Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)
und vor unterdrücktem Lachen kaum sprechen kann.
Endlich gelingt es ihm, auf meinen Bildschirm zu deuten, auf dem auch ich jetzt ein kleines grünes Kästchen erkenne.
»Alexianer-Krankenhaus, Psychiatrische Fachklinik, Akutaufnahmestation«, steht dort, wo mir sonst die Telefonnummer des Anrufers angezeigt wird.
Bei meinem Rückruf unter der Nummer habe ich eine gestresste Schwester des Alex, wie das Krankenhaus auch genannt wird, am Apparat.
»Ja, der Herr Schröder ist uns ausgebüxt und dummerweise ans Telefon gekommen. Nein, hier ist alles wieder ruhig. Er ist jetzt in der Fixierung und liegt auf seinem Bett. Ja, den richterlichen Beschluss kann ich Ihnen faxen.«
Erst als ich diesen in Händen halte, kann auch ich grinsen, und ganz sicher werde ich nie wieder vergessen, erst zu schauen, woher der Anruf kommt, bevor sich in meinem Kopf wilde Entführungsdramen abspielen, die in Wirklichkeit nur die Wahnvorstellungen eines Psychiatriepatienten sind.
»Polizeinotruf!«
»Tach, hier brennt et!«
»Wo?«
»Porz, Josefstraße …«
»Die Hausnummer bitte?«
»Brauchste nicht aufschreiben, Mädchen, ich hab dat hier schon alles jelöscht!«
»Okay, Sie brauchen also keine Feuerwehr mehr?«
»Nö! Ich ruf nur wegen dem Bundesverdienstkreuz an. Ich mein, ich hab hier die Gartenlaube von meinem Nachbarn gelöscht, da war der Hund drin, den hamma gerettet, und jetzt würd ich da gern aufgeschrieben werden.«
»Ähm …«
»Notieren Se mal. Peter Plüschkes ist mein Name, und gerettet hab ich den Hasso. Wann werd ich dann benachrichtigt und bekomm das Geld?«
»Öhm …«
Doch er redet einfach weiter. »Meine Telefonnummer ham Se ja jetzt, können Se ja weitergeben. Ich wart hier dann, bis die Bundeskanzlerin sich meldet wegen ’nem Termin!«
»Was für einen Termin?« Endlich bringe ich so etwas wie einen ganzen Satz zustande.
»Na, zur Verleihung von dem Bundesverdienstkreuz!«
»Paul Panzer?«, frage ich probehalber ins Mikrofon, fest davon überzeugt, dass ich gerade von einem der Lokalradiosender auf den Arm genommen werde.
»Nä, Peter Plüschkes heiß ich. Haha, das wär ja noch schöner, wenn meinen Orden dann ein anderer bekommt, der wo den Hasso gar nicht gerettet hat!«
»Ja, das wäre schlecht. Aber brennen tut’s nicht mehr?«
»Nä, sag ich doch, war nur die Hütte, die is aus!«
»Sind Sie verletzt worden?«
Kurz scheint er nachzudenken. »Erhöht das die Chancen auf eine Verleihung von dem Orden?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Nä, dann bin ich auch nicht verletzt. Ham Se das alles notiert?«
Ich betrachte meinen Notizblock, auf dem sein Name steht. »Ja, hab ich.«
»Jut, dann wart ich mal.«
»Tun Sie das. Schönen Tag noch, Herr Plüschkes!«
»Inge, siehste doch, dat ich da Chancen auf dat Bundesverdienstkreuz hab. Die Dame da am Telefon hat mich aufgeschrieben! Ich, Peter Plüschkes, ich krieg dat Bundesverdienstkreuz, weil ich den Köter vom Hansemann aus der Scheißhütte gezogen hab. Du wirst noch sehen, ich werd berühmt«, höre ich es noch aus dem Hörer schallen, bis die Leitung tot und wieder für echte Notrufe frei ist.
»Polizeinotruf!«
»Bei mir wurde eingebrochen!«
Die offenbar ältere Dame gibt ihre Adresse an und schildert, was vorgefallen ist. Ich notiere das Notwendige und stelle die wichtigsten Fragen. Als ich mich verabschieden will, fragt sie: »Kommen Sie dann persönlich?«
»Nein, aber ich schicke Ihnen zwei nette Kollegen vorbei!«
»Lieber wären mir ja zwei Damen!«
»Das tut mir leid, aber die beiden Kollegen sind schon unterwegs, die sind sehr kompetent und freundlich, und Angst brauchen Sie vor denen auch keine zu haben.«
»Ach, Angst, papperlapapp. Angst hab ich nicht, mir geht’s um meinen Sohn.«
»Was ist denn mit Ihrem Sohn?«, frage ich neugierig.
»Der wohnt hier jetzt seit vierzig Jahren. So langsam kann der mal ausziehen!«, erwidert die Dame.
»Ähm, und was hat das mit dem Geschlecht der Kollegen zu tun?«
»Na, ich fänd das schön, wenn ich eine Polizistin zur Schwiegertochter bekäme. Da fänd ich das praktischer, wenn zwei Damen vorbeikommen, ginge das wirklich nicht? Also, ich will ihn ja loswerden, auf jeden Fall an eine Beamtin mit gesichertem Einkommen …«
Ich lasse sie reden und grinse vor mich hin.
»Obwohl … Vielleicht isser ja doch schwul. Nee, schicken Sie mir mal die beiden Herren vorbei. Das ist vielleicht doch besser! Ist mir ja auch egal, ob er nun zu einer Frau oder einem Mann zieht,
Weitere Kostenlose Bücher