Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
Intervention erwägt Erzbischof Chullikatt sogleich die möglichen
Lösungen. Glücklicherweise sind seine Beziehungen zum afrikanischen UNO-Botschafter gut. So antwortet er schnell
und sendet dem Staatssekretär eine verschlüsselte Nachricht.
Von: Büro New
York
An:
Chiffrierstelle
Cifr. Nr. 4
Datum der
Chiffrierung: 03.12.2011,
Datum der
Dechiffrierung: 03.12.2011
Habe die
Nachricht Nr. 34 mit heutigem Datum erhalten. Am Montag, dem 5. Dezember, werde ich mich mit dem
äthiopischen UN-Botschafter in Verbindung setzen, um einen humanitären Schritt
zugunsten der Freilassung der beiden schwedischen Staatsbürger in die Wege zu
leiten, auch angesichts des nahenden Weihnachtsfestes. Ich werde Sie sofort
über den Ausgang des Treffens mit dem nämlichen Diplomaten in Kenntnis setzen.
† Chullikatt.
Der diplomatische Druck vonseiten der USA und des Vatikans über die UNO erzielt nicht die erhoffte Wirkung. So
vergehen einige Wochen, und am 27. Dezember 2011 wird das Urteil verkündet. Die beiden Reporter
werden wegen Terrorismus zu elf Jahren verschärfter Haft verurteilt. Ein
schwerer Schlag. Die diplomatischen Waffen Schwedens sind stumpf – zwei
Landsleute sitzen in Äthiopien im Gefängnis. Nach ein paar Monaten, im Februar,
stellen die Journalisten ein Gnadengesuch. Die schwedische Regierung
intensiviert die diplomatischen Aktivitäten bei der UNO,
bezieht auch die befreundeten Länder sowie Äthiopien mit ein. In Schweden gibt
es immer mehr Bürgerinitiativen, die Geld sammeln, um die Befreiung der beiden
Journalisten zu erreichen. »Leider ist es sehr schwierig«, erklärt Anne
Markowski vom Befreiungskomitee, »die beiden sind noch in Haft, und wir
brauchen jede erdenkliche Hilfe.« [11]
»Polen ist schlimmer als Kuba und der Sudan«
Der einflussreiche konservative polnische
Redemptoristen-Pater Tadeusz Rydzyk, charismatischer Führer der »Familie Radio
Maryja«, einer klerikal-nationalistischen Bewegung mit dem Motto »Gott, Kirche,
Vaterland«, kann auf fünf Millionen Anhänger zählen. Ihre anti-europäischen,
kreationistischen und antisemitischen Positionen machen sie oft zur Zielscheibe
von Polemik und Kritik, auf die sie immer mit einem Gegenschlag antwortet. Dank
ihrer im Lauf der Jahre aufgebauten Mediengruppe hat sie eine wirksame
Plattform zur Verbreitung ihrer Ideen. An ihrer Spitze steht die Stiftung Lux
Veritatis. Das Netzwerk verbreitet die Ideen der Bewegung per Radio, Zeitungen
und über den TV-Sender »Trwam« (»Ich harre aus«).
Es mangelt nicht an Spannungen zwischen der Bewegung und der
polnischen Regierung, wie im Sommer 2011, als Rydzyk vorgeworfen wird, er habe Polen als
totalitären Staat bezeichnet. Die Reaktion der Warschauer Regierung lässt nicht
auf sich warten. In einer an den Nuntius Celestino Migliore gerichteten
offiziellen Protestnote wird darum gebeten, »etwas zu unternehmen, das geeignet
ist, künftig solche öffentlichen Aussagen von Pater Rydzyk, die dem Ansehen
Polens schaden, zu verhindern und auch die politischen und unternehmerischen
Aktivitäten des Priesters zu unterbinden, die im Widerspruch zum spirituellen
Auftrag der Redemptoristen stehen«.
Es kommt zu Spannungen in den Beziehungen zwischen den beiden
Staaten. Der Dialog zwischen Rom und der Botschaft in Warschau wird schließlich
auf höchster Ebene geführt. Auf der einen Seite Bertone, auf der anderen der
Nuntius Migliore. Es ist nicht das erste Mal, dass Rydzyk den Heiligen Stuhl in
Verlegenheit bringt. Doch in Rom verteidigt man ihn immer.
Von: Warschau
An:
Chiffrierstelle
Cifr. Nr. 212
Datum der
Chiffrierung: 26.06.2011
Datum der
Dechiffrierung: 28.06.2011
Sendung des
Berichts Nr. 1.046 † Migliore
Warschau, 28. Juni 2011. Seiner Eminenz, dem
hochwürdigsten Herrn Kardinal Tarcisio Bertone, auf dessen Bitte hin ich heute
früh den stellvertretenden Außenminister Dr. Jan Borkowski aufgesucht habe.
Dieser unterrichtete mich über den Protest des Außenministeriums gegen diverse
Erklärungen, die Pater Tadeusz Rydzyk am 21. d. M. in Brüssel abgegeben hat. Es
war ein sehr herzliches Gespräch, ganz wie es Dr. Borkowskis Art ist – und
offen. Er sagte mir gleich, dass ihn Minister Sikorski nach dem Telefongespräch
mit mir vom letzten Freitag beauftragt habe, mir eine an die Apostolische
Nuntiatur gerichtete Note zukommen zu lassen, die denselben Tenor hat wie
diejenige, die am 24. Juni an das Staatssekretariat geschickt wurde.
Sichtlich
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