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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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mit uns erlaubt.« Er grinste, als er den Gashebel umlegte und in einer unnötig dicken Rauchwolke, die Mr. Frobisher-Pym zum Niesen brachte, davonsauste. Sein Mitopfer, ein großer, fetter Mann, der typische fidele Gastwirt, lächelte den Friedensrichter beschämt an.
    »Na, Hubbard«, meinte letzterer, »ich hoffe, Sie haben Ihr Erlebnis genossen. Ich muß schon sagen, ich bin überrascht, daß ein Mann von Ihrem Format sich wie ein ungezogener Lausbub im Kohlenkeller einsperren läßt.«
    »Ja, Sir, ich war selbst im Moment überrascht«, erwiderte der Gastwirt ziemlich gutmütig. »Als mir die Decke über den Kopf geworfen wurde, war ich der erstaunteste Mann im ganzen Lande. Ich habe ihnen aber ein paar vors Schienbein gegeben, damit sie an mich denken.« In Erinnerung daran mußte er lachen.
    »Wie viele waren es denn?« fragte Wimsey.
    »Drei oder vier, möchte ich wohl schätzen, Sir. Aber da ich sie nicht gesehen habe, kann ich nur nach ihrem Reden urteilen. Zwei haben mich geschnappt, das weiß ich ziemlich sicher, und der junge Rawlinson meint, daß er nur von einem gepackt wurde. Der muß mächtig stark gewesen sein.«
    »Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um die Namen dieser Leute ausfindig zu machen«, stieß der Vikar aufgeregt heraus. »Ah, Mr. Frobisher-Pym, kommen Sie und sehen Sie sich an, was sie in der Kirche angerichtet haben. Es ist so, wie ich annahm – ein antiklerikaler Protest. Wir müssen höchst dankbar sein, daß es nicht noch schlimmer geworden ist.«
    Damit führte er sie in die Kirche. Irgend jemand hatte ein paar Ampeln bei dem düsteren kleinen Altarplatz angezündet. Auf diese Weise konnte Wimsey sehen, daß der Hals des Adlers am Lesepult mit einer ungeheuren rot-weiß-blauen Schleife geziert war und außerdem ein großes Plakat trug – offenbar aus einem Zeitungsbüro entwendet – »Vatikan verbietet unsittliche Kleidung«. Auf jedem Chorstuhl saß ein einfältig liebenswürdiger Teddybär, anscheinend darin vertieft, das Gesangbuch von unten nach oben zu lesen, während auf der Leiste vor ihnen Exemplare eines losen Witzblattes aufdringlich ausgebreitet lagen. Auf der Kanzel hatte eine schalkhafte Hand einen papierenen Eselskopf angebracht, der aus einem eleganten Nachthemd herausragte und mit einem hübschen, aus Goldpapier geschnittenen Heiligenschein gekrönt war.
    »Schandbar, nicht wahr?« sagte der Vikar.
    »Na, Hancock«, erwiderte Mr. Frobisher-Pym, »ich muß sagen, ich glaube, Sie haben sich das selbst zuzuschreiben, obgleich ich natürlich zugebe, daß so etwas unter keinen Umständen geduldet werden darf. Die Missetäter müssen gefunden und streng bestraft werden. Aber Sie sehen doch nun ein, daß viele Ihrer Gebräuche diesen Leuten wie papistischer Unsinn vorkommt, wenn das auch keine Entschuldigung ist.«
    Seine tadelnde Stimme dröhnte weiter.
    Der Polizist hatte inzwischen die herumstehenden Dorfbewohner abgeschoben und stand nun neben Lord Peter am Eingang des Altargitters.
    »Waren Sie das nicht, den ich heute morgen auf der Straße traf, Sir? Aha! Ich habe doch Ihre Stimme wiedererkannt. Sind Sie gut nach Hause gekommen, Sir? Ist Ihnen nichts mehr begegnet?«
    Sein Tonfall verriet mehr als müßige Neugierde. Wimsey drehte sich schnell um.
    »Nein, mir ist nichts – mehr begegnet. Wer fährt hier nachts in einer Kutsche mit vier weißen Pferden im Dorf herum, Herr Wachtmeister?«
    »Bin kein Wachtmeister, Sir – mit meiner Beförderung hat's noch gute Weile. Na, Sir, was die weißen Pferde angeht, so kann ich Ihnen keine rechte Auskunft geben. Mr. Mortimer drüben in Abbotts Bolton hat ein paar hübsche Grauschimmel, er ist der größte Pferdezüchter in dieser Gegend. Aber er würde in einem so furchtbaren Regen nicht draußen herumkutschieren, nicht wahr, Sir?«
    »Man sollte es nicht annehmen.«
    »Nein, Sir. Und« – der Polizist beugte sich dicht zu Wimsey hinüber und flüsterte ihm zu – »und Mr. Mortimer ist ein Mann, der einen Kopf auf seinen Schultern hat – und was noch wichtiger ist, seine Pferde ebenfalls.«
    »Na«, fragte Wimsey, ein wenig betroffen über die Bemerkung, »haben Sie je ein Pferd gekannt, das keinen Kopf auf den Schultern hatte?«
    »Nein, Sir«, erwiderte der Polizist mit Nachdruck, »ein lebendes Pferd jedenfalls nicht. Aber das alles hat weder Hand noch Fuß, wie man zu sagen pflegt. Was diese Kirchenangelegenheit betrifft, so ist das nur ein kle iner Schabernack, den sich die J ungen geleistet haben, weiter

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