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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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geblickt und schien unter dem Einfluß von Alkohol zu stehen. Er wies Hodges an, so rasch wie möglich zum Bahnhof Liverpool Street zu fahren, und schien ganz darauf versessen, den Zug zu erreichen.
    Die Nachbarn berichten, daß Mr. und Mrs. Wilbrahams sich häufig gestritten hatten. Bei Gelegenheit soll d er Mann geäuß ert haben, es sei bedau erlich, daß sie je geheiratet hä tten. Als die Frau zuletzt gesehen wurde, weinte sie. Das war, als der Milchmann am Sonnabendmorgen sein Geld einkassierte.
    Das Unheimlichste an diesem mysteriösen Fall ist das allmähliche Ausströmen eines unangenehmen Geruches aus dem verschlossenen Zimmer. Wie wir hören, ist die Polizei benachrichtigt worden.
    Der Nachrichtenredakteur des Morning Star ließ Hector Puncheon zu sich kommen.
    »Hier, dies ist doch Ihre Story, nicht wahr?« sagte er. »Die Leute vom Wire haben Sie anscheinend überflügelt . Klemmen Sie sich dahinter.«
    Als Hector Puncheon sich durch die Schwüle und den Schmutz des Augustabends dahinschleppte, verspürte er keine allzu große Neigung, den dunklen Eingang zu betreten und die widerlichen Treppen emporzuklimmen. Staubige Ze itungen wirbelten ihm um die Füß e, als er am Gemüseladen vorbeikam, und um den Eingang herum lungerte ein halbes Dutzend Müßi gg ä nger.
    »Schrecklich«, erklärte Mrs. Bowles. »Noch schlimmer als damals, als man die alte Katze unter den Dielen entdeckte, die die Gasrohrleger mit eingenagelt hatten. Ich mußte unbedingt mal frische Luft schnappen.«
    »Warum schreit et die Polizei nicht ein? Das mö chte ich gern wissen«, mischte sich ein schlampiges Mädchen mit stark geschminktem Gesicht ein.
    »Müssen erst eine Vollmacht haben, meine Liebe, ehe sie die T ü r aufbrechen könne n. Das ist nämlich Hausfriedens bruch, und der Hauswirt...«
    »Ich begreife nicht, wie e r überhaupt an solche Leute ver mieten kann.«
    »Sie können gut reden. Geld beh ä lt das Feld.«
    »Alles ganz gut und schö n, aber man konnte es dem Kerl doch schon vom Gesicht ablesen, daß er nichts Gutes im Schilde führte .«
    »Na, ich sage nur, sie kann mir leid tun.«
    Hector bahnte sich einen Weg zum Eingang und nahm kühn die Treppen zum obersten Stock in Angriff. Die dumpfe Luft in dem engen Treppenschacht legte sich ihm schwer auf die Lunge, und je weiter er nach oben kam, desto schlimmer wurde es.
    Der Geruch machte sich im obersten Stock bemerkbar, wo er sich mit den Dünsten von Katzen und Kohl vermengt e. Im zweiten Stock wurde er stärker und war im dritten überwälti gend. Die sechs Milchflaschen standen, sauer und verstaubt, vor der verschlossenen Tür. H ector hob die Klappe des Brief einwurfs, um einen Blick ins Innere zu werfen. Eine Wolke von Gestank strömte ihm entgegen, ekelerregend, unerträglich . Ihm wurde übel, und er trat zurück. Ein paar fette schwarze Fliegen waren durch den Schlitz gekrabbelt und krochen tr ä ge und gesättigt über den mit Blasen bedeckten Anstrich der Tür.
    »Das kann einem den Magen umdrehen, nicht wahr?« er t ö nte eine Stimme hinter ihm. Ein Mann war nach ihm die Treppe heraufgekommen.
    »Schauderhaft«, bestätigte Hector.
    Plötzlich schien der schmutzige Platz um ihn zu kreisen. Da drehte er sich um und rannte hastig die Treppe hinunter auf die Straße. Zu seinem Entsetzen entdeckte er, daß eine dicke Fliege auf seinem Kragen sa ß .
    Hector hatte genug von dieser St ä tte und ging nach Haus. Aber früh am nächsten Morgen erinnerte er sich seiner P flich ten seiner Zeitung gegenüber. Komme, was da wolle, er mußte die Story haben. Also machte er sich wieder auf den Weg in die Buttercup Road.
    Andrews vom Wire war s chon an Ort und Stelle. Er grin ste, als er Puncheon sah.
    »Wollen Sie auch beim letzten Akt mit dabeisein?«
    Hector nickte und zündete sich eine Zigarette an.
    »Die Polizei ist im Anmarsch«, verkündete Andrews.
    In dem engen Gang wi mmelte es von Menschen. Bald er schienen zwei kräftige Amtspersonen in Blau und bahnten sich mit den Schultern einen Weg.
    »He«, sagte der vorderste. »Was soll das? Alle raus! Weiter gehen!«
    »Presse«, sagten Hector und Andrews wie aus einem Mund.
    »Na schö n«, erwiderte der Polizist. »Also los, gute Frau. Wir haben die Vollmacht.«
    Die Prozession trampelte nach oben. Im dritten Stock stand Mr. Higgins mit der siebenten Milchflasche in der Hand.
    Die Polizisten schnüffelten mit vereinten Kräften .
    »Da steckt bestimmt etwas dahinter«, meinte der eine. »Heda, gute Frau, jagen

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