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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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darauf wieder zurückzunehmen, da meine Logik mir lächerlich vorkommt.
    Ich schaue zu Charlotte hinüber, die telefoniert und offenbar darauf wartet, dass die andere Person zu sprechen aufhört, wobei sie mit schmalen Augen verarbeitet, was die andere Seite zu sagen hat. Ihr Körper ist über den Hörer gebeugt, als wollte sie sich gleich auf ihren Gesprächspartner stürzen. Hoffentlich tut sie ihm nicht weh, aber ein gemeiner Teil von mir hofft, dass sie es tut, und sei es nur, um mich bestätigt zu sehen – wenn ich doch nur ein netterer Mensch wäre.
    Als Nächstes kommt Flynn Gerrard dran. Ich rechne nicht im Geringsten damit, dass er ans Telefon geht, aber er nimmt beim zweiten Klingeln ab.
    »Olivia Berrington«, sagt er. »Was für eine angenehme Überraschung. Ich wollte Sie schon anrufen.«
    »Hi!«, sage ich, um einen sonnigen, lockeren und professionellen Ton bemüht. »Ich wollte Sie nur kurz auf dem Laufenden halten.«
    »Dann machen Sie das mal. Nein, Moment mal. Wie geht es Ihnen? Was treiben Sie immer so?«
    »Äh, nun, ich war gestern zu einem sehr vornehmen Abendessen eingeladen. Der ehemalige Chef der British Army hatte einiges zu erzählen.«
    »Haben Sie die Leute geblendet? Bestimmt haben Sie das.«
    »Das würde ich nicht gerade sagen.«
    »Sie sind bescheiden, das weiß ich ja bereits.«
    O Gott, wie ich diese Art von Anmache hasse, mit der er mich plattwalzt, nur damit ich mit ihm flirte. Er sieht gut aus, das sehe ich natürlich, aber deshalb stehe ich noch lange nicht auf ihn – ich bewundere ihn eher wie ein Kunstwerk, als dass er mein Herz höher schlagen ließe.
    »Dann möchte ich Ihnen sagen, worauf ich hinauswill. Obwohl Mary und Charlotte Sie sicherlich bereits informiert haben.«
    Unbewusst wandern meine Augen zu Charlotte, die ihr Telefongespräch beendet hat und vergebens versucht, so zu tun, als würde sie nicht die Ohren spitzen. Wieder spule ich mein Gelaber zu meiner Recherche hinsichtlich Demografie und Wirkungsbereich ab und erwähne dann vorsichtig das Skript. Mary mag zwar in der Lage sein, ihre Sogwirkung auf ihn auszuüben, aber ich bin nicht sicher, ob ich über die gleichen Überredungskünste verfüge.
    »Sie werden sicherlich gar keine Zeit dazu haben, aber vielleicht ja doch? Sie sind so leidenschaftlich bei der Sache und könnten sicher ihre Begeisterung auch ins Skript miteinfließen lassen.«
    »Ich würde gern ein wenig daran mitschreiben, wenn ich kann.«
    Bingo. »Sie wissen ja, keiner kennt die richtigen Worte besser als wir.«
    Er gibt vor zu überlegen, was aber höchstens zwei Sekunden dauert. »Können Sie am Montag raus nach Pinewood kommen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Dann, denke ich, haben wir eine Verabredung.«
    Nachdem ich Mary hinsichtlich des Gesprächsverlaufs beruhigt habe, wappne ich mich für den Kampf mit Charlotte. Ich denke, dazu braucht es mehr als das bedrohliche Rot meines Mac-Lippenstifts, aber leider ist er die einzige Waffe, die ich zur Hand habe.
    »Was hältst du von Sushi?«, will Charlotte wissen, als wir ins Freie kommen.
    Hm, was halte ich von Sushi? Das Gleiche wie Madeline – dass sie schleimig sind –, doch mir ist nicht nach Verhandeln zumute und lande dann auch gleich darauf in einem lauten Restaurant irgendwo in einer Nebenstraße der Goodge Street, umgeben von Horden japanischer Geschäftsleute, die sich über winzige Resopaltische hinweg anschreien.
    »Was mögen Sie denn gern?«, fragt sie und studiert die Speisekarte mit der beängstigenden Konzentration, die sie all ihren Aufgaben angedeihen lässt. Dies ist der Augenblick, mein absolutes Unwissen, was rohen Fisch betrifft, zu gestehen, aber es erscheint mir von ungeheurer Wichtigkeit, nichts zuzugeben – stattdessen tippe ich wie verrückt auf die abstoßenden Bilder auf der Speisekarte, als würde ich ein wirres Fischbingo spielen.
    »Mann, Sie müssen wirklich Hunger haben. Ich rufe den Kellner.«
    Jetzt muss ich die noch verbleibenden Fischbestände der Welt aufessen, um nicht mein Gesicht zu verlieren.
    »So«, sagt Charlotte, nachdem der Kellner gegangen ist, »jetzt erzählen Sie mir mal von Ihrem Gespräch mit Flynn.«
    Will sie tatsächlich so tun, als hätte es den gestrigen Abend nicht gegeben? Ich eiere herum und versuche mir den bestmöglichen Angriffsplan zurechtzulegen. Ich könnte ganz im Stil der Fünfzigerjahre wie mein Dad fragen, welche Absichten sie verfolgt, aber das wäre dann doch zu schräg, und außerdem macht mir die

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