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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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hätten – mächtige, beschützende, große Männer, die für die Frauen, die sie lieben, bereit sind, so manchen Arsch zu treten. Ich frage mich, warum ich mir nicht selber so einen gekauft habe, als ich noch mit Teddy Stracuzza verheiratet war.
    Als ich wieder bei EPT bin, marschiere ich an Marcies – leerem – Platz vorbei und erspähe dann ihren stacheligen Hinterkopf im Fenster zu Seans Büro. Als ich die Tür zu meinem eigenen Raum aufmache, sitzt mein Zwei-Uhr-Termin, Gil, wie ein nasser Sandsack auf dem orangefarbenen Plastikstuhl. Diesmal ist er zu früh dran. Mein letzter Klient für diesen Tag nickt mir zu, ein deprimierter Klempner mit einer Wahrnehmungsstörung.
    »Jupp«, begrüßt er mich. Die blauen Ranken einer Tätowierung schießen aus dem Kragen seines Hemdes hervor. »Ich hab Ihre Uhr da ausgemacht«, sagt er und deutet auf den Baby-Ben-Wecker, der auf meinem Schreibtisch steht. »Hoffe, das stört Sie nicht, aber der Lärm ging mir einfach auf den Sack.«
    »Wie geht es Ihnen?«, frage ich und sehe ihn sorgfältig an.
    Gil popelt an seiner Nagelhaut; er sieht unglücklich aus. »Die Lady legt erst ’ne Scheibe von Tony Bennett auf, und dann erzählt sie mir, was mit ihrer Spüle nicht stimmt. Ich hocke auf allen vieren in ihrer Küche, und die ganze Zeit singt der Kerl.« Gil seufzt. »Alles, was ich verstehe, ist, dass ihre Spüle in San Francisco ist. ›Sie brauchen ’ne neue Dichtung‹, ruf ich, weil ich die verdammte Musik überbrüllen muss. Die Lady fängt an zu kreischen und zu kreischen.« Er gestikuliert aufgebracht mit den tätowierten Armen – sie sind voller Totenschädel, Schwerter und Herzen, wirklich erstaunlich. »Also«, fährt er fort, »bin ich gefeuert.«
    »Gefeuert?«
    »Sie hat gesagt, ich soll gehen. Sagt, ich seh durchgeknallt aus.« Er reckt das Kinn ein bisschen in die Höhe.
    »In den Vororten halten sie jeden für durchgeknallt«, erkläre ich ihm freundlich. »Nehmen Sie das nicht persönlich.«
    Wir unterhalten uns noch eine Viertelstunde länger. Ich erinnere Gil daran, nicht vor seinen Kunden zu fluchen, doch als er bei meinem milden Tadel zusammenzuckt, höre ich auf. Es ist so viel Schmerz in dieser Welt. Kann irgendjemand von uns dem entgehen? Ich bitte ihn, in einer Woche wiederzukommen. Dann werden wir uns zusammen Berufliche Fähigkeiten führen zum Erfolg ansehen. Er geht in seiner Hülle aus Tinte und Leder. Ich schließe die Tür hinter ihm und mache mich auf die Suche nach Marcie.
    »Ja?«, sagt sie und blickt von ihrem Computer hoch.
    »Mach es«, sage ich zu ihr. »Finde sie.«
    Marcie lässt einen ihrer Hosenträger schnalzen und grinst. »Schon erledigt«, sagt sie. »Aber versprich mir, dass dieses kleine Abenteuer sich nicht auf die Sache mit dem Metzger auswirkt.«
    »Versprochen«, sage ich. »Außerdem ist er Geschäftsführer.«
    »Gut«, sagt sie und wendet sich wieder ihrem Computer zu. »Und jetzt musst du bei dem Zahnarzt in Mineola anrufen. In der Wäscheabteilung geht es drunter und drüber. Eleanors Nachthemden werden anscheinend immer aufreizender.«

22
Sehe ich aus wie jemand, den Sie kennen?
    »Zambie! Geh mal an die Tür!«, bellt Marcie. Sie klebt förmlich vor ihrem Computer, der auf dem langen, glatten Eichenschreibtisch bei ihr zu Hause steht. Wir sind bereits den ganzen Samstagvormittag im Chatroom des Little Flower Homes für unverheiratete Mütter eingeloggt und lesen die herzerweichenden Geschichten der Mutterlosen, Verlassenen und noch immer Suchenden.
    »Sieh dir das mal an«, sagt Marcie und deutet auf den Bildschirm.
    HI ICH SUCH NACH MEINA SCHWESTER THESHIA JONES HOFFE ES GET DIR GUT UND DU BIST GESUNT . Die Nachricht stammt von einer gewissen Shondel P. Es folgt eine noch rührendere, geschrieben von einer Frau namens theresa617. Sehe ich aus wie jemand, den Sie kennen? Mit eingestellt wurde das Foto einer blassen Theresa, die einen Stoffpudel in einem rot glänzenden Strampelanzug im Arm hält.
    »Das ist ja deprimierend«, sage ich und erhebe mich von dem Stuhl neben Marcies. »Warum sehen wir uns das alles an? Ich weiß, wer meine biologischen Eltern sind. Ich weiß nur nicht, wo sie sind.«
    Heute trägt Marcie schlabberige Baggypants im Gangsta-Stil, die mehrere Zentimeter unter ihrem spitzenbesetzten String hängen. »Das war dein Ankunftshafen«, erklärt sie. Sie redet mit mir, als wäre ich geistig zurückgeblieben. »Willst du nicht deine Kumpel aus der Nachbarschaft kennenlernen?«
    »Diese Menschen

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