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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Urteil dann auf Unglücksfall und im zweiten auf Selbstmord. Nun wurden das Auto mit Benzin getränkt , die Benzinleitung beschädigt und etliche Kanister hingestellt. Fenster und Tür der Garage wurden offengelassen, um dem Ganzen einen glaubwürdigen Anstrich zu geben und Zugluft zu erzeugen. Sch ließ lich wurde der Wagen in Brand gesteckt. Dann Flucht zum Bahnhof durch die winterliche Dunkelheit und mit der Untergrundbahn nach London. Das Risiko, in der Bahn erkannt zu werden, war gering, da Prendergast Williams' Hut und Mantel trug und einen Schal um sein Kinn gewickelt hatte. Dann hieß es, Williams' Gepäck zu holen und den Zug nach Dover zu nehmen, um die reiche und verliebte Mrs. Fielding in Frankreich zu treffen. Danach hä tten sie als Mr. und Mrs. Williams nach England zurückkehren können oder auch nicht, ganz nach Belieben.
    »Ein gelehriger Student der Kriminolo gie«, bemerkte Wimsey am Schluß dieses kleinen Abenteuers. »Er hat sich die Fehler seiner Vorgänger zunutze gemacht. Schade, daß ihm der Irrtum mit der plastischen Porzellanf ü llung unterlaufen ist. Ging wohl schneller, nicht wahr, Lamplough? Eile mit Weile ist ein weiser Spr uch. Was ich gern noch wissen mö chte, zu welchem Zeitpunkt bei all diesen Vorgängen mag Williams tatsachlich gestorben sein?«
    »Halt den Mund«, gebot Mr. Lamplough. »Apropos, ich muß dir immer noch eine Füllung machen.«

Milchflaschen
    Mr. Hector Puncheon vom Morning Star beendete sein Interview mit dem Herrn, der den Preis von fünftausend Pfund beim Fußball-Kreuzwortr ä tsel gewonnen hatte, und ging rasch davon. Jedoch nicht so rasch, daß er ein paar volle Milchflaschen an einem Treppenabsatz übersehen hätte. Da er gern kombinierte, zä hlte er sich halb bewu ß t die verschiedenen Möglichkeiten auf, die dieses Phänomen bedeuten konnte: ein neues Baby, ein Haus voller kleiner Kinder, ein Haus voller Katzen, Familienausflug übers Wochenende.
    Hector war noch jung und begeisterungsfähig genug, um in fast allem eine »Story« zu sehen. Wer weiß, vielleicht lauerte sogar eine hinter diesen Milchflaschen. Tragödien in einsamen Häusern , die erst durch die sich anhäufenden Milchflaschen ans Licht gebracht w urden: »Der Mord in der Sauchie hall Street.« – »Der alte James Fleming, der die Milch hereinholt , während die Leiche des Dienstmä dchens im Hinterzimmer liegt.« – »Was der Milchmann weiß.« – Darüber ließ e sich schon etwas schreiben. Warum nicht?
    Auf dem Weg zum Büro ließ er sich die Sache durch den Kopf gehen , und sobald er sein Kreuzworträ tsel-Interview abgegeben hatte, setzte er sich hin und schrieb eine leichtbeschwingte halbe Spalte über Milchflaschen.
    Der Redakteur der »L iterarischen Seite«, der immer Ü ber fluß an Material hatte, beschnüffelte sie, versah sie mit ein paar Blaustiftkrakeln und schickte sie nach unten zum Redakteur der »Haus und Heim«-Seite. Dieser las sie oberflächlich durch und warf sie in einen Korb mit der Bezeichnung » Warten «, wo sie drei Monate lang liegenblieb. Hector Puncheon, der sich nie viel von diesem A rtikel versprochen hatte, vergaß ihn bei der Ausübung seiner täglichen Pflichten.
    Eines Tages, im August, w urde die alte Dame, die den Spe zialartikel für die »Haus und Heim«-Seite schrieb, von einem Bus angefahren. Der Redakteur dieser Seite, dem vierhundert Worte fehlten, stülpte den Inhalt der Ablage auf seinen Tisch, pickte Hector Puncheons Artikel aufs Geratewohl heraus und schob ihn dem Hilfsredakteur zu mit den Worten: » Kürzen und einschieben.«
    Dieser strich den ersten und letzten Absatz, merzte Hectors literarische Stellen aus, zog drei S ä tze zu einem zusammen , wobei ihm zwei syntaktische Fehler unterliefen, wählte die erste statt der dritten Person, gab ihm einen neuen Titel und sandte ihn zum Drucker. In dieser Form erschien er am nächsten Morgen. Hector Puncheon, der seinen verstümmelten Spröß ling nicht wiedererkannte, murmelte verbittert, daß jemand seine Idee geklaut habe.
    Zwei Tage später erhielt der Redakteur des Morning Star folgenden Brief:
    »Sehr geehrter Herr,
    habe mit großem Interesse Ihren Artikel von einem Milchmann gelesen und m ö chte Ihnen mitteilen, daß da etwas Merkwürdiges auf meiner Runde ist. War noch nicht bei der Polizei, da dieselbe nicht zahlt. Mein Herr, da sind fünf Milchflaschen seit letzten Sonntagmorgen, und ein Paar ist sei tdem nicht mehr gesehen worden.
    Hochachtungsvoll
    J. Higgins, Milchmann

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