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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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sich höflich, aber energisch, von der Stelle zu gehen. Er drängte sie sanft mit seinem Absatz. Sie tänzelte mit zurückgelegten Ohren zur Seite, und er sah das Weiße eines protestierenden Auges. Er glitt aus dem Sattel und versuchte sie am Zügel zu führen. Nach einigen Überredungskünsten folgte ihm die Stute mit gestrecktem Hals, aber so, als ginge sie auf Eierschalen. Ein paar zaudernde Schritte, und sie blieb wieder stehen, am ganzen Leib zitternd. Er befühlte ihren Hals und entdeckte, daß er vom Schweiß naß war.
    »Verdammt noch mal!« rief Wimsey. »Ich möchte aber lesen, was da auf dem Pfosten steht. Wenn du nicht mitkommen willst, wirst du dann wenigstens stille stehn?«
    Er ließ die Zügel fallen. Die Stute stand mit gesenktem Kopf ruhig da. Er ging vorwärts, blickte aber von Zeit zu Zeit nach ihr, um zu sehen, ob sie auch keine Anstalten machte, auszureißen. Sie stand aber ganz ruhig da, trat nur manchmal von einem Fuß auf den anderen.
    Wimsey ging an den Pfosten heran, eine kräftige Säule aus uralter Eiche, die kürzlich weiß angestrichen worden war. Die vor nicht langer Zeit schwarz aufgemalte Inschrift lautete:
    An dieser Stelle
    wurde
    George Winter
    als er das Hab und Gut
    seines Herrn verteidigte
    niederträchtig ermordet
    vom schwarzen Ralph
    aus Herriotting
    der hinterher am Tatort
    in Ketten erhängt wurde
    9. November 1674
    Fürchte die Gerechtigkeit
    »Sehr schön«, sagte Wimsey. »Totenmann-Pfosten – der Name paßt zweifellos. Polly Flinders scheint dasselbe zu fühlen wie die Bevölkerung. Na, Polly, wenn dem so ist, sollst du deinen Gefühlen keinen Zwang antun. Aber wenn du dich bei einem einfachen Pfosten schon so anstellst, wie kommt's, daß du angesichts einer Totenkutsche mit vier kopflosen Pferden einen so unerschütterlichen Gleichmut bewahrst?«
    Die Stute nahm die Schulter seiner Jacke sanft zwischen die Lippen und knabberte daran herum.
    »Ganz recht. Ich verstehe vollkommen. Du möchtest, wenn du könntest, aber du kannst wirklich nicht. Doch jene Pferde, Polly – brachten sie keinen Schwefelpesthauch aus der Hölle mit sich? Sollte es möglich sein, daß sie wirklich nur einen rechtschaffenen, vertrauten Stallgeruch ausströmten?«
    Er stieg wieder in den Sattel und ritt in einem weiten Bogen um den Pfosten herum und zurück zum Pfad.
    »Eine übernatürliche Erklärung ist wohl ausgeschlossen. Nicht a priori. Das wäre unzuverlässig. Sondern auf Grund von Pollys Sinnen. Die einzigen Alternativen waren Whisky und Hokuspokus. Eine nähere Untersuchung scheint angebracht zu sein.«
    Während die Stute sich ruhig vorwärtsbewegte, grübelte er weiter darüber nach.
    »Nehmen wir einmal an, ich wollte aus irgendeinem Grunde die Nachbarschaft mit einer solchen Erscheinung erschrecken. Dann würde ich zunächst eine dunkle, regnerische Nacht wählen. Und die hatten wir ja. Wenn ich dann schwarze Pferde nähme und ihre Leiber weiß anstriche – arme Teufel! Wie furchtbar für sie! Nein. Wie werden doch diese Kunststücke von Maskelyne und Devant gemacht, wo man den Leuten die Köpfe abschlägt? Weiße Pferde natürlich – und schwarze Filzhauben über die Köpfe. Da haben wir's! Und Leuchtfarbe auf dem Geschirr, hier und da auch auf den Leibern. Das gibt einen guten Kontrast und garantiert die Sicherheit. Ganz einfach. Sie müssen sich aber lautlos bewegen. Warum auch nicht? Vier starke schwarze Säcke, mit Kleie gefüllt und um die Fesseln gebunden, verschaffen jedem Pferd einen lautlosen Gang, besonders, wenn's etwas stürmisch ist. Ein paar Lappen um die Zügelringe, um das Klirren zu verhindern, ebenfalls um die Enden der Zugriemen, damit sie nicht quietschen. Dazu einen Kutscher mit weißem Mantel und schwarzer Maske, einen gut geölten Wagen mit Gummirädern, den man mit etwas Phosphor beschmiert – und man hätte etwas hinreichend Geisterhaftes, um einen gut getränkten Herrn morgens um halb drei Uhr auf einsamer Landstraße zu erschrecken.«
    Dieser Gedanke gefiel ihm, und er klopfte heiter mit seiner Peitsche auf seine Stiefel.
    »Aber verdammt noch mal! Sie sind nicht wieder an mir vorbeigekommen. Wohin fuhren sie? Eine Kutsche mit Pferden kann sich nicht einfach in blauen Dunst auflösen. Es muß doch einen Seitenweg geben, oder du hast mich die ganze Zeit zum Narren gehalten, Polly Flinders.«
    Der Reitweg mündete schließlich wieder bei der vertrauten Gabelung auf die Landstraße, wo Wimsey den Polizisten getroffen hatte. Während Polly langsam mit

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