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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nella Larsen
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riskieren und bei dir vorbeischauen, ’Rene, oder anrufen und ein Treffen vereinbaren, als ich dir über den Weg lief. Was für ein glücklicher Zufall!«
    Irene stimmte zu. »Es ist das erste Mal, dass ich seit fünf Jahren daheim bin, und jetzt bin ich fast im Begriff abzureisen. Eine Woche später, und ich wäre weg gewesen. Und wie in aller Welt hast du Gertrude gefunden?«
    »Im Telefonbuch. Ich habe mich an Fred erinnert. Sein Vater hat noch immer die Metzgerei.«
    »Ah ja«, sagte Irene, der das erst eingefallen war, als Clare es erwähnte, »in der Cottage Grove neben –«
    Gertrude mischte sich ein. »Nein. Dort nicht mehr. Wir sind in der Maryland Avenue – hieß mal Jackson. Nahe bei der Sixty-third Street. Und die Metzgerei gehört Fred. Derselbe Name wie sein Vater.«
    Irene dachte, Gertrude sieht aus, als sei ihr Mann Metzger. Keine Spur mehr von ihrer jugendlichen Hübschheit, die in der Highschool-Zeit so bewundert wurde. Sie war breit geworden, fast fett, und obwohl ihr großes weißes Gesicht faltenlos war, alterte die so glatte Haut irgendwie vorzeitig. Ihr schwarzes Haar war kurz geschnitten, und durch ein unseliges Haarmittel war alle Naturkrause verschwunden. Ihr aufgetakeltes Georgettekleid war zu kurz und gab eine erschreckende Menge Bein frei, stämmige Beine in dünnen Strümpfen von einem kräftig rosa-beigen Ton. Ihre molligen Hände waren frisch und unprofessionell manikürt – wahrscheinlich für den Anlass. Sie rauchte nicht.
    Clare sagte – und Irene meinte, dass ihre rauchige Stimme etwas spitz klang: »Bevor du da warst, Irene, hat Gertrude mir von ihren beiden Jungen erzählt. Zwillingen. Man stelle sich das vor! Ist doch einfach fabelhaft, oder?«
    Irene fühlte, dass ihr Wärme in die Wangen stieg. Unheimlich, wie Clare erraten konnte, was man dachte. Irene war zwar ein wenig pikiert, aber im Verhalten völlig locker: »Das ist schön. Ich selbst habe zwei Jungen, Gertrude. Allerdings keine Zwillinge. Es scheint, dass Clare ziemlich hintendran ist, nicht?«
    Gertrude jedoch war da nicht sicher, ob Clare nicht am besten weggekommen war. »Sie hat ein Mädchen. Ich wollte immer ein Mädchen. Und Fred auch.«
    »Ist das nicht ein bisschen ungewöhnlich?«, fragte Irene. »Die meisten Männer wollen Söhne. Vermutlich aus Egoismus.«
    »Fred jedenfalls nicht.«
    Das Teegeschirr stand auf einem niedrigen Tisch an Clares Seite. Sie widmete sich ihm jetzt und goss die satt bernsteinfarbene Flüssigkeit aus einer großen Karaffe in vornehme schlanke Gläser und reichte sie ihren Gästen, dann bot sie Zitrone an oder Sahne, dazu winzige Sandwiches und kleine Kuchen.
    Nachdem sie ihr eigenes Glas genommen hatte, erklärte sie: »Nein, ich habe keine Jungen, und ich glaube nicht, dass ich je welche haben werde. Leider. Ich bin in den ganzen neun Monaten vor Margerys Geburt vor Angst fast gestorben, dass sie schwarz sein könnte. Gott sei Dank war alles in Ordnung mit ihr. Aber ich werde es nie wieder riskieren. Niemals! Der Druck ist einfach zu – zu höllisch.«
    Gertrude Martin nickte voller Verständnis.
    Dieses Mal sagte Irene nichts.
    »Das musst du mir nicht sagen!«, sagte Gertrude heftig. »Ich weiß genau, was es bedeutet. Vielleicht denkst du, ich hätte keine Todesängste ausgestanden. Fred hat gesagt, ich sei verrückt, und auch seine Mutter hat das gesagt. Natürlich haben sie bloß geglaubt, das sei nur so eine Idee, die ich aufgeschnappt hätte, und schrieben es meinem Zustand zu. Sie wissen nicht wie wir, dass es weit zurückgehen kann und das Kind dunkelhäutig herauskommt, ganz gleich, was für eine Hautfarbe Vater und Mutter haben.«
    Schweiß stand ihr auf der Stirn. Ihre zusammengekniffenen Augen drehten sich zuerst in Clares, dann in Irenes Richtung. Während sie sprach, fuchtelte sie mit den plumpen Händen herum.
    »Nein«, fuhr sie fort, »auch ich will keine weiteren Kinder. Nicht einmal ein Mädchen. Es ist schrecklich, wie es Generationen überspringt und dann herausplatzt. Gut, er hat sogar gesagt, ihm sei es egal, welche Farbe da rauskommt, wenn ich nur aufhören würde, mir deshalb Sorgen zu machen. Aber natürlich will doch niemand ein dunkelhäutiges Kind.« Ihre Stimme war ernst, und sie setzte voraus, dass ihre Zuhörerinnen mit ihr übereinstimmten.
    Irene, deren Kopf mit einem kleinen Ruck hochgeschnellt war, sagte nun mit einer Stimme, auf deren ruhigen Ton sie stolz war: »Einer meiner Jungen ist dunkelhäutig.«
    Gertrude fuhr zusammen, als

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