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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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er
möglicherweise in Verhandlungen mit seinem Peiniger getreten, hat er
Schweigegeld angenommen und hält nur deshalb still? Leute wie Travaglio können
einfach nicht begreifen, dass ich, nach allem, was mir angetan wurde, nicht
Flagge gezeigt habe und mit ihnen auf die Barrikaden gegangen bin. Im Grunde
genommen will er mich für seinen Kampf instrumentalisieren.
    Was soll ich
nun tun? Mich auf ein Interview einlassen, um zu sagen, was ich zu sagen habe,
und meine Situation zu schildern? Gestern erst hat Ezio Mauro von La Repubblica angeboten, mich zu Hause zu besuchen und mich als
Chefredakteur persönlich zu interviewen. Auch Il Fatto und Il Foglio, La
Stampa und Il
Resto del Carlino haben mich
gefragt. Ich hätte also keine Probleme, eine Plattform zu finden. Dennoch bin
ich noch nicht überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Es würde bedeuten, die
polemische Debatte neu zu entfachen, und am Ende würde ich nur irgendwem
Schaden zufügen, zumal die Verbindung Bertone–Vian, sollte ich sprechen, nicht
gänzlich übergangen werden könnte […]. [13] Eminenz, ich frage Sie auf Knien, und Sie mögen
daraus ersehen, in welchem Geist ich Ihnen zu schreiben wage: Glauben Sie
nicht, dass die Kirche ein Zeichen setzen und irgendetwas unternehmen müsste,
um mich öffentlich zu rehabilitieren? Dann dürfte man hoffen, dass sich die
hitzige Diskussion ein wenig beruhigt … Ich möchte Ihnen nicht verhehlen, und
auch andere Personen meines Vertrauens denken so, dass es gegenwärtig nicht so
sehr die irrwitzigen Äußerungen Feltris und seines Kontrahenten Travaglio sind,
die dem Berufsstand des Journalisten Schaden zufügen – jeder weiß doch, wie sie
zu bewerten sind. Vielmehr ist es das Schweigen der Kirche, das die Leute als
Verdachtsmoment begreifen. Sie vergessen, dass Sie sich bereits geäußert haben,
und wie! Dass Sie eine Erklärung haben verfassen lassen, auch nach dem 4. Dezember
noch, als Feltris Rückzieher veröffentlicht wurde. Bedauerlicherweise ist dann
die Verwicklung höherer Kreise publik geworden, was den Verdacht in den Augen
mancher noch erhärtet hat. Wenn ich sicher wäre, dass mir die CEI zur Seite
steht, sähe die Sache schon anders aus. Jeder, der es wissen wollte, würde
erkennen, dass ich nicht mir selbst überlassen bin, sondern dass die CEI auf
ihre Weise mit mir solidarisch ist. Dass ich einfach zu Hause bin, um das Ende
der ganzen Geschichte abzuwarten, aber dass ich mich nicht von meinem
ehemaligen Verleger verstoßen fühle … Ich bitte Sie inständig: Können wir die
Sache nicht öffentlich machen (im Sinne von Artikel 2, mit Einwilligung der CEI) [14] , sodass sie bekannt wird und sich
das Klima etwas beruhigt? Gibt es Gründe, die dagegen sprechen? Vielleicht ja …
Oder denken Sie, Eminenz – und hier gerate ich wahrhaftig ins Zittern –,
dass das dringend notwendige Zeichen auf andere Weise gesetzt werden kann?
Sollte ich aber heute das Jobangebot, das mir La Stampa unterbreitet hat, akzeptieren, wird dann in diesem Klima nicht
irgendjemand behaupten, ich könne mich in meinem eigentlichen Umfeld nicht mehr
halten, weil, weil, weil.
    Ich möchte Sie
nicht in Bedrängnis bringen, ich möchte gar nichts von Ihnen, Eminenz. Ich
möchte nur verschwinden, aber verschwinden kann ich nicht. Und deshalb bin ich
hier und spreche noch einmal zu Ihnen, das Herz auf der Zunge, um gemeinsam mit
Ihnen, Schritt für Schritt, diese Angelegenheit zu analysieren, die kein Ende
nehmen will (vielleicht aber – und das ist die letzte Erklärung, die ich zu
finden vermag – ist die Verwicklung, die hinter alldem steckt, auch zu groß,
als dass sie ignoriert werden oder im Schlund der Vergangenheit verschwinden
könnte …) Mir fehlen die Worte, um mich bei Ihnen zu entschuldigen, bei Ihnen,
den ich als Mensch und Bischof herzlich verehre und den auf diese Weise zu
belästigen mir unsagbar leidtut.
     
    Es ist nicht klar, ob das Schreiben an Bagnasco
unmittelbare Folgen hatte. Was bleibt, sind die Fakten. Die Nummer eins der
Italienischen Bischofskonferenz beauftragt sofort nach Erhalt des Faxes den
eigenen Sekretär, Don Marco Galli, das Dokument an Benedikt XVI. weiterzuleiten, über dessen Privatsekretär
Gänswein. Die Angelegenheit betrifft die Kirchenleitung ganz unmittelbar: den
Papst, zwei seiner engsten Mitarbeiter (Bertone und Vian) sowie den
Vorsitzenden der CEI. Kaum einen Monat später – am 18. Oktober
2010 – wird Boffo zum neuen Leiter des bischöflichen Fernsehsenders

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