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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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über die Flynn-Kampagne austauschen?«, fragt mich Charlotte.
    Ist das nur ein Trick, mich unter vier Augen zu sprechen, oder versucht sie tatsächlich mitzumischen?
    »Ja, sicher doch, schön«, antworte ich, noch halb im Mantel.
    Mary kommt durchs Büro auf mich zustolziert. Sie trägt eine wuchtige goldene Armspange, die bei jedem Schritt klappert, als wäre sie eine besonders glamouröse Gefängniswärterin.
    »Ja, lassen Sie uns das heute mal auf den neuesten Stand bringen«, sagt sie und durchbohrt mich mit ihrem Blick. »Ich wüsste gern, wo Sie stehen.« Wenn ich daran denke, wie wenig Fortschritte ich gemacht habe, gerate ich in Panik – und zu jammern, dass Flynn meine Anrufe nicht erwidert hat, reicht kaum als Verteidigungsstrategie.
    In dem Moment kommt Mungo hereinspaziert, den Panamahut leicht schräg auf dem Kopf und völlig unbekümmert wegen seines Zuspätkommens.
    »Guten Morgen, Mary, cooler Schmuck«, meint er.
    »Oh, danke!«, sagt sie mit einem mädchenhaften Lächeln und klimpert vor ihm mit ihren überladenen Handgelenken. Sie wendet sich mir erneut zu. »Eigentlich«, ergänzt sie, »gibt es keinen besseren Zeitpunkt als den jetzigen.«
    Sie macht abrupt kehrt, und ich tripple hinter ihr her und versuche verzweifelt, meine Gedanken zu ordnen. Als wir in ihr Büro eintreten, schließt sie die Tür, setzt sich aufs Sofa und schaut mich einfach mit einem leicht gelangweilten Gesichtsausdruck an.
    »Nun, wir sind noch ganz am Anfang …«, beginne ich. »Und wir haben die Kurzanweisung für die Produktion noch nicht ausgearbeitet.« Und ich quassele immer weiter und schwafele von Plattformen und demografischem Wirkungsbereich, wobei Mary mir mit undurchdringlicher Miene zuhört. Schließlich hebt sie ihre perfekt manikürte Hand.
    »Genug.« Offenbar habe ich einen fahrigen und unprofessionellen Eindruck hinterlassen und mit meinen Ausreden wenig überzeugen können. Sie traf mich gestern Abend auf der Toilette an, wo ich mein Kleid anzog, und dummerweise habe ich ihr erzählt, was ich vorhatte. Ihrer Miene nach zu urteilen vermag sie in mir wie in einem offenen Buch zu lesen und mein Innerstes nach außen zu kehren.
    »Ich weiß, dass ich es an jenem Abend verbockt habe, Mary. Meine Worte waren dumm von mir gewählt und kamen auch nicht so rüber, wie sie gemeint waren. Und jetzt reagiert er einfach nicht auf meine Anrufe. Ich könnte mir vorstellen, dass er schon wieder in L . A. ist …«
    »Ist er nicht. Charlotte und ich sind am Montag mit ihm Essen gewesen.«
    Ich gebe mir alle Mühe, mir nichts anmerken zu lassen, und kann nur hoffen, dass meine Augen dem Druck der Tränen standhalten. Es ist vorbei, bevor es begonnen hat, mir entrissen, bevor ich überhaupt Gelegenheit fand, es zu versuchen.
    »Wie … wie war er?«, frage ich und überlege, wie rasch ich ihr für die Chance, die sie mir gegeben hat, danken kann, ehe ich einen würdevollen Abgang mache.
    »Oh, Sie kennen doch Flynn, er war wie immer voller Tatendrang. Charlotte hat sich ein wenig unterfordert gefühlt, deshalb habe ich eine neue Position für sie neben ihrem Hauptjob geschaffen. Creative Director für das Talentmanagement.«
    Die gute Mary – wenn einer ihrer glanzvollen Stars Anzeichen erkennen lässt, das sinkende Schiff zu verlassen, wirft sie Geld und Status auf ihn, als wäre es Konfetti: Ich kann mir Charlottes geknickten Blick gut vorstellen, als sie ihre »Enttäuschung« zum Ausdruck brachte, bei der Präsentation leer ausgegangen zu sein.
    »Wird sie meine Kampagne leiten oder ihre?«, hake ich nach und versuche mir meine Gereiztheit nicht anmerken zu lassen. Es ist zutiefst demütigend, dass ich ihn mit Nachrichten bombardiert habe, obwohl das Gespräch längst ohne mich weitergegangen ist.
    »Sie werden Ihre Kampagne leiten. Das haben wir Flynn unmissverständlich klargemacht.«
    In meine Erleichterung darüber mischt sich ein Wermutstropfen. Ich bin froh, dass man mich nicht ganz aus dem Job rausgeworfen hat, aber wenn ich noch immer Teil davon bin, warum haben sie mich dann ausgeschlossen? Selbst wenn sie mich nur über dieses Essen informiert hätten, ohne mich dazu einzuladen, hätte ich mich besser gefühlt. Mary mustert mich und wartet auf meine Reaktion. Ich versuche meine Fassung wiederzuerlangen: Ich darf diesen Auftrag nicht verlieren. Ich glaube zwar nicht, dass sie mich feuern würde, ich habe allerdings gesehen, was geschieht, wenn sie jemandem ihre Gunst entzieht: Dann weht der Wind immer

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