Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
Vom Netzwerk:
das
ungewöhnlich war: Denn eigentlich kann nur der Papst, der die Kardinäle
»kreiert«, diese Beförderung in Aussicht stellen, und nicht der Staatssekretär
    Mit seinem ernsten und unnachgiebigen Charakter gibt Viganò sich
nicht so leicht geschlagen, hat aber von der Lage ein noch zu bruchstückhaftes
Bild, um den ersten Schritt zu tun. Er braucht qualifizierte Informationen. In
den folgenden Tagen lotet er die Stimmung in der Kurie aus, wo er drei
Purpurträger als Gewährsleute findet: Velasio De Paolis, den Präsidenten der
Präfektur, der über alle Finanzen des Zwergstaats die Oberaufsicht führt, Paolo
Sardi, den Kardinalpatron des Souveränen Malteserordens, und Angelo Comastri,
den Generalvikar Seiner Heiligkeit für die Vatikanstadt. Sein Vorgesetzter
Lajolo beruhigt ihn, er möge sich keine Sorgen machen, aber als Viganò
herausbekommt, dass Bertone die Nachricht seiner Entlassung bereits
durchsickern ließ, ist ihm klar, dass sich die Lage zuspitzt. Jetzt darf er
keine Zeit mehr verlieren.
    An einem Sonntag, als das Governatorat geschlossen ist, schreibt der
Erzbischof Entwürfe zu zwei geharnischten Briefen, wie man sie in der
Kirchengeschichte noch nie gelesen hat. Sie werden ihn in einen unauflöslichen
Konflikt mit dem Staatssekretär führen. Der erste richtet sich direkt an
Bertone. Viganò fasst darin zur Dokumentation ihre Begegnung vom 22. März
zusammen und geht dann zum Angriff über: Er drückt seine »Entschlossenheit aus,
dass diese Affäre aufgeklärt wird«, und verlangt die Einrichtung einer
Untersuchungskommission. Er pocht auf sein Recht, »zu erfahren, wer mich
beschuldigt hat, wessen man mich beschuldigt, welche Beweise gegen mich ins
Feld geführt wurden, um so die gute Regierungsführung des Staates und zugleich
meinen guten Ruf gemäß dem kanonischen Recht zu verteidigen«. Dieser notwendige
Schritt stehe im Einklang mit »der absoluten Transparenz meines Wirkens und der
Loyalität, mit der ich dem Heiligen Stuhl so viele Jahre diente«, geschehe aber
vor allem »aus Hochachtung und Gehorsam gegenüber den wiederholten Appellen des
Heiligen Vaters, in der Kirche Ordnung zu schaffen«:
     
    Eminenz,
    in der Audienz,
die Sie mir am 22.   März dieses Jahres gewährten, hat Eure Eminenz mir
mitgeteilt, dass Sie nicht beabsichtigen, das Versprechen zu halten, das Sie
mir bei mehrfacher Gelegenheit seit 2007 gegeben haben: dass Sie mich zum
Generalsekretär des Governatorats ernennen würden, damit ich in Zusammenarbeit
mit dem hochwürdigsten Kardinal Lajolo in die verschiedenen Geschäftsbereiche
des Staates Ordnung bringe, um dann zu gegebener Zeit seine Nachfolge als
Präsident des Governatorats anzutreten. Ich war mir der Risiken bewusst, die
mit dem Schaffen von Ordnung nach dem Wunsch Seiner Heiligkeit, insbesondere in
wirtschaftlichen und finanziellen Dingen, verbunden sind, und fühlte mich
aufrichtig verpflichtet, diese Aufgabe zu übernehmen. Dabei vertraute ich auf
die Unterstützung des Staatssekretariats und auf Ihr Wort, um bekannte
Missstände zu beseitigen und zu sanieren. Bei der gleichen Begegnung hat mir
Eure Eminenz ebenso Ihren Entschluss mitgeteilt, mich meiner gegenwärtigen
Aufgaben zu entbinden. Diese Mitteilung Eurer Eminenz hat mich noch mehr
bestürzt, weil sie sich vollständig mit dem Inhalt eines anonymen Artikels
deckt, der als letzter einer Serie im Il Giornale erschienen ist. Mit gravierenden Angriffen auf die Wahrheit und auf meine
Person wird Eure Eminenz darin aufgefordert, mich aus dem Amt des
Generalsekretärs zu entlassen, mit der Begründung, ich sei für diese Funktion
ganz und gar ungeeignet. […] [3]
     
    Der Erzbischof ist überzeugt, dass die Erfolge seiner
Arbeit im Governatorat unstrittig und unanfechtbar seien. Allein die Zahlen der
Bilanz seien eindeutig und widerlegten sämtliche boshaften Behauptungen und
lancierten Fehlinformationen. Aber dem ist nicht so:
     
    Zur
vollständigen Widerlegung des Inhalts von besagtem Artikel übermittelte ich
Ihnen den Entwurf der Bilanz des Governatorats von 2010. Er weist einen
Überschuss von 34   451   797,00 Euro gegenüber einem Fehlbetrag von 7   815   183,00 Euro aus dem Vorjahr aus,
also einen Kapitalzuwachs von 42   266   980,00 Euro innerhalb eines
Jahres. Zu meiner weiteren Überraschung zeigte sich Eure Eminenz auch
unbeeindruckt angesichts eines so deutlichen Beweises dafür, dass die Tatsachen
komplett verdreht und der Staatsregierung und meiner Person schwer

Weitere Kostenlose Bücher