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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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Welt mit sich herumtragen, und Sie laufen gerne, vor allem weg, vor allem vor mir. Also bei einem Remake von Außer Atem wären Sie meine erste Besetzung.«
    Amüsiert sah ich ihn an. Mit einem französischen Autorenfilm war ich noch nie verglichen worden, auch wenn mir die Treffsicherheit seiner Beschreibung ein wenig Unbehagen bereitete.
    »Das wäre aber ein schlechter Film.«
    »Ich würde ihn mir trotzdem anschauen.«
    Flirtete er jetzt etwa mit mir?
    Er lächelte mich an. »Mehrmals, versteht sich.«
    Ja, er flirtete mit mir. Eindeutig. So eine Unverschämtheit!
    Während ich noch überlegte, wie ich ihn auf elegante Weise an unsere Abmachung erinnern konnte, beugte er sich zu mir herüber und gab mir einen Kuss. Leicht und zärtlich, als wäre es das Normalste auf der Welt.
    Nein, er flirtete nicht mit mir. Er hatte die Stufe im Schnellvorlauf durchschritten und war direkt zur nächsten übergegangen.
    Völlig perplex sah ich ihn an. »Ich dachte, das sollte ein Abend zum Entspannen werden.«
    »Ich bin unheimlich entspannt, und Sie?«
    »Ich dachte, Ihr Plan war, den ursprünglichen Zustand zwischen uns wiederherzustellen.«
    »Ja, das war mein Plan. Aber bei der Umsetzung improvisiere ich gerne mal. Tut mir leid. Popcorn?«
    Er hielt mir allen Ernstes die Popcorntüte hin, als wäre nichts gewesen. Ich nahm mir stumm eine Handvoll und steckte mir ein Popcorn nach dem anderen in den Mund, ohne Hannes aus den Augen zu lassen.
    »Ich versichere Ihnen, ich überfalle Sie nicht noch einmal. Sie können ruhig zur Leinwand schauen. Der Film hat schon an…«
    Aber bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, küsste ich ihn zurück.
    Wir verpassten den Anfang des Films und nach einigen Minuten intensiver Knutscherei, die von unseren Sitznachbarn mit zunehmendem Kichern und Räuspern bedacht wurde, beschlossen wir, dass uns auch der Rest des Films egal war.
    Ich stellte fest, dass es sogar weniger als zweihundert Meter vom Kinosessel in sein Bett waren.

Büro und Bett
    Dieses Mal hatte Hannes keine Hemmungen, mir sein Schlafzimmer zu zeigen, und ich fand sein Bett auch wesentlich bequemer als das Sofa. Es ging ihm also nur um Sex, dachte ich. Na gut. Wenn ich mich schon mit jemandem über Tim hinwegtrösten sollte, dann bitte schön mit Stil. Hannes war schließlich keine schlechte Wahl. Er wusste offenbar genau, was er wollte und wie er es bekam. Er war ein guter Küsser, das war mir schon beim letzten Mal aufgefallen. Dass der Sex mit ihm auch nicht so übel war, hatte ich letztens dagegen kaum wahrgenommen. Dafür war ich in Gedanken zu sehr mit Tim beschäftigt gewesen. Auch jetzt war es komisch, jemand anderen als ihn im Arm zu haben. Nach über vier Jahren Sex mit Tim hatte sich mein Körper auf ihn eingestellt. Meine Hände kannten jeden Zentimeter seiner Haut, meine Lippen seine Küsse. Mit Hannes war alles anders. Gut, aber anders. Es war mein erster bewusster Ich-will-Tim-vergessen-Sex und währenddessen dachte ich an nichts anderes als an Sex mit Tim.
    »Ist alles in Ordnung?« Hannes strich mir sanft durch die Haare, nachdem wir eine Weile schweigend nebeneinander gelegen hatten.
    Ich nickte und lächelte ihn schwach an. »Ich muss nur mal eben für kleine Sportjournalistinnen.« Das stimmte zwar nicht, aber seine Geste war mir mit einem Mal zu vertraut. Sex meinetwegen, aber Zärtlichkeit danach, ohne mich.
    »Gerade aus, dritte Tür links.«
    Schnell zog ich mein T-Shirt über und schlüpfte aus dem Bett. Ich blieb bestimmt eine Viertelstunde im Bad und wanderte anschließend noch eine Weile durch das weitläufige Loft, das immer noch erschreckend leer und unbewohnt wirkte, in der Hoffnung, Hannes wäre eingeschlafen, wenn ich zurückkam. Dann konnte ich ihm schnell eine belanglose Nachricht hinterlassen und mich heimlich aus dem Staub machen. Ansonsten wäre es wohl etwas unhöflich, nach dem Sex gute Nacht und tschüs zu sagen. Wir hatten ja kaum fünf Sätze miteinander gewechselt. Leider war Hannes hellwach, als ich wiederkam, und las. Ich blieb unschlüssig vor dem Bett stehen.
    »Ich wollte gerade einen Suchtrupp nach Ihnen losschicken.«
    Wie bitte? Wir waren immer noch beim Sie? Ich musste gegen meinen Willen lachen.
    »’tschuldigung, ich weiß ja, dass Sie aus Berlin kommen und dass man da etwas distanzierter miteinander umgeht als hier im Rheinland, aber eine Frage würde mich schon interessieren«, sagte ich, während ich nach einer Ausrede suchte, nicht zurück zu ihm ins Bett steigen zu

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