Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
Vom Netzwerk:
recht entscheiden und sah ihn entrüstet an.
    »Es muss ja nichts Großes sein«, schränkte er schnell ein. »Kino, Kneipe, oder mal einen Kaffee zusammen, natürlich nicht in unserer Kantine.«
    »Sie meinen das jetzt wirklich ernst?«
    »Ja, natürlich.« Er setzte sich an seinen Schreibtisch und wirkte so, als würde er mit mir seine Anmerkungen zu einem meiner Artikel durchgehen. »Ich weiß, Ihre Trennung ist noch nicht so lange her, und ich will mich auch nicht aufdrängen. Wie gesagt, es geht mir nur darum, diese komische Spannung zwischen uns ein bisschen zu lösen. Ich halte Sie nämlich für eine gute Journalistin und möchte ungern, dass diese Geschichte weiterhin unsere Zusammenarbeit belastet.«
    »Kino!« Vor lauter Erleichterung, nicht gefeuert worden zu sein, war es mir schneller rausgerutscht als gewollt. Er sollte schließlich nicht denken, ich wäre zu allem bereit, nur weil er mein Chef war.
    »Kino. Ausgezeichnet. Da müssen wir uns noch nicht einmal unterhalten. Heute Abend?«
    Jetzt hatte er es aber ziemlich eilig. Ich sagte zu und hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Bevor ich sein Büro verließ, vergewisserte ich mich lieber, ob ich ihn auch richtig verstanden hatte: »Also, nur um das noch mal klarzustellen, das ist keine Verabredung.«
    Hannes sah mich fragend an, und ich war gezwungen, eine freundliche Umschreibung für »Ich gehe nicht mit Ihnen ins Bett« zu finden. Denn damit hätte ich ihm wieder etwas unterstellt, was Angestellte ihrem Chef nun mal nicht unterstellen sollten, zumindest nicht ohne ihren Anwalt. Verdammt, hätte ich doch nur auf Tina gehört und die Finger von diesem Kerl gelassen. »Ich meine, es ist keine Verabredung im klassischen Sinne«, brach ich mir einen ab. »Zwischen Chef und Mitarbeiterin, also Mann und Frau …«
    Jetzt hatte Hannes verstanden und grinste mich frech an. »Abgesehen davon, dass Sie eine Frau sind und ich ein Mann und Sie sich gerade mit Ihrem Chef fürs Kino verabredet haben, ist das die deutlichste Nichtverabredung, die ich jemals mit einer Frau und Mitarbeiterin hatte, ja!«
    Manchmal wünschte ich mir, er würde sich nicht immer so kompliziert ausdrücken.

    Hannes war spät dran. Ich stand ungeduldig im Foyer und überlegte, was ich von dieser Nichtverabredung halten sollte. Vielleicht hätten wir unser angespanntes Arbeitsverhältnis doch eher auf andere Art bereinigen sollen, als an den Ausgangspunkt des Verbrechens zurückzukehren. Aber jetzt war es zu spät. Hannes kam gerade durch die Schwingtür gehetzt und sah sich suchend um. Ich winkte ihm kurz zu.
    »Tut mir leid. Die Ergebnisse kamen so spät rein. Haben Sie die Karten schon geholt?«, fragte er.
    »Äh, nein, ich dachte, das ist Ihre Aufgabe.«
    »Weil ich der Mann bin oder der Chef?«, stichelte er.
    »Weil Sie mehr Geld verdienen.«
    »Höre ich da etwa einen Vorwurf heraus?« Er lachte. »Normalerweise bestehe ich bei Nichtverabredungen ja auf getrennte Kassen, aber ich will dieses Mal nicht so sein.«
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf, musste aber zugeben, dass es funktionierte. Meine Anspannung war im Nu verflogen, und als wir vollbeladen mit zwei Flaschen Bier und einer Jumbopackung Popcorn in den Kinosesseln Platz nahmen, konnte ich wieder mit ihm plaudern, ohne rote Wangen und Schweißausbrüche zu bekommen.
    »Und wie oft haben Sie diesen Film schon gesehen?«
    Hannes winkte ab. »Nicht oft, höchstens dreimal. Aber außer, dass es die schizophrene Schwester war, ist mir nie etwas von dem Film in Erinnerung geblieben.«
    »Nee, ne? Sie haben mir jetzt nicht gerade das Ende verraten, oder?«
    »Als würde es Ihnen heute Abend ernsthaft um den Film gehen.«
    Ich sah ihn entgeistert an. Er schaffte es, mich immer genau dann aus dem Gleichgewicht zu bringen, wenn ich mich gerade mit dem Gedanken angefreundet hatte, seine Gegenwart wieder unproblematisch zu finden.
    Er lachte mich gut gelaunt an. »Oder liege ich falsch?«
    »Ich gucke mir gerne Thriller an«, erwiderte ich möglichst überzeugend, dabei hatte ich den Film nur ausgewählt, um nicht wieder in einer amerikanischen Liebeskomödie mit ihm zu landen. Die erschien mir für eine Nichtverabredung etwas ungeeignet.
    »Wirklich? Ich hätte Sie mehr in die Ecke französischer Autorenfilm gestellt, aber so kann man sich irren.«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Sie reden gerne und viel. Sie haben diesen dunklen, leicht melodramatischen Blick, als würden Sie das Gewicht der

Weitere Kostenlose Bücher