Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
in
Angelegenheiten von größerer Bedeutung »in Abstimmung mit dem Staatssekretariat« vorzugehen ist, sondern um die Achtung der Secretaria
Status seu Papalis, handelt
es sich doch um die Überwachung der Sicherheit des Pontifex maximus. Ganz
abgesehen von dem Erfordernis der Koordination mit der GSP [Guardia Svizzera
Pontificia, Schweizergarde], mit der Gerichtsordnung des SCV [Stato della Città
del Vaticano, Staat der Vatikanstadt] und mit den Verwaltungen des Heiligen
Stuhls, die alle unter die Zuständigkeit des Staatssekretariats fallen. […] Das
Reglement läuft nun im September 2010 aus. Vielleicht empfiehlt es sich, die
obigen Bemerkungen für dieses Datum aufzubewahren. […] Jetzt kritische
Anmerkungen zu äußern würde zu keinen praktischen Ergebnissen führen. Wenn dies
bei den Vorgesetzten auf Zustimmung stößt, könnte man Seiner Exzellenz Boccardo
für die freundliche Zustellung des Reglements danken und anfügen, man
sei sicher, dass sie es nicht versäumen werde, denText vor der endgültigen Bestätigung
zur notwendigen Abstimmung mit diesem Staatssekretariat hierher zu schicken.
Mehrere Prälaten versuchen vermittelnd einzugreifen: »Ich
würde«, bemerkt ein Kardinal handschriftlich, »eine präzisere und schärfere
Formulierung in der Art empfehlen: Man nimmt zur Kenntnis, dass das Dokument
von diesem Governatorat ad experimentum genehmigt wurde.
In Anbetracht des Umstands, dass in mehreren Artikeln Klarstellungen oder
Änderungen nötig wären, ist man sicher, dass Sie es nicht versäumen werden, den
Text vor der endgültigen Bestätigung diesem Staatssekretariat zur Abstimmung
vorzulegen, wie es vom Grundgesetz des SCV
vorgesehen ist.« Die Angelegenheit betrifft nämlich nicht nur die Funktionen,
sondern auch die Regelung der Zuständigkeiten: »Die in den beiden Vermerken zum
Ausdruck gebrachten Beurteilungen und Empfehlungen werden geteilt«, stellt Erzbischof
Filipazzi von der Sektion für die Beziehungen mit den Staaten fest. Eine
Kernfrage betrifft die Rolle des Governatorats im Verhältnis zu den
extraterritorialen Gebieten, die unter Beachtung des Lateranvertrags zu klären
wäre. Es wird nämlich empfohlen, bei den Änderungen gerade diesen Aspekt zu
berücksichtigen:
Hinsichtlich
der Aufgaben der Gendarmerie in den extraterritorialen Gebieten gilt, was die
Vorschriften hierzu festlegen, nämlich dass das untergeordnete wie das leitende
Personal während seines Dienstes in den extraterritorialen Gebieten nicht mit
denselben Funktionsbezeichnungen auftreten dürfte wie auf vatikanischem Gebiet,
sondern sich als »vom Heiligen Stuhl gesandtes« Personal vorstellen sollte.
Nun scheint es nur noch einen Weg zu geben, um einen Bruch
zu vermeiden: »Man könnte dem Kardinal, der dem Governatorat vorsteht«, heißt
es in dem Schreiben weiter, »taktvoll jene Punkte nahelegen, die die
Vorgesetzten in Hinblick auf die im Jahr 2010 anzubringenden
Änderungen für notwendig erachten mögen.« Und so werden die Vorschläge des
damaligen Referenten für die Allgemeinen Angelegenheiten und heutigen
Apostolischen Nuntius im Libanon, Gabriele Caccia, aufgenommen: »Den Text der
Rechtsabteilung und der Sektion für die Beziehungen mit den Staaten für
allfällige Anmerkungen vorlegen. Im Anschluss kann man darauf hinweisen, dass
Reglements solcher Art im Einvernehmen und nicht eigenständig verabschiedet
werden müssen. Schließlich einige Bemerkungen auch im Hinblick auf den Termin (2010)
des › ad experimentum‹ -Zeitraums anbringen.« [5]
Kampf um eine Fahne im Vatikan
Ein direkt Benedikt XVI.
vorgelegter Fall, der die Kurie spalten sollte, betrifft die Festungsflagge des
Vatikanstaates aus dem Besitz der päpstlichen Truppen, die 1870 an der Porta Pia gegen
die Streitmacht des Königreichs Italien kämpften. Die Ereignisse um diese Fahne – ein Objekt von hohem Symbolwert zwar, aber letztlich nur ein Ding –
verdeutlichen den schmalen Grat zwischen Form und Inhalt im Vatikan. Da
höchstmögliche Transparenz hier nicht gerade die Regel ist, erfahren selbst
kleinere Vorfälle, wenn sie an die Öffentlichkeit gelangen und Anlass zu
Polemik und Kritik geben, im Vatikan eine geradezu obsessive Aufmerksamkeit.
Im Januar 2011 erreicht den Vatikan die vertrauliche Nachricht,
Fürst Lillo Sforza Ruspoli, Spross eines seit jeher vatikantreuen
Adelsgeschlechts, beabsichtige, dem Papst die Fahne des Vatikanstaats
zurückzugeben. [6] Sforza Ruspoli unterhält solide Beziehungen
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