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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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unrecht
getan wurde. […] Gleichwohl muss ich davon ausgehen, dass die Gründe, die Eure
Eminenz veranlassten, Ihr Urteil über meine Person so radikal zu ändern, das
Ergebnis schwerwiegender Verleumdungen gegen mich und mein Werk sind. Diese
verletzen nicht nur mein Recht auf einen guten Ruf, sondern stellen auch in dem
behördlichen Umfeld, in dem ich meine Verantwortung ausübe, einen regelrechten
Anschlag auf die Staatsregierung dar.
    550   000 Euro für die Krippe
    Viganò steckt den Brief in einen Umschlag. Bevor er ihn
absendet, schreibt er einen weiteren, noch böseren direkt an Benedikt XVI. Er informiert ihn über die
augenblicklichen Vorgänge und gibt exakt wieder, was in diesen Jahren der
Einschnitte und Opfer bislang erreicht wurde. Sich in so deutlichen Worten an
Bertone zu wenden, ohne Ratzinger zu informieren, käme einem beruflichen
Selbstmord gleich. Er muss beide Schreiben gleichzeitig abschicken. Der
Erzbischof wählt seine Worte mit Bedacht. Dass er sich an den Heiligen Vater
wendet, hindert ihn allerdings nicht daran, alle Bedenken beiseitezuschieben.
Er warnt den Papst, dass seine Versetzung das Säuberungswerk zum Stillstand
brächte, mit dem gegen »zahlreiche Praktiken der Korruption und des
Amtsmissbrauchs, die sich seit Langem eingenistet haben«, vorgegangen werde.
Erstmals prangert ein Prälat unverblümt die »zahlreichen Praktiken der
Korruption« an und bricht mit diesem Wort ein bislang herrschendes Tabu im
Vatikan:
     
    Heiliger
Vater,
    leider sehe
ich mich gezwungen, Eure Heiligkeit wegen einer nicht nachvollziehbaren ernsten
Lage anzurufen, die die Leitung des Governatorats und meine Person betrifft.
[…] Meine Versetzung aus dem Governatorat würde bei denen, die da glaubten, man
könne zahlreiche Praktiken der Korruption und des Amtsmissbrauchs abstellen,
die sich in der Führung verschiedener Abteilungen seit Langem eingenistet
haben, tiefe Verunsicherung und Bedrückung auslösen.
    Die
hochwürdigsten Kardinäle De Paolis, Sardi und Comastri sind über die Lage genau
im Bilde und könnten Eure Heiligkeit mit umfassender Kenntnis und
Aufrichtigkeit informieren.
    Ich gebe Eurer
Heiligkeit auch den Brief zu Händen, den ich an den hochwürdigsten
Kardinalstaatssekretär adressiert habe, damit Sie nach Ihrem erlauchten Willen
darüber verfügen. Mir ist nur am Wohl der Heiligen Kirche Christi gelegen.
    Mit
aufrichtigen Gefühlen tiefster Verehrung, Euer Heiligkeit ergebenster Sohn.
     
    Auf Anraten einer Person, die ihn wertschätzt und
ermutigt, erbittet Viganò bei Benedikt XVI.
eine Audienz. Er erhält sie am 4. April 2011 und erläutert ihm die Lage. Er hinterlässt dem
Papst einen vertraulichen zusammenfassenden Bericht, in dem er ins Detail geht,
Vorwürfe der Pflichtvergessenheit und Günstlingswirtschaft formuliert und die
in Angriff genommene Sanierung der Finanzen darlegt.
    Das Schreiben verdient eine vollständige Wiedergabe, weil es einen
kaum vorstellbaren Interessenkonflikt ans Licht bringt und auf die »desaströse«
Finanzsituation des Vatikans eingeht.
     
    Als ich am 16.   Juli 2009 das Amt im Governatorat
übernommen habe, war ich mir der Risiken, die ich dort einging, sehr wohl
bewusst. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich mit einer so desaströsen Lage
konfrontiert würde. Ich habe den Kardinalstaatssekretär bei mehreren
Gelegenheiten darauf hingewiesen und ihm deutlich gemacht, dass ich es aus
eigener Kraft nicht schaffen würde: Ich brauchte seine ständige Unterstützung.
Die Finanzen des Governatorats, die schon durch die weltweite Krise stark
angeschlagen waren, verschlechterten sich durch Verluste von über 50 bis 60 Prozent, auch durch die Unerfahrenheit derer, die sie bewirtschaftet hatten. Um
Abhilfe zu schaffen, hatte der Kardinalpräsident die Leitung der beiden
Staatsfonds faktisch einem Finanz- und Wirtschaftsausschuss überantwortet, der
aus einigen Großbankiers bestand. Aber die vertraten dann mehr ihre als unsere
Interessen. So verursachten sie beispielsweise im Dezember 2009 bei einer
einzigen Transaktion für uns einen Verlust von über zweieinhalb Millionen
Dollar. Ich meldete die Angelegenheit dem Staatssekretär und der Präfektur für
die wirtschaftlichen Angelegenheiten, die die Existenz des genannten
Ausschusses übrigens als illegal ansieht. Während meiner ständigen Teilnahme an
ihren Sitzungen habe ich versucht, dem Vorgehen der Bankiers Einhalt zu
gebieten, und musste ihnen zwangsläufig häufig widersprechen. Über

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