer im Stich. An diesem Punkt wechselt Bertone
den Kriegsschauplatz. Er wendet sich direkt an Erzbischof Francis Chullikatt,
den ständigen Beobachter des Vatikans bei den Vereinten Nationen:
Von:
Chiffrierstelle
An: New York
Cifr. Nr. 34
Datum der
Chiffrierung: 03.12.2011
Am 31. Oktober hat die schwedische
Regierung den Heiligen Stuhl vertraulich gebeten, sich für die beiden
Journalisten einzusetzen […]. Der Prozess […] wird in Kürze, am 6. Dezember, fortgesetzt. Aus den
Informationen, über die das Amt verfügt, geht hervor, dass die Regierung der USA
um eine ähnliche Intervention gebeten worden ist. Während seines letzten
Besuchs in Rom wurde der Apostolische Nuntius in Addis Abeba zu diesem Problem
befragt und schloss die Möglichkeit der Ausstellung eines Diplomatenpasses aus,
zum einen weil er fürchtet, damit einen Präzedenzfall zu schaffen, zumal die
Verhaftung von Journalisten gang und gäbe sei, vor allem aber, weil es
vonseiten einer Regierung, die auf Einmischung von außen bzw. auf Vorgänge, die
als solche wahrgenommen werden, äußerst empfindlich reagiere, zu Repressalien
gegen die Kirche kommen könnte. Um der Stockholmer Regierung bei ihrer Bitte
entgegenzukommen, möchte ich E. E. fragen, ob Sie es für möglich halten, durch
Bemühung einer vertrauensvollen Beziehung, die eventuell zum äthiopischen
Botschafter oder zu einem äthiopischen Diplomaten besteht, persönlich zugunsten
der beiden schwedischen Staatsbürger zu intervenieren, um einen humanitären
Schritt zu erreichen (dahingehend, dass zumindest der Prozess schnell zum
Abschluss kommt und die beiden Gefangenen, wenn möglich, entlassen werden),
auch in Anbetracht des günstigen Moments des kurz bevorstehenden
Weihnachtsfestes. Jedenfalls schicke ich Ihnen einen kurzen Vermerk, der hier im
Amt verfasst wurde. Bertone.
Angesichts dieses von Bertone höchstselbst unterzeichneten
Wunsches nach
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