Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)
weg von ihrem Mann. Die Herren sind nämlich meist gesprächiger, wenn die Dame des Hauses nicht in der Nähe ist.
Aus dem Wohnzimmer höre ich gedämpfte Stimmen. Während ich die Frau weiterhin dümmlich anlächle, spitze ich die Ohren: »Könnten wir vielleicht … Also meine Frau muss ja nicht wissen … Kann schon sein, dass ich da mal so eine Datei runtergeladen habe … In letzter Zeit Potenzprobleme … Weiß auch nicht, was mich da geritten hat.«
Ich lächle zufrieden, schließe die Toilettentür hinter mir, tue so, als würde ich mich erleichtern, und betätige die Spülung, während die Frau draußen auf mich wartet.
Als wir das Wohnzimmer wieder betreten, sitzt der Mann am Rechner, über den Bildschirm flackert ein Pornovideo mit einer Siebenjährigen, das ich bereits kenne.
»Gut. Haben Sie sonst noch irgendwo was gespeichert?«, fragt Manfred, während der Mann das Video stoppt. Er sucht den Blick seiner Frau und wird, als er ihr entgeistertes Gesicht sieht, auf seinem Bürostuhl immer kleiner. »Nein, nur auf der Festplatte und mit dem Passwort gesichert, damit die Kinder nicht drankommen.«
»Mein Mann macht so was nicht!« Aus ihrer Stimme ist jegliches Leben verschwunden. Entsetzt schaut sie mich an. »Was mach ich denn jetzt? WAS MACH ICH DENN JETZT ?« Ihr Blick klebt auf dem angehaltenen Video. »Du Schwein!«, entfährt es ihr, und ich kann ihre Hand gerade noch mit dem Unterarm abhalten, bevor sie den Kopf ihres Mannes erreicht. »Wie konntest du nur? Das sind Kinder!!«
»Aber ich hab doch nur geguckt, Mausi! Ist ja nicht so, als hätte ich selbst …«, stammelt er und reibt verlegen immer wieder mit den Fingern über die Hosenbeine.
»Du Schwein! RAUS HIER ! RAUS AUS MEINER WOHNUNG !«
»Aber ich hab wirklich nur geschaut, Mausi, ich wollte doch nur …« Seine Stimme versagt.
Manfred, der bereits den Rechner in einen Karton packt, blickt ihn kalt an. »Was glauben Sie, warum diese Videos gedreht werden? Warum jemand diesen Kindern all das antut? Nur weil es einen Markt dafür gibt! Weil es Menschen gibt, Menschen wie Sie, die sich diesen Dreck auch noch ansehen. Tut’s nicht auch ein normaler Porno? In dem alle erwachsen sind? Von mir aus, wenn’s denn sein muss, achtzehnjährige Mädchen. Aber nein, es müssen Kinder sein! Wissen Sie, wie alt das Mädchen auf dem Video da ist? Sieben! Genauso alt wie Ihr mittlerer Sohn!« Mühsam beherrscht, wendet er sich wieder den Kabeln zu und überlässt mir und Rudi das Reden.
Wir tragen unsere Kartons aus der Wohnung. Zwischen der Frau und ihrem Mann herrscht Schweigen, während wir Laptops, den PC , DVD s, Videokassetten und Festplatten sicherstellen.
Vorsichtig versucht der Mann, ihr eine Hand auf den Arm zu legen. » FASS MICH NICHT AN !« Ihre Stimme ist so laut, dass ich sie auch im Flur noch deutlich höre.
Er kommt hinter mir hergelaufen und tippt mir auf die Schulter: »Wann bekommen wir das alles wieder? Die Computer und all das?«
»Wenn wir es durchgesehen und als unbedenklich klassifiziert haben. Alles an bedenklichem Material bleibt bei uns, bis das Gericht anders entscheidet.«
Fassungslos sieht er mich an. »Sie können doch meine Computer nicht einfach mitnehmen!«
Manfred trägt eine Kiste mit Videokassetten die Treppe runter und drängt sich mit den Worten »Doch, können wir!« an uns vorbei.
»Aber da ist überall das Zeug drauf«, stammelt der Mann, »Sie können doch nicht alles behalten!«
»Ich dachte, das sei nur auf der einen Festplatte?«, frage ich.
Betreten blickt er zu Boden, dann geht er stumm zurück in die Wohnung, die nun von allem technischen Schnickschnack befreit ist. Sogar die Playstation haben wir eingepackt, da in ihr eine Festplatte verbaut ist, auf der auch Filme gespeichert werden können.
Seine Frau drückt ihm eine Tasche in die Hand, die sie wohl gerade in Windeseile gepackt hat. » RAUS !«, höre ich ihre Stimme ein letztes Mal, dann knallt sie ihm die Tür vor der Nase zu.
Mit uns gemeinsam geht er die Treppe hinunter, sein Jogginganzug raschelt beim Gehen. Vor dem Haus spielen seine drei Kinder in einem Sandkasten. Als er auf sie zugehen will, ruft seine Frau aus dem Fenster: »Fass sie ja nicht an, oder ich schrei aus dem Fenster, was du getan hast!«
Er hält in der Bewegung inne. Drei Augenpaare blicken ihn verdutzt aus dem Sandkasten an. »Was ist denn, Papa?«
Er fährt sich mit einer Hand übers Gesicht, dann schaut er zum Himmel und atmet tief durch. Als er seine
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