Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
Vom Netzwerk:
sehr ich mir wünschte, die Unannehmlichkeiten, in die ich
geraten bin, selbst aus der Welt schaffen zu können.
    Betrübt bin ich überdies, weil die mich und uns betreffende
Angelegenheit nun wieder so viel Aufmerksamkeit erregt. Ich füge den Artikel von
Marco Travaglio bei, der auf der Titelseite der heutigen Ausgabe von Il Fatto erschienen ist. Damit erreicht die subtile
Verfolgungsjagd der letzten Tage ihren Höhepunkt.
    Ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, um wen es sich bei Travaglio
handelt. Um es deutlich zu sagen: Er ist der schärfste, unerbittlichste,
prominenteste Gegner Berlusconis. Mehr noch als [der Fernsehjournalist Michele]
Santoro. Er ist sein »Feind« schlechthin unter den Journalisten. Er [Travaglio]
wird die Fernsehsendung neulich mitverfolgt haben, bei der Feltri seine
Zirkusnummern vorführte. Er hat bemerkt, wie vorsichtig sich Feltri nach seinem
Rückzug verhielt, er hat die Anschuldigungen gegen die Bischöfe gehört, er hat
gehört, dass Feltri davon ausgeht, dass ich weder straf- noch zivilrechtlich
einschreiten werde, und da ist ihm schließlich der Kragen geplatzt: Wie könne
es sein, dass Boffo noch immer schweigt? Was verheimlicht er, oder wovor hat er
Angst? Weshalb haben ihn seine alten Arbeitgeber (so seine Wahrnehmung) im
Stich gelassen? Ist er möglicherweise in Verhandlungen mit seinem Peiniger
getreten, hat er Schweigegeld angenommen und hält nur deshalb still? Leute wie
Travaglio können einfach nicht begreifen, dass ich, nach allem, was mir angetan
wurde, nicht Flagge gezeigt habe und mit ihnen auf die Barrikaden gegangen bin.
Im Grunde genommen will er mich für seinen Kampf instrumentalisieren.
    Was soll ich nun tun? Mich auf ein Interview einlassen, um zu
sagen, was ich zu sagen habe, und meine Situation zu schildern? Gestern erst
hat Ezio Mauro von La Repubblica angeboten, mich zu
Hause zu besuchen und mich als Chefredakteur persönlich zu interviewen. Auch Il Fatto und Il Foglio, La Stampa und Il Resto del Carlino haben mich gefragt. Ich
hätte also keine Probleme, eine Plattform zu finden. Dennoch bin ich noch nicht
überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Es würde bedeuten, die polemische
Debatte neu zu entfachen, und am Ende würde ich nur irgendwem Schaden zufügen,
zumal die Verbindung Bertone–Vian, sollte ich sprechen, nicht gänzlich
übergangen werden könnte. Ich könnte es mir leicht machen, ich könnte
ausdrücklich sagen, dass ich die Kirche nicht mit hineinziehen möchte, aber
schon ein solcher Satz ließe etwas vermuten. Könnte ich aber, wenn ich spräche,
vollkommen verschweigen, was sich bis zum heutigen Tag als die reine Wahrheit
herausgestellt hat? Wäre es klüger und christlicher zu leugnen, oder wäre es
klüger und christlicher zu schweigen? Das ist hier die Frage. Im Übrigen hege
ich heute keinerlei Bedenken, eine Aufhebung des Datenschutzes hinsichtlich der
Gerichtsakte zu beantragen. Damit würde ich aber – ohne es zu wollen – die
Aufmerksamkeit der Medien auf die beiden betroffenen Familien lenken, denen
gegenüber ich mir – wohlgemerkt – nichts habe zuschulden kommen lassen, auch
wenn es mir bislang vernünftiger erschien, Distanz zu wahren, zumal ich nicht
genau weiß, wie ihre Reaktionen ausfallen würden. Dieser Weg würde mich zwar
entlasten (die Reaktion derer, die heute die Akte lesen, lautet: Und das ist
alles?), gleichwohl wäre die Sache damit nicht erledigt, sondern würde
vermutlich noch einmal für Aufsehen sorgen. Das ist der Grund, weshalb ich es
bislang trotz allem, trotz der unzähligen Provokationen durch Feltri vorgezogen
habe zu schweigen.
    Er jedoch (überaus töricht) hat nicht den Mund gehalten, weil er
die (Ende des Monats ablaufende) Frist des Journalistenverbandes kennt, in der
das Urteil, das der Regionalverband der Lombardei bereits gefällt hat,
bestätigt wird oder nicht. Es liegt auf der Hand, dass er die sechsmonatige
Suspendierung von der Geschäftsführung der Zeitung – dies ist die
verhängte Strafe, die nun bestätigt werden soll – nicht akzeptieren will, umso
weniger nach den jüngsten Turbulenzen um Fini. Eine solche Desavouierung kann
er nicht hinnehmen. Und er denkt, dass er, wenn er so spricht, wie er spricht,
und wenn er sich so echauffiert, wie er es tut, die eigene Verantwortung für
meinen Fall herunterspielt, ohne sich bewusst zu sein, dass der Schaden, den er
sich selbst zufügt, auf diese Weise nur noch größer wird. In diesem Sinne haben
sich gestern meinem Anwalt

Weitere Kostenlose Bücher