Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)
einer durchsichtigen, versiegelbaren Plastikhülle – DNA -Spuren sichert. Ich helfe bei Wohnungsdurchsuchungen und fahre mit Vergewaltigungsopfern zum Arzt, um dort die nötigen Untersuchungen durchführen zu lassen.
Kurz: Ich lerne viel, erfahre Neues und lote wieder mal meine Grenzen aus. Und ich weiß genau, dass diese Dienststelle für mich einmal eine interessante Alternative zum Streifendienst sein könnte.
Polizeinotruf, wie kann ich Ihnen helfen?
2004–2011
Meine zweite Hospitation verbringe ich im Jahr 2004 auf der Leitstelle der Autobahnpolizei, die heute ebenfalls zum Polizeipräsidium Köln gehört. Ein paar Wochen lang soll ich dort meine Kenntnisse im Bereich der Einsatzbearbeitung erweitern und den Kollegen hilfreich unter die Arme greifen. Meine Aufgabe ist es, die eingehenden Funksprüche und Notrufe entgegenzunehmen, Streifenwagen ihre Einsätze zuzuteilen und diese weiterzubearbeiten.
Zunächst muss ich mich daran gewöhnen, den ganzen Tag still an einem Schreibtisch mit drei Monitoren zu sitzen, nicht ständig Auto zu fahren und nicht herumlaufen zu können. Für mich eine Herausforderung. Ich nutze jede Funkpause, um mir ein wenig die Beine zu vertreten, flitze schnell um mein Funktischchen herum oder mache Dehnübungen auf meinem Schreibtischstuhl. Heute finde ich es ganz angenehm, wenn ich mal einen Tag auf der Wache am Funktisch sitze, doch damals hat es mich fast wahnsinnig gemacht, am Funk mitzuverfolgen, wie die Kollegen spannende Einsätze bewältigten, und nicht helfen oder gar dabei sein zu können.
Trotzdem gibt es auch auf der Leitstelle immer wieder erinnernswerte Situationen und Telefonate. Ein paar besonders interessante möchte ich Ihnen hier nicht vorenthalten.
»Polizeinotruf!«
»Hallo?« Eine Frauenstimme.
»Ja, hier ist der Polizeinotruf, wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich brauch Sprit!«
»Ähm, hier ist der Polizeinotruf!«
»Ja ja, mein Tank ist leer!«
»Ähm … und wieso kann die Polizei Ihnen da helfen?«
»Ja, also passen Sie mal auf. Meine Tankanzeige blinkt, und ich weiß jetzt nicht, was ich tun soll!«
Meine Augenbrauen heben sich, doch da gerade nicht viel zu tun ist, lasse ich mich auf das Gespräch ein.
»Ihre Tankanzeige blinkt. Nun, da wäre es ja eine logische Handlung, tanken zu gehen!«
»Genau!«, kommt es erfreut zurück.
»Dann tun Sie das doch!«
»Ja, aber hier ist keine Tankstelle!«
»Wo ist denn hier?« Ich habe bereits meine Gebietskarte aufgerufen, mit dem festen Willen, der Dame in einer sagenhaften Serviceleistung die nächste Tankstelle zu nennen und ihr zur Not auch eine Wegbeschreibung zu liefern.
»Wie? Wo ist hier? Na, hier bei mir!«
»Ich wollte wissen, wo Sie sind!«
»Weiß ich doch nicht, auf der Autobahn halt!« Jetzt klingt die Stimme genervt ob meiner Begriffsstutzigkeit.
»Auf welcher Autobahn sind Sie?«
»Na, auf der mit den blauen Schildern!«
Ich unterdrücke ein Stöhnen.
»Von wo nach wo wollen Sie denn fahren?«
»Das geht Sie ja mal überhaupt nichts an!«
»Gute Frau, um Ihr Tankproblem zu lösen, wäre es für mich hilfreich zu wissen, wo Sie …«
»Grad durch das Autobahnkreuz Jackerath bin ich durchgefahren, 61 Koblenz, stand da auf dem Schild!«, unterbricht sie mich hektisch.
»Wunderbar. Da kommt gleich eine Ausfahrt, die fahren Sie runter, und dann …« Wieder komme ich nicht dazu, meinen Satz zu beenden.
»Aber da will ich doch gar nicht hin!« Empörung schallt mir aus dem Hörer entgegen.
»Aber Sie müssen doch tanken!«
»Schon, aber dafür fahr ich doch nicht wo hin, wo ich gar nicht hinwill!«
Ich halte das Mikro zu und stöhne laut. Mittlerweile haben sich drei Kollegen um meinen Schreibtisch versammelt und hören grinsend mit.
»Gut. Fahren Sie weiter auf der A 61 , dann kommt der Rastplatz Bedburger Land. Da ist auch eine Tankstelle.«
Kurze Stille, dann wieder die Stimme: »Bedburger Land, sagen Sie?«
»Ja! Da ist eine Tankstelle!« In der Annahme, ihr damit geholfen zu haben, will ich gerade das Gespräch beenden, als sie verschämt ins Telefon flüstert: »Ähm … Ich glaub, da bin ich grad dran vorbeigefahren!«
»Warum haben Sie denn nicht angehalten?«
»Weil ich so auf das Gespräch mit Ihnen fixiert war! Sie können Fragen stellen. Ich kann ja schlecht auf die Autobahn achten und mit Ihnen reden!«
Sprachlos gucke ich die Kollegen an, die mittlerweile vor Lachen kaum noch aufrecht stehen können.
»Ohohoho …«, kommt es da aus dem
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