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Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Titel: Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Binder
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Augenblicklich mache ich einen Satz nach vorn und erwische ihn gerade noch am Arm, sodass ich seinen Fall ein wenig abbremsen kann, bevor er vor mir unsanft auf der gepflasterten Auffahrt hinschlägt.
    Seine Augen sind starr in den Himmel gerichtet, die Haut ist eiskalt, und auf der Stirn bilden sich kleine Schweißperlen.
    »Scheiße!«, entfährt es mir, während ich schon dabei bin, ihn in die stabile Seitenlage zu bringen und seine Atmung und den Puls zu überwachen. Beides ist noch vorhanden, zwar schwach, aber eindeutig da. »Kommen Sie schon, stellen Sie sich nicht so an!«, rede ich hektisch leise auf ihn ein, während ich mir die Lederjacke vom Körper zerre, um mir Bewegungsfreiheit zu verschaffen.
    Sonia steht vor mir und sieht mich entsetzt an.
    »Rettungswagen!«, gebe ich ihr den Anstoß, den sie braucht, damit sie wieder funktioniert. Sie greift sofort zum Funkgerät und fordert Hilfe an.
    Ich fingere das Gebiss aus dem Mund des Mannes, ignoriere das eklige, saugende Geräusch, als es sich vom Gaumen löst, und werfe es achtlos neben mir ins Gras. Die Frau auf der Terrasse ist in der Zwischenzeit von Beschimpfungen zu hysterischen, unartikulierten Schreien übergegangen, aber für sie habe ich jetzt keine Zeit. Jetzt geht es um ihren Mann.
    Als sich unter ihm eine Pfütze bildet und ich merke, dass ich in seinem Urin knie, wird mir bewusst, wie ernst die Situation ist.
    Den beiden Jungs hinterm Zaun ist das wohl noch nicht so klar, denn sie haben einen kleinen Sprechgesang begonnen: »Verreck doch, du alter Sack!«, tönt es mir entgegen, als ich keinen Puls mehr fühle und der Mann röchelnd auch die Atmung einstellt.
    Ich zögere einen Moment, wühle in meinen Hosentaschen nach meinem Hygieneset, finde es nicht, brülle ein ziemlich lautes » SCHNAUZE HALTEN !« in Richtung der beiden Kerle, was zwar nicht wirklich niveauvoll ist, aber in der Situation das Einzige, was mir auf die Schnelle einfällt. Dann schlucke ich den Kloß in meinem Hals runter, rolle den schlaffen, schweren Körper vor mir aus der stabilen Seitenlage auf den Rücken und beginne mit der Herzmassage. Kurz zögere ich, betrachte die faltigen, schlaffen Lippen des Mannes und die unreine Haut an der Nase. Dann beginne ich, ohne groß weiter nachzudenken, mit der Beatmung.
    Sein Brustkorb hebt sich. »Ich hab so was noch nie gemacht! Ich hab so was noch nie gemacht!«, stammelt Sonia neben mir kaum hörbar vor sich hin.
    Mir sind Wiederbelebungsmaßnahmen aus meiner Zeit auf der Autobahn hingegen keineswegs fremd. »Keine Sorge, ich schon. Das kriegen wir hin. Alles gut. Ist der Rettungswagen unterwegs?«, frage ich sie keuchend. Bemüht, ihr die ruhige und erfahrene Beamtin vorzuspielen, lächele ich sie zuversichtlich an, während ich mit beiden Armen den Brustkorb des Mannes bearbeite und merke, wie eine seiner Rippen unter meinen Bemühungen knackend nachgibt.
    »Ja. Notarzt ist auch unterwegs!«
    »Gut!«, ächze ich und beuge mich wieder vor.
    » IHR HABT MEINEN MANN GETÖTET !«, kreischt die alte Frau auf der Terrasse. Aus dem Augenwinkel sehe ich sie toben und schreien.
    » VERRECK , DU ALTER SACK !«, ertönt es wieder hinter dem Zaun.
    Ich wische mir, während Sonia die Herzmassage übernimmt, den Schweiß von der Stirn. » RUHE , SONST SETZT ES WAS !«, brülle ich in Richtung der beiden Halbstarken, die zwar ihren Sprechgesang nicht einstellen, aber jetzt immerhin die Lautstärke ein wenig herunterfahren.
    Mittlerweile öffnen sich die Fenster der Häuser gegenüber. Während Sonia und ich abwechselnd um das Leben des alten Mannes kämpfen, erscheinen die Köpfe der Nachbarn in den Fenstern und sehen uns interessiert zu. Niemand kommt zu uns, niemand hilft, niemand sorgt für Ruhe. All die feinen Leute in ihren weiß getünchten Häusern gaffen, während uns langsam, aber sicher die Kräfte ausgehen. Pumpen, atmen, pumpen, atmen. Nie hätte ich gedacht, dass Wiederbelebungsmaßnahmen so schnell so anstrengend sein können.
    Als ich die Pumperei wieder übernehme, steht Sonia unvermittelt auf und rennt auf die Jungs hinterm Zaun zu. »Wenn ihr nicht sofort die Klappe haltet, dann sorg ich eigenhändig dafür, dass ihr gleich neben dem Kerl liegt. Hier stirbt ein Mensch, ihr herzlose Brut!« Sie schüttelt ihre Faust in die Richtung des Zauns, und plötzlich ist es still. Dann rennt sie zu der Dame auf der Terrasse, und ich höre ihre Stimme erneut, diesmal deutlich sanfter: » RUHE ! Sie setzen sich jetzt da hin, und dann

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