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Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Titel: Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Binder
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ich genauso Polizistin wie die Männer auch!«
    »Aber würdest du denn nicht lieber irgendwo am Schreibtisch arbeiten, wo es sicher ist?«
    Spätestens wenn das Gespräch an diesem Punkt angelangt ist, antworte ich dann meist mit einem ziemlich endgültigen: » NEIN , ich liebe meinen Job! Ich mache ihn gerne!«
    Dummerweise scheint es mir in solchen Diskussionen an Deutlichkeit zu fehlen, denn solche Gespräche können sich sehr lang hinziehen. Da wird dann thematisiert, wie hart es doch für Frauen sein muss, sich in einer Männerwelt zurechtzufinden. Dass man ja von der Beamtin gehört habe, die sich vor ein paar Jahren erschossen hat, weil die Kollegen alle so scheiße waren, und ob ich wegen meiner Größe denn nicht gemobbt würde. Sexuelle Belästigung sei ja sicherlich ein häufiges Thema, auch bei der Polizei.
    Meist werde ich dann immer schweigsamer, lächele nett und freundlich und schalte mein Gehirn ab. Denn meine Meinung und Einschätzung wollen die meisten ja doch nicht hören. Trotzdem äußere ich sie an dieser Stelle in der Hoffnung, dass das Thema Frauen bei der Polizei dann ein wenig anders gesehen wird.
    Tatsächlich ist es so, dass ich hier und da auf Probleme mit männlichen Kollegen oder eingefahrenen festen Strukturen gestoßen bin. Das gibt es bei der Polizei genauso wie in jeder anderen großen Behörde oder in jedem großen Unternehmen.
    Der eine unterstellte mir Bulimie, weil ich immer so schrecklich viel esse und trotzdem so mager bin. Der Nächste machte sich Gedanken, weil ich bei einem Einsatz gar nichts gegessen hatte (nur zur Erklärung: Es gab aus der Versorgungsküche Gummihühnchen und Schnitzel in einer undefinierbaren Soße, und ich habe nun mal einen gewissen ästhetischen Anspruch an die Dinge, die ich meinem Körper als Nahrung zuführe). Der Nächste dichtete mir eine Liebschaft mit einem Vorgesetzten an, und wieder ein anderer war der Meinung, dass ich meinem Job ja gar nicht gerecht werden könne, weil ich viel zu jung sei und Frauen eh an den Herd gehörten!
    Getratscht und palavert wird überall, Deppen unter den Kollegen hat man auch in jedem anderen Beruf. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Haut man frühzeitig auf den Tisch und sagt: »So nicht!«, dann wird sich ganz bestimmt eine Lösung finden lassen. Und wenn man, wie es sicherlich in einigen Fällen auch schon vorgekommen ist, feststellen muss, dass man trotz aller Bemühungen mit einer Kollegin oder einem Kollegen einfach nicht arbeiten kann, dann ist ein Dienststellenwechsel, wie er innerhalb der Polizei glücklicherweise leicht möglich ist, unter Umständen immer noch die angenehmere Lösung, als jeden Tag mit Bauchschmerzen und Übelkeit zum Dienst zu erscheinen, nur weil man dort Mr oder Mrs Vollidiot ertragen muss.
    Sicherlich habe ich den Vorteil, in Köln zu arbeiten, einer sehr großen Behörde mit einem mittlerweile recht hohen Frauenanteil – zwar noch nicht in den höheren Altersstufen und in der oberen Führungsriege, aber auch da tauchen meine Geschlechtsgenossinnen immer häufiger auf. Teilweise sind hier so viele Frauen im Streifendienst, dass es nicht möglich ist, wie eigentlich üblich, auf allen Fahrzeugen gemischte Teams zu platzieren. So werden bei uns auch reine Frauenteams auf die Straße geschickt, die »Hühnerstreifen« heißen. Zugegeben, das ist eine etwas verniedlichende Bezeichnung, aber ich mag den Begriff sogar, denn ich sehe es als großen Fortschritt an, dass es diese Hühnerstreifen mittlerweile immer häufiger gibt. Sicherlich macht bei solchen Bezeichnungen der Ton die Musik, aber grundsätzlich mag ich Spitznamen wie »Mädels« oder »Hühner« für uns Polizistinnen. Die Frage ist doch nur, wie es ausgesprochen wird und von wem. Da fällt mir auf: Warum gibt es eigentlich für Männerteams keine niedlich-witzige Bezeichnung à la »Gockelteam« oder so?
    Klar fühle ich mich besonders sicher, wenn ich mit einem zwei Meter großen und fast so breiten Kollegen an meiner Seite an einem Einsatzort auftauche, aber es gibt nicht eine Kollegin, mit der ich mich im Streifenwagen unsicher gefühlt hätte, nur weil sie eine Frau ist. Wir bewältigen als »Hühnchenwagen« unsere Einsätze genauso erfolgreich wie die reinen Männerstreifen.
    Natürlich gibt es immer wieder Situationen, bei denen es von Vorteil sein kann, dass ein männlicher Kollege dabei ist – sei es zur Durchsuchung einer männlichen Person oder einfach für Aktionen, bei denen es auf körperliche

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