Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
dass es dich mitgenommen hat, dass diese verdammte Frau an unserer Tür aufgetaucht ist, aber wie kannst du nur denken …?« Er verstummt.
»Ich habe dich auf Überwachungsbändern des Fair Angel gesehen.« Meine Stimme zittert beim Sprechen. »Ich habe gesehen, wie die Krankenschwester, die bei Beths Geburt dabei war, sie dir im Gang übergeben hat.«
Arts Blick verrät Entsetzen, doch dann gewinnt die unterdrückte Wut wieder die Oberhand.
»Unmöglich.« Seine Stimme klingt hart und kalt wie Stahl. »Oder gefälscht.«
»Das ist lächerlich.« Doch ich halte inne. Könnte der Film, den ich gesehen habe, gefälscht sein? Diese Möglichkeit hatte ich nicht einmal in Erwägung gezogen. Und wenn es so wäre … wie kann ich es herausfinden? Würde ein Experte es feststellen können? Heißt das, dass Art vielleicht doch unschuldig ist? Ein Teil von mir hofft es, obwohl mir auch klar wird, dass damit mein Traum, Beth zu finden, ausgeträumt wäre. Zum ersten Mal, seit ich die Überwachungsbänder gesehen habe, beschleichen mich Zweifel. »Warum sollte irgendjemand sich die Mühe machen, Aufnahmen von dir mit unserem Baby zu fälschen?«
Art hält drei Finger hoch. Seine Augen bohren sich in meine.
»Erstens, um mich zu diskreditieren. Zweitens, um einen Keil zwischen uns zu treiben. Drittens, um dich in den Wahnsinn zu treiben. Genau das, was gerade passiert.« Er hält einen Moment lang inne. »Aber das sind nur die Gründe, die mir spontan einfallen. Wenn du mir ein paar Minuten Zeit gibst, würde ich dir sicher noch zehn weitere Gründe nennen können. Mir fallen jede Menge Leute ein, die glücklich wären, mich scheitern zu sehen, und die Tatsache, dass du mir nicht vertraust, bedeutet für mich, dass ich gescheitert bin, dass mein Leben gescheitert ist … Herrgott, Gen, dass wir gescheitert sind.« Plötzlich steht er vor mir, greift nach meiner Hand und fleht mich an: »Bitte, lass dich nicht darauf ein … auf diesen Wahnsinn, Gen. Wenn es kein gefälschter Film ist, dann muss es der ganze Druck sein – du siehst, was du sehen möchtest. Es ist … es ist einfach in deinem Kopf.«
Es ist so typisch für Art, von logischen Gründen zu emotionalen Appellen überzuschwenken. So typisch. Und so manipulativ.
»Hör auf, Art. Versuch nicht, mir das Gefühl zu geben, dass es an mir liegt … dass ich verrückt werde.«
Er betrachtet mich. »Aber du weißt, dass das verrückt ist . Du weißt , dass es keinen Sinn ergibt«, sagt er langsam. »In deinem Herzen weißt du es.«
Einen Moment lang sehe ich ihn, wie ein Außenstehender ihn sehen würde – völlig fokussiert, völlig selbstsicher.
»Okay, vielleicht macht es keinen Sinn«, sage ich. »Aber das heißt nicht, dass es nicht wahr ist.«
Ich gehe hinüber zu dem Regal, das vom Fenster bis hin zur Tür reicht. Zwischen den vielen Wirtschaftspreisen steht ein einzelnes Foto in einem Silberrahmen. Es zeigt uns an unserem Hochzeitstag. Art, mit adrettem kurzem Haarschnitt, lächelt. Ich schaue bewundernd zu ihm auf. Mein Haar ist auch kurz – ein jungenhafter Schnitt mit einem fransigen Pony. Die Frisur lässt mich noch jünger erscheinen, als ich war. Es bricht mir das Herz, wie jung wir beide aussehen.
Und wie unschuldig.
Art geht um den Schreibtisch herum. Er stellt sich vor seinen Stuhl.
»Gen?«
Ich senke die Stimme. »Sag mir die Wahrheit.«
»Tue ich.«
»Was ist mit dem Geld für MDO ? Ich habe gestern Dr. Rodriguez gesehen … Ich habe mitbekommen, wie er über das Geld sprach, das er bekommen hat … war die MDO -Zahlung die erste Rate?«
»Nein. Ich schwöre es dir, nein .« Art umklammert seinen Stuhl. Seine Fingerknöchel sind weiß, doch er blickt mir fest in die Augen. »Siehst du nicht, dass du alles so drehst, dass es in deine Vorstellung von der Wahrheit passt? Frag dich doch mal selbst: Warum sollte ich vorgeben, unser Baby sei tot? Warum sollte Rodriguez das Risiko eingehen, ein Berufsverbot zu bekommen und im Gefängnis zu landen? Warum sollte ich mein ganzes Leben auf einer Lüge aufbauen?« Ihm versagt die Stimme. »Gen, mein sehnlichster Wunsch war immer der, dass wir eine Familie sind. Und … und es ist nicht fair, dass du mir nicht vertraust, wo ich doch genauso gelitten habe wie du, als wir … sie verloren haben …« Er wendet das Gesicht ab, sodass ich nicht sehen kann, was so unerträglich deutlich in seiner Stimme zu hören ist.
Mit einem Mal fühle ich mich erschöpft. Kann es sein, dass ich mich irre? Sehe ich
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