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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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ich jetzt leider auch nach Hause. Es ist schon spät. Tim bringt Kai morgen ziemlich früh vorbei. Er hat Prüfungen und muss lernen, und Kais Kindergarten ist zu, wegen der Ferien und …« Ich plapperte nervös vor mich hin, dabei machte Hannes keine Anstalten mehr, mich ins Bett zurückzuziehen. Im Gegenteil, er stand ebenfalls auf, zog sich an und begleitete mich wortlos zur Tür. Dort verabschiedete er mich höflich, ohne Kuss oder Umarmung.

Unbelügbar
    Ich fühlte mich wie gerädert, als ich am nächsten Morgen um sieben in Tinas Küche taumelte und mir einen Kaffee eingoss.
    »Na, war wohl etwas später gestern Nacht, hm?«, zog Tina mich auf, bevor das Koffein überhaupt meine Blutbahn erreicht hatte. Ich hatte nach dem Abend mit Hannes kein Auge zugetan. Stattdessen hatte ich ernsthaft in Erwägung gezogen, meinen Job per E-Mail zu kündigen. Denn wie ich es auch drehte und wendete, ich hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Mir fiel kein Ausweg ein, der es mir ermöglichte, meinem Chef nach diesem peinlichen Abgang noch als Mitarbeiterin unter die Augen treten zu können, und keine kostspielige Identitätsumwandlung beinhaltete.
    »Wer war denn der Glückliche?«, bohrte Tina weiter, vermutlich, weil sie wusste, dass ich so früh am Morgen am leichtesten zu löchern war.
    »Wieso, ich war im Kino, sonst nichts.« Ich nahm einen großen Schluck Kaffee und hoffte, meine hämmernden Kopfschmerzen würden davon endlich verschwinden.
    »Mmh, Kino. Alleine?«
    Mein Gott, sie war ja schlimmer als meine Mutter, damals, als ich über jeden meiner Schritte peinlich genau Auskunft geben musste, und das nur, weil ich mit fünfzehn zweimal von der Polizei nach Hause gebracht worden war.
    »Ja«, murmelte ich, aber als Tina mich über ihren Tassenrand hinweg streng ansah, revidierte ich meine Aussage schnell. »Nein.«
    »Womit wir wieder beim Anfang wären. Mein Gott, Karina, ich hab nicht ewig Zeit. Natürlich warst du nicht alleine im Kino, sonst würdest du nämlich nicht klammheimlich mitten in der Nacht die Treppen hochschleichen. Also, wer ist denn nun der Mann für zwischendurch?«
    »Du kannst an meinem Gang erkennen, dass ich mit einem Typen im Kino war?« Ich wusste zwar, dass es zwecklos war, vor Tina etwas verbergen zu wollen, aber ich hatte ihre Technik bislang nie wirklich durchschaut. Sie grinste mich an.
    »Nein, aber daran, dass du mein Parfüm benutzt hast. Das ganze Bad roch gestern Abend danach.«
    Sie war gut. Sehr gut sogar. Ließ mich erst in eine komplett falsche Richtung tappen, damit ich quasi von selbst alles zugab, nur um dann die Falle zuschnappen zu lassen.
    »Also, ich warte.« Sie schaute ungeduldig auf ihre Uhr.
    »Ich war mit meinem Chef im Kino. Jetzt glücklich?«
    Offenbar nicht, denn Tina sah mich entsetzt an. »Das gibt es doch nicht, Schätzchen, ich dachte, das Thema hätten wir geklärt!«
    »Wir wollten ja auch nur unsere Zusammenarbeit entkomplizieren. Mehr nicht.«
    »Indem ihr noch mal miteinander schlaft. Toller Plan.«
    Jetzt sah ich sie entsetzt an. Das konnte sie nun wirklich nicht an dem Parfüm gerochen haben.
    »Und woher weißt du, dass ich mit ihm geschlafen habe?«
    Trotz ihrer Entrüstung konnte Tina die Genugtuung über ihre erfolgreiche Strategie nicht ganz verbergen. »Weil du es mir gerade gesagt hast.«
    Ich verdrehte die Augen. Sie war nicht nur gut. Sie war unbelügbar. Tina schlug mir mit der flachen Hand vor die Stirn.
    »Karina, ehrlich«, zischte sie mir wütend zu. »Du weißt, dass ich eine große Verfechterin von ›Ich tröste mich mit irgendeinem süßen Kerl über meine letzte Trennung hinweg-Sex‹ bin …« Ich nickte müde, denn darunter hatte ich die letzten Wochen nun wirklich gelitten. »Aber doch nicht mit dem eigenen Chef. Auch noch zum zweiten Mal. Weißt du eigentlich, was das bedeutet?«
    »Eine Gehaltserhöhung?«, fragte ich vorsichtig. Aber Tina war jetzt nicht zu Scherzen aufgelegt. Sie wollte mir schon wieder einen Klaps auf die Stirn geben, aber dieses Mal sah ich den Angriff kommen und wich aus. »Ich weiß ja, dass ich Scheiße gebaut habe.«
    »Aber?«, fragte Tina leicht genervt und ich sah sie verdutzt an.
    »Ja nichts aber. Ich habe Scheiße gebaut. Punkt.«
    »Schön, na dann sieh mal zu, wie du aus diesem Punkt ein Komma machst. Ich geh duschen.«
    Während ich noch darüber nachgrübelte, was sie mir damit sagen wollte, klingelte es, und das nächste Problem wartete an der Tür auf mich. Ich sprang entsetzt auf.

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