Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)
gut gewesen sei und dass ihm jetzt so was passiert.
Mein Kollege guckt mich zweifelnd an, lässt sich dann aber auf den Stuhl neben mir fallen und beginnt zu funken. Er schickt alle drei verfügbaren Streifenwagen los, während ich immer noch den Anrufer in der Leitung habe und gleichzeitig dessen Angaben in unser Programm zur Einsatzbearbeitung in den PC tippe.
»Können Sie die Täter beschreiben? In welche Richtung sind sie weggelaufen?«
Er antwortet mir ausführlich, mein Kollege gibt die Beschreibung direkt an die Streifenwagen weiter.
Einer Eingebung folgend, frage ich: »Sind Sie verletzt?«
»Na ja, also verletzt, das ist jetzt ja ein weiter Begriff …«
» BRAUCHEN SIE EINEN RETTUNGSWAGEN ?« Geduld gehört leider wirklich nicht zu meinen Stärken.
»Ja, doch, das wäre vielleicht ganz gut. Wegen dem Messer und dem Blut und so.«
Mir tritt der Schweiß auf die Stirn. »Welches Messer?«
»Ja, also, ich wollt ja erst nicht so richtig, mit der Kasse und so …«
Bevor er weitersprechen kann, höre ich im Hintergrund Martinshörner und die Stimmen der gerade eingetroffenen Kollegen.
»Ah, gut, dass Sie da sind«, begrüßt Herr Melchert sie, »also, mir ist da grad ein Ding passiert!« Es folgt ein ohrenbetäubendes Krachen.
»Scheiße, so ein Mist«, ist das Nächste, was ich höre. Dann habe ich den Kollegen am Apparat.
»Janine?«
»Ja!«
»Der Kerl ist umgekippt. Ist der Rettungswagen unterwegs?«
»Ja, da muss irgendwo auch ein Messer sein.« Ich hoffe immer noch, dass das nur ein blöder Witz von Herrn Melchert war.
»Bingo!«, meint mein Kollege nach ein paar Sekunden. »Dem Typ steckt ein Küchenmesser im Oberschenkel, und zwar bis zum Heft. Braucht ihr noch was? Sonst leg ich auf.«
»Nee, Rest über Funk«, beende ich das Gespräch und starre fassungslos den Hörer an.
Kaum zu glauben, dem Kerl steckte tatsächlich ein Küchenmesser im Oberschenkel, und er plaudert erst mal munter mit mir, bevor ihm einfällt, dass er ja ausgeraubt wurde!
Sachen gibt’s …
So ganz einfach ist der Job am anderen Ende einer Notrufleitung also nicht. Zum einen muss man dem Anrufer die Informationen entlocken, die man braucht, um helfen zu können. Zum anderen muss man nebenbei auch noch zusehen, dass man diese Angaben richtig bewertet und die richtigen Maßnahmen einleitet. Deshalb möchte ich potenziellen Anrufern die folgenden Verhaltensregeln ans Herz legen:
Wenn Sie – was nicht geschehen möge – irgendwann mal eine Notrufnummer wählen müssen, versuchen Sie bitte, deutlich und langsam zu sprechen. Ich weiß, wie schwer das in hektischen Situationen ist, aber Hilfe ist schneller da, wenn man sofort versteht, wo sich der Anrufer befindet und warum er Hilfe braucht.
Wenn Sie nicht genau wissen, wo Sie sind, schauen Sie sich nach Straßenschildern um, oder fragen Sie jemanden, der sich in der Gegend auskennt. Auch Straßenbahn- oder Bushaltestellen haben oft eine Namensangabe, die uns helfen kann, Sie zu finden.
Beenden Sie das Gespräch erst dann, wenn Sie dazu aufgefordert werden. Es kann durchaus sein, dass Sie glauben, alles Wichtige sei gesagt. Rettungsdienste und Polizei haben aber oft noch weitere, sehr wichtige Fragen.
Wählen Sie unbedingt gleich die richtige Notrufnummer: Die Polizei hat 110 , Feuerwehr und Rettungsdienst erreichen Sie unter 112 .
Und noch etwas Wichtiges: »Einfach so ausprobieren« oder anderweitig missbrauchen sollte man die Nummern auf keinen Fall, denn darauf steht eine saftige Geldstrafe, in besonders schweren Fällen sogar eine Freiheitsstrafe. Glück für Leute wie Antonio oder Herrn Plüschkes, wenn sie nicht erwischt werden oder einen gutmütigen Beamten am Telefon haben, der alle Augen zudrückt und den Notrufmissbrauch als nicht vorsätzlich wertet.
Warum ich nicht Motorrad fahre
2008
Schwungvoll setze ich das letzte Häkchen auf den Fragebogen. Dann stehe ich auf, lege dem Prüfer die Blätter mit dem Test auf den Schreibtisch und setze mich wieder an meinen Platz.
Keine fünf Minuten später halte ich die Bescheinigung in der Hand, dass ich die theoretische Führerscheinprüfung für das Motorrad bestanden habe. Null Fehler. Na gut, alles andere wäre als Polizistin auch irgendwie peinlich gewesen, denke ich, während ich mich ans Steuer meines kleinen roten Autos setze und zum Dienst fahre.
Als ich vor der Wache in Chorweiler einparke, braust einer der Kradfahrer mit Blaulicht vom Hof, und ich gucke ihm verträumt nach. Dann schüttle
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