Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
Erträge ergibt sich eine
hohe finanzielle Disponibilität. Am 31. Dezember 2010 lassen die 240 000 Euro Nettoerträge eine
finanzielle Disponibilität von vielen Millionen Euro erwarten.
Merkwürdigerweise hat der Vatikan entschieden, im kommenden Jahr den
Jahresabschluss nicht mehr am 31. Dezember, sondern bereits am 30. November vorzulegen,
obwohl keinerlei Verpflichtung dazu besteht. Halbiert hat sich hingegen die
Rendite, folglich hat man nicht besonders glücklich agiert, wie die meisten von
uns Normalsterblichen. Die Zunahme der Erlöse hat zu beachtlichen Gewinnen
geführt, die auch für 2012 erwartet werden, entgegen dem allgemeinen Trend
der Weltwirtschaft.« [8]
Die Geldbewegungen der Stiftung können in den heiligen Hallen auch
zu Reibungen, ja zu paradoxen Situationen führen wie bei der Entscheidung, den
Philologen und Kirchenhistoriker Manlio Simonetti auszuzeichnen. Der Professor
erhielt von der Ratzinger-Stiftung 50 000 Euro Preisgeld, obwohl er 2010 »ein sehr
problematisches Buch über die Entstehung der Evangelien und die theologische
Entwicklung der ersten Jahrhunderte« veröffentlicht hatte. Kein unerhebliches
Problem, zumindest aus Sicht der römischen Kurie, wenn es stimmt, dass »das
Buch deutlich von der Linie des Buches Jesus von Nazareth von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. abweicht«,
wie es in dem von Luis Ladaria verfassten Protokoll des wissenschaftlichen
Beirats heißt, der am 3. November 2011 in Kardinal Bertones Büro zusammentritt. Eine
aberwitzige Situation: Simonetti, dessen Positionen dem widersprechen, was der
Papst in seinen Büchern vertritt, hat einen hoch dotierten Preis erhalten,
dessen Geld aus dem Verkauf der vom Papst geschriebenen Bücher stammt. Unter
den Kardinälen, allen voran Ruini und Bertone, macht sich im Verlauf der
Sitzung großes Unbehagen breit. Padre Georg ist betroffen, doch er schweigt.
Besonders scharf dagegen äußert sich Kardinal Amato: »Simonetti hat in diesem
Buch die Grenzen seines Fachgebiets überschritten und ist in Bereiche
vorgedrungen, in denen er nicht kompetent ist.« Kurzum, so kann es nicht
weitergehen. Amato verlangt, »das Verfahren zu verbessern, mit dem die Namen
der Kandidaten ermittelt werden«, und meint, »zweifellos« müsse »der Heilige
Vater konsultiert werden«. Daher wird vorgeschlagen, bei der Kandidatensuche
»um die Mitarbeit von Rektoren und Dekanen der römischen Institute zu bitten«,
um zu vermeiden, dass sich ähnliche Vorfälle wiederholen.
Die unrühmlichen Geschäfte des IOR
Die Konten der Joseph-Ratzinger-Stiftung sind Ciprianis
ganzer Stolz, auch wenn seine Rolle im Apostolischen Palast keine einhellige
Zustimmung findet. Tatsächlich ermittelt die italienische Staatsanwaltschaft in
Rom nicht nur gegen den ehemaligen IOR-Präsidenten
Ettore Gotti Tedeschi, sondern auch gegen Cipriani wegen Geldwäsche im
Zusammenhang mit dubiosen Finanzoperationen der Vatikanbank. Es sind Zweifel
aufgekommen, ob es angebracht sei, die operative Leitung der Bank und der
päpstlichen Stiftung weiter einem Laien zu überlassen, der sich im Zusammenhang
mit den vatikanischen Finanzgeschäften der Geldwäsche verdächtig gemacht hat.
Im September 2010
kommt es zum Skandal, als von einem Konto des IOR
bei der römischen Filiale der Bank Credito Artigiano 23 Millionen Euro
beschlagnahmt werden. 20 Millionen Euro sollten auf das Korrespondenzkonto
bei J. P. Morgan in Frankfurt gehen, die anderen drei Millionen an die Banca del
Fucino. Mit einer Besonderheit: Der Hinweis, der die Ermittlungen in Gang setzte,
kam vom Credito Artigiano selbst, weil die Gelder ohne Angabe des Empfängers
und des Verwendungszwecks angewiesen wurden. Über die Beziehungen zwischen dem IOR und dem italienischen Bankensektor wacht
die italienische Zentralbank, die sämtliche Geldinstitute auf der italienischen
Halbinsel zu größter Wachsamkeit anhält. Unter Mario Draghi, dem Nachfolger des
ultrakonservativen Katholiken Antonio Fazio an der Spitze der Banca d’Italia,
wird das IOR einer Bank gleichgestellt, die von
einem nichteuropäischen Land aus operiert (was de facto ja der Fall ist). Somit
obliegt dem italienischen Bankensektor eine entsprechende Kontrollpflicht.
Gotti Tedeschi verteidigt sich, es habe sich um ein Kassageschäft
gehandelt, deshalb gebe es keinen Kunden. Pater Lombardi redet sich mit einem
Missverständnis heraus, doch die Anspannung ist deutlich spürbar. In einem
Brief an den Privatsekretär des Papstes lässt Gotti
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