Seit jenem Tag
hat keine Zukunft. Es ist lächerlich, es überhaupt in Erwägung zu ziehen. Es ist vorbei. Hat nicht mal angefangen.«
»Du solltest keine voreiligen Schlüsse ziehen«, sagt sie. »Lass uns abwarten, was weiter geschieht.«
»Ganz sicher nicht«, sage ich und laufe rot an. »Das werde ich Sally nicht antun.« Und nach einer Pause: »Das werde ich mir nicht antun.«
Jules nimmt meine Hand, als wir den Weg zu Dads Reihenhaus hochlaufen, und übermittelt mir mit einem Händedruck, dass sie nicht grob sein wollte, und ich erwidere ihn. Wir klingeln, und langsam kommt Leben in die Energiesparlampe, die im Flur hängt. Dad öffnet die Tür, den Ausdruck kontrollierter Enttäuschung im Gesicht. Er trägt eine gestreifte Schürze, wie Fleischer sie tragen, und widerlich beige Crocs und zückt einen Pfannenwender.
»Entschuldige …«, setzt Jules zu einer Erklärung an, aber ich komme ihr zuvor.
»Ich habe Jules die Ohren vollgejammert, deshalb wurden wir aufgehalten«, sage ich und beuge mich zu ihm, um ihm einen Kuss und die Flasche Rotwein zu geben, den ich unterwegs bei Marks & Spencer besorgt habe.
»Da kann man nichts machen«, erwidert Dad noch immer ein wenig beleidigt. »Es ist nur, weil ich einen Nussbraten ausprobiere, dessen Rezept ich aus dem Internet heruntergeladen habe, und da sind genau vierzig Minuten vorgeschrieben. Nun, wir wollen die Daumen drücken, dass er noch genießbar ist.«
Feixend folgen wir seinen Crocs über den schmuddeligen Flur, der zur winzigen Küche führt. Wir begannen mit einer recht anständigen Behausung für die ganze Familie in Northwood, die im Schmelztiegel der Scheidung zu zwei bescheidenen Elternwohnungen zusammengeschmolzen ist. Mum kaufte sich klugerweise was in einem aufstrebenden Viertel, richtete die Wohnung her und verkaufte sie zwei Jahre später mit anständigem Gewinn, wohingegen Dad sich diese unansehnliche Bude gekauft hat, um seine Hypothek niedrig zu halten. Ich fürchte, man wird ihn dort mit den Füßen voraus heraustragen, da ich mir nicht vorstellen kann, dass ihm die je einer abkauft. Nicht dass er das anstreben würde – er ist ein Gewohnheitstier.
Der Nussbraten erinnert eher an einen Ziegelstein als an eine Mahlzeit: Er plumpst auf die Servierplatte und bleibt bedrohlich liegen, obwohl Dad ihn neugierig mit seinem Pfannenwender anstupst.
»Also dann, Mädels, setzt euch auf eure vier Buchstaben«, fordert er uns auf, legt den Wein ins Weinregal und holt eine nach billigem Fusel aussehende Flasche Cabernet heraus, die bereits offen ist. Wir drücken uns auf die Bank, die den alten Kieferntisch säumt, und warten starr darauf, dass er uns unsere Teller zuschiebt. »Wir werden reinhauen müssen, da das Konzert in, wartet mal« , er wirft einen Blick auf seine Uhr , »siebenundfünfzig Minuten beginnt.«
»Konzert?«, sage ich und habe Mühe, mein Entsetzen aus meiner Stimme herauszuhalten. Ich weiß, was jetzt kommt.
»Hast du vergessen, es ihr zu erzählen?«, wendet Dad sich tadelnd an Jules.
»Sie hat sich wegen Nathaniel die Hacken abgelaufen«, sage ich und trinke einen Schluck Wein. Ein großer Fehler. Er schmeckt eher wie Mundspülung als nach etwas, das man mit Genuss trinken möchte.
»Ach, Livvy, nun sei doch nicht so melodramatisch! Mir geht es gut.« Ich war nicht melodramatisch, ich habe sie verteidigt: Warum werden wir jedes Mal im Beisein eines unseres Elternteils automatisch zu zankenden Pubertierenden?
»Lecker, nicht wahr?«, sagt Dad stolz. »Der war im Abholmarkt im Sonderangebot, und ich dachte mir, was soll’s, investierst du mal in eine ganze Kiste.«
Ich überlege, ihm die Wahrheit zu sagen, aber das wird ihn nur in seiner Überzeugung bestätigen, dass ich ein Luxuskind bin. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe meinen Dad abgöttisch, doch er bringt mich auch zur Raserei.
»Mmm«, sage ich, allerdings viel zu sehr in die Länge gezogen, um noch überzeugend zu sein. »Erzähl uns von dem Konzert.«
»Der Hörgenuss, der euch heute Abend erwartet, ist eine Prise Modern Jazz, gespielt von den erstklassigsten Musikern des Musikvereins Ealing. Ihr Mädels könnt euch freuen.«
Einen Blick auf Jules zu werfen ist ein zu großes Risiko. Stattdessen nehme ich noch einen Schluck von meiner Mundspülung und versuche das Ganze positiv zu sehen: Obwohl Modern Jazz sicherlich eine der abscheulichsten Erfindungen der Neuzeit ist, erspart es uns jedenfalls ausufernde Gespräche. Sollte Dad mich fragen, ob ich jemanden
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