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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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Frischhaltefolie gewickelt und weggestellt.
    Am Telefon hatte Mickey an seiner Version festgehalten, ganz egal, was ich auch sagte, um ihn davon abzubringen. Sie lag in der Küche. Auf dem Boden. Pulkowski wusste Bescheid. McClain’s Beerdigungsunternehmen. Komm. Komm. Soll ich dich holen?
    Natürlich nicht, hatte ich ihm gesagt. Ich habe das Auto.
    Ich kann fahren. Jetzt kehre ich hastig in das Heim meiner Kindheit zurück und folge den Anweisungen des Routenplaners in umgekehrter Reihenfolge, damit ich bei Pulkowski sein kann, bei ihm sitzen und mit ihm Helens Trauerfeier planen kann. Mickey sagte, er werde da sein, wenn ich ankomme, und die Vorstellung, heute Abend in seinen Armen zu liegen, erfüllt mich mit einer schuldbewussten Freude, die meinen Schmerz durchdringt.
    Johnny Bellusa wird noch warten müssen. Was Alexa angeht, seine entlaufene Freundin, so weiß sie nicht einmal, dass unsere Mutter tot ist.

27
Leb wohl, Miss Rheingold
    Gegen Mitternacht stecke ich den Schlüssel in das Schloss von Helens Eingangstür und schleiche auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. Da liegt Pulkowski in seinem Fernsehsessel und starrt ins Leere. Ich setze mich einfach ihm gegenüber auf das abgeschabte alte Sofa, das Helen nie austauschen wollte.
    »Daddy?«, flüstere ich. Er bewegt sich, als erwache er aus einer Trance.
    »Ach, Kindchen«, sagt er, beugt sich dann vor und drückt mich fest an sich.
    »Ich bin ja da«, flüstere ich.
    »Es ist so spät«, sagt er. »Deine Mutter hätte sich sicher Sorgen gemacht.«
    Mickey kommt mit einer Tasse Tee herein, während ich in Daddys nach Waschmittel duftendes Hemd schluchze. Er stellt sie neben Pulkowski auf Helens Tablett ab. Sein Haar ist zerwühlt, und er sieht müde aus, aber sein Gesicht ist das Wundervollste, was ich seit Tagen gesehen habe. Er zieht mich in seine Arme und drückt mich fest an sich.
    »Rosie«, haucht er in mein Haar. »Da bist du ja endlich.« Er hält mich wie ein Mann, der mich vielleicht liebt, aber wer weiß? Er ist ein guter Mann. Das kann nur an Helens Tod liegen.
    Wir alle schlafen mehr schlecht als recht irgendwo im Wohnzimmer. Pulkowski bleibt in seinem Fernsehsessel, den er zurückklappt wie den Behandlungsstuhl beim Zahnarzt. Er döst mit offenem Mund, als warte er tatsächlich auf den Zahnarzt oder auf einen letzten Kuss von Helen. Als sein Atem regelmäßig wird, kuschele ich mich auf dem kratzigen Sofa an Mickeys Brust zusammen und schlafe dort.
    Am nächsten Morgen frühstücken wir in einem Zustand der Benommenheit. Mickey bereitet Pulkowski Toast zu, und ich sitze neben ihm und halte seine Hand. Helen scheint bei uns zu sein, scheint im Dampf unseres Kaffees zu schweben und mit der Lautstärke des Fernsehers herumzuspielen. Wir können sie spüren, aber nicht sehen. Das lässt uns alle schweigen.
    Nach dem Frühstück machen Mickey und ich uns mit einer Kleidertüte, die wir mit Pulkowski gepackt haben, auf den Weg zu McClains Beerdigungsunternehmen. Wir sitzen in einem kleinen Büro mit weinroter Velourstapete, zwischen uns und dem Leiter des Beerdigungsunternehmens steht ein schwerer dunkler Holzschreibtisch. Beim Anblick des Kleides, das Pulkowski für Helens Beerdigung ausgesucht hat, zieht selbst der alte Frank McClain eine Augenbraue hoch. Vermutlich hat er seit 1959 kein perlenbesticktes weißes Hemdblusenkleid mit weit schwingendem Rock mehr gesehen. Aber Helen hat ihr offizielles Tanzkleid im Bowling-League-Stil geliebt, genauso wie Pulkowski. Ich reiche es dem Leiter zusammen mit Helens Perlenkette. In der Papier-tüte auf meinem Schoß habe ich außerdem ihren roten Lippenstift, den Nagellack und ihr Parfüm »Evening in Paris«.
    »Sie wollen also, dass wir Mrs Pulkowski mit diesen Sachen ausstatten?«, fragt er taktvoll. Und ob, denke ich. Sie bahren schließlich eine Frau auf, die Miss Rheingold hätte sein können .
    »Ja, bitte«, erwidert Mickey und geleitet mich dann am Ellbogen aus dem Beerdigungsunternehmen.
    Auf dem Heimweg schluchze ich lautlos. Mickey drückt meine Hand, doch daraufhin weine ich nur lauter und hemmungsloser. Ich trommele mit den Fäusten auf das Armaturenbrett seines Wagens, und all die Wut und die Trauer, die ich Pulkowski zuliebe zurückgehalten habe, quellen aus mir heraus. »Verdammt und zugenäht!«, schluchze ich. »Das ist typisch Helen. Hat sie das getan, weil ich mich auf die Suche nach Johnny Bellusa gemacht habe?«
    »Spinn nicht rum«, sagt Mickey und biegt dann auf den Parkplatz des

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