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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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Geschwindigkeit, mit der ihr Robotergehirn Informationen verarbeitet, Angst: Käme sie irgendwie dahinter, wie kompliziert meine unkomplizierte Beziehung zu James in Wirklichkeit ist, müsste ich in Zukunft auf Messers Schneide leben. Die Vorstellung, sie könnte es ihm in einem entspannten postkoitalen Moment zuflüstern und dabei ihre giftige Botschaft mit falscher Besorgnis tarnen, ist nicht auszuhalten.
    »Ja, es ist gut gelaufen«, antworte ich mit einem breiten Lächeln im Gesicht und fasse für sie das Gespräch kurz zusammen.
    »Dann werden Sie also das Skript mit ihm verfassen?«, hakt sie zweifelnd nach. Hatten sie sich nicht auf diese Strategie geeinigt, als sie ihr blödes nettes Abendessen hatten?
    »Nun, gewissermaßen ja, da Mary mich darum gebeten hat. Ich denke, es geht eher darum, ihm das Gefühl zu geben, daran Anteil zu haben.«
    »Dazu wünsche ich Ihnen viel Glück«, sagt sie in einem Ton, der mich daran zweifeln lässt. »Und wie Sie wissen, sieht meine neue Rolle vor, dass ich Sie bei jedem Ihrer Schritte unterstütze.«
    »Ja, danke dafür«, erwidere ich gereizt. Dann starren wir uns einfach ein paar Sekunden lang an.
    »Können wir über das reden, was passiert ist?«, sagt sie, und ich nicke, weil ich meinen Worten nicht traue. »Sie sollten wissen, dass ich James wirklich mag«, fährt sie fort. Ihre Stimme klingt so tonlos und mechanisch, als würde sie ein Thunfischsandwich bestellen. »Die Situation ist offenbar kompliziert, und das Letzte, wirklich das Letzte, was ich möchte, ist eine Gefährdung unserer guten Zusammenarbeit.«
    »Das sehe ich genauso«, stimme ich ihr zu. Was soll ich auch sonst sagen? Ich starre den ekelhaften, leuchtend grünen Schleim an, der mein sogenanntes Mittagessen umgibt, und fürchte, dass mein Gesicht mich verrät. Ich schiele auf mein Telefon, das ich ganz oben in meine Tasche mit gut sichtbarem Display gelegt habe: keine Nachricht. »Das müsst ihr unter euch ausmachen.«
    »Genau«, stimmt Charlotte zu und winkt nach der Rechnung, nachdem die Aufgabe erfolgreich abgeschlossen ist. »Einfach ist das Leben nie. Sicher nicht für Ihren Freund«, ergänzt sie und beobachtet mich dabei eindringlich.
    »Nein.« Ich finde es unerträglich, dass sie Zugang zu meinem Privatleben bekommen hat. Ich habe ihre Hand im Blick, mit der sie die Rechnung hält und an der ihr Diamantring wie das Nordlicht funkelt. »Warten Sie, ich suche meine Karte raus.«
    »Ich lade Sie ein, war mir ein Vergnügen.« Vergnügen kann man es auch nennen. »Sie können ja nächstes Mal übernehmen.«
    Nächstes Mal? Da kommt Freude auf.
    Ich stehe zitternd vor dem U-Bahnhof Northfields und warte darauf, dass Jules’ roter Nissan Micra um die Ecke biegt. Schließlich kommt sie und hupt blechern, schiebt Babysachen vom Beifahrersitz und entschuldigt sich. Dann sieht sie mein Gesicht.
    »O Gott, es tut mir wirklich leid, Livvy, aber er hat eine schlimme Kolik gehabt und war garstig. Und ich muss um zehn Uhr wieder zurück sein.«
    »Das ist es nicht«, antworte ich, und eine verirrte Träne läuft mir über meine eiskalte Wange.
    »Ach, Kleines!«, sagt Jules. Das war der verhasste Kosename, den sie mir in unserer Kindheit gab, doch im Moment ist er Musik in meinen Ohren. »Schieß los!«
    Und ich fasse die Ereignisse des gestrigen Abends kurz zusammen, während ich Jules gleichzeitig bedränge, endlich loszufahren. Dad hasst es, wenn man zu spät kommt, dann reagiert er eingeschnappt, und ich bin nicht in der Stimmung, ihn aufzuheitern.
    »Hör zu, wir reden später weiter«, schlägt sie vor, als sie in Dads Straße einbiegt, »aber es ist mein Ernst, wenn ich sage, dass alles gut werden wird.«
    »Nun tu nicht so, als könntest du alles vorhersehen. Noch mal zum Mitschreiben: Alles Gute, William, und auf meine Nachricht hat er auch nicht geantwortet. Ich komme mir vor wie ein Idiot.«
    Sie parkt den Wagen, stellt den Motor ab und wendet sich mir zu.
    »Er ist ein Wrack, Livvy. Natürlich ist er das – er hat gerade erfahren, dass seine Frau sich höchstwahrscheinlich lieber umgebracht hat, als ihr weiteres Leben mit ihm zu verbringen. Um es mal ganz vorsichtig zu formulieren: Es geht nicht um dich.«
    »Nein, das weiß ich ja …«
    Sie mustert mich, und ihr Gesichtsausdruck verrät die ihr dämmernde Erkenntnis, dass mein dummes Herz genau das getan hat, was sie vorhergesagt hat.
    »O Livvy.«
    »Ja, freu dich.« Ich lächele sie an, damit sie sich keine Gewissensbisse macht. »Das

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