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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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Thema.
    »Also …«, begann Tim vage.
    »Also …«, schloss ich mich ihm an.
    »Das Weihnachtsessen bei deiner Mutter.«
    »Ein Ausrutscher!«
    »Genau.«
    Wow. Das ging schnell. So schnell waren wir uns ja noch nie über eine Sache einig geworden. Er sah es also genauso wie ich. Was für eine Erleichterung. Damit war das Wichtigste schon mal vom Tisch. Wir schwiegen uns an. Tim sah auf den Fußboden, ich suchte mir ein anderes unproblematisches Ziel, das ich mit meinem Blick fixieren konnte.
    »Ich meine, ich wollte nicht …«, begann er wieder.
    »Nein, nein, ich auch nicht«, versicherte ich ihm schnell, bevor er überhaupt zu Ende geredet hatte.
    »Ich hoffe, du hast deswegen keine Probleme mit Hannes bekommen.«
    »Nein, keine Sorge«, sagte ich schnell und gestand dann doch: »Ich habe es ihm nicht erzählt.«
    »Ich Sarah auch nicht.«
    »Gut.«
    »Ja.« Unsere extreme Einigkeit kam mir allmählich fast unheimlich vor.
    »Ich meine, ich hätte es Hannes erzählen können, aber es war ja nur …«
    »Ein Ausrutscher, eben, genau. Warum schlafende Hunde wecken.«
    »Ja, allerdings.«
    Man könnte meinen, dass wir die Sache damit ausgiebig geklärt hätten und jeder vernünftige Expartner hätte sich jetzt vermutlich erleichtert einem unkomplizierteren Thema zugewandt. Nicht so Tim, der zunächst das heikle Thema in wirklich allen Facetten besprechen wollte.
    »Dann war das bei deiner Mutter quasi …« Er beendete den Satz ganz bewusst nicht, weil er die Definition von mir hören wollte. Diese wenig subtile Art von indirekter Frage hatte er sich zu meinem Leidwesen als Lehrer angewöhnt.
    »… unser verspäteter Abschiedssex, würde ich sagen.«
    Tim nickte und sah mich einen Moment lang äußerst merkwürdig an.
    »Gut, ich bin froh, dass wir das geklärt haben. Ich fände es nämlich schade, wenn das zwischen uns stehen würde.«
    »Nein, nein. Tut es nicht«, versicherte ich ihm noch einmal mit meiner ganzen Überzeugungskraft.
    »Wir bleiben also …«
    »Freunde, ganz genau.«
    Ich wurde langsam unsicher, ob Tim es wirklich genauso sah wie ich. Weil er verdammt lange auf der Angelegenheit herumritt, dafür, dass wir uns schon nach zwei Sekunden geeinigt hatten. Oder hatte er vielleicht bedingt durch lange Abende am Kamin in schneebedeckten Berglandschaften einen etwas verklärten Blick auf unseren Ausrutscher entwickelt?
    »Es war ja auch nicht besonders schön«, versuchte ich ihn daran zu erinnern.
    »Nicht?«, fragte Tim irritiert.
    »Na ja, der Boden war hart, die anderen standen praktisch vor der Haustür, und es dauerte geschätzte zehn Sekunden.«
    »Hm, dann behältst du den Sex mit mir also in schlechter Erinnerung?«, lachte Tim etwas unsicher.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte ich irritiert. »Ich meine, den speziell vielleicht, aber … Was soll das, Tim? Worum geht es hier gerade?«
    Tim zuckte unschuldig mit den Schultern. »Ich finde nur, dass unsere Beziehung einen würdigeren Abschluss verdient hätte.«
    Er kam zögerlich auf mich zu, und ich machte schnell ein paar Schritte zurück hinter den Küchentisch, um eine Barriere zwischen uns aufzubauen.
    »Was hast du vor?«, fragte ich nervös.
    Aber ich ahnte allmählich, was er vorhatte. Es war auch nicht gerade schwer, es von seinen Augen abzulesen. Seinen unverschämt grünen Augen, die mich aus seinem braungebrannten Ski-Urlaubs-Gesicht anstarrten, als könnten sie keiner Fliege was zuleide tun. Verdammt, er wusste immer noch genau, welche Masche bei mir zog. Vielleicht war es noch nicht mal eine Masche, aber genau deswegen wirkte es ja auch so gut.
    »Soll ich gehen?«, fragte er leise und blieb stattdessen auf der anderen Seite des Tisches stehen.
    »Hannes kommt jeden Moment nach Hause«, brachte ich krächzend als einzigen, äußerst schwachen Einwand hervor und wusste selbst, dass es sich wie eine Einladung in mein Schlafzimmer anhörte.
    Tim ließ sich dementsprechend davon auch nicht weiter beeindrucken. »Dann müssen wir uns eben beeilen.«
    Ich schaute ihn fassungslos an. Seit wann war er so forsch? Das kannte ich überhaupt nicht von ihm, und zu meiner Schande musste ich mir eingestehen, dass er mir so fast besser gefiel als früher. Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Dann zog ich ihn über den Tisch hinweg zu mir und küsste ihn, was ein bisschen umständlich war, bis Tim den Tisch einfach zur Seite schob. Während ich ihm seinen Pullover auszog, stolperten wir über das Altpapier und fielen gegen das Gewürzregal. Tim

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