Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
Vom Netzwerk:
juristisch einwandfreien Anwaltsdeutsch, das sie wohl nur benutzte, um darüber hinwegzutäuschen, dass sie im Grunde einen glasklaren Betrug unterstützte.
    »Genau«, stimmte Tina ihr grinsend zu. »Und in abgesprochenen Lügen sind Aygün und ich ja geübt!«
    Sie zwinkerte Aygün verliebt zu, als wäre das nervenaufreibende »Wir kennen uns schon ewig und wissen genau, welche Zahnpasta er Schrägstrich sie benutzt«-Spiel mit dem Ausländeramt damals vor ihrer Hochzeit ein Zuckerschlecken gewesen.
    »Und wann heiratet ihr wieder?«, fragte ich etwas gereizt, weil ich die Scheidung immer noch für überflüssig hielt und das Thema endlich abhaken wollte. Aber Tina winkte nervös ab, denn meine Frage bedeutete schlechtes Karma. »Schhht. Woher willst du wissen, ob wir heiraten? Aygün muss mir schließlich erst mal einen Antrag machen.«
    Ich verdrehte die Augen. Diese Scheintrennung, Scheinverlobung und Scheinhochzeit wurden allmählich ganz schön anstrengend.
    »Willst du nicht auch bald mal heiraten?«, fragte Özlem mich mit ihrem unnachahmlichen Gespür für den falschen Moment, schließlich saß der einzige potentielle Kandidat, zumindest der einzige offizielle Kandidat, gerade neben mir und nippte unschuldig an seinem Cocktail. Ich dagegen spuckte meinen neu kreierten Ex-on-the-Beach in feinen Fontänen vor mir auf den Fußboden, bei dem vergeblichen Versuch, die Fassung zu bewahren und mich nicht zu verschlucken. Beides misslang redlich, und Tina und Özlem warfen sich wissende Blicke zu.
    Tina, die noch nie Rücksicht auf Anwesende genommen hatte, sah sich genötigt, Özlems Frage zu beantworten, dabei war ich mir sicher, dass Özlem nur an meinen Hochzeitsplänen interessiert war, weil sie in mir die ideale Kandidatin für ihre nächste Online-Scheidung sah.
    »Du kennst doch Karina«, erklärte Tina Özlem, als säße ich ihr nicht genau gegenüber. »Die nimmt Reißaus, wenn etwas auch nur nach Heiratsantrag riecht.«
    Wie unfair. Nicht nur, dass sie mir damit noch mal unter die Nase rieb, wie albern ich mich bei Hannes’ Kochversuch benommen hatte. Ich hatte noch nicht einmal die Gelegenheit, mich zu wehren, weil ich immer noch mit Husten und Aufwischen beschäftigt war.
    »Also, wenn ihr mich fragt«, erklärte Tina viel zu laut und bereits ziemlich angeschickert und ignorierte dabei die Tatsache, dass keiner sie fragte, »bekommt man aus Karina nur ein Ja-Wort heraus, wenn man sie überrumpelt. Sie darf nichts ahnen, keine Zeit haben, sich Gedanken zu machen. Am besten fragt man sie dann, wenn sie es am wenigsten erwartet.«
    Hannes tat so, als machte er sich Notizen und erntete damit Lacher von allen Seiten, außer meiner. Ich versuchte stattdessen, Tina endlich zum Schweigen zu bringen, die für meinen Geschmack dem Feind schon viel zu viele Informationen zugespielt hatte.
    »Das stimmt doch gar nicht«, konnte ich mich endlich wieder verteidigen. »Mich hat einfach noch keiner gefragt.«
    Dabei hätte ich Tina mit meinen Blicken am liebsten zwar nicht getötet, aber doch wenigstens mundtot gemacht. Leider funktionierte unsere wortlose Kommunikation ab einem gewissen Pegel nicht mehr.
    »Von wegen«, trällerte sie lautstark los. »Ich weiß von mindestens zwei Anträgen, die du abgelehnt hast. Und ich möchte nicht wissen, wie viele du mir verschwiegen hast.«
    Ich starrte Tina völlig entgeistert an. Wenn es ihr darum ging, Hannes zu verjagen, dann war sie auf jeden Fall auf dem richtigen Weg, denn ich hatte keine Ahnung, von welchen Anträgen sie sprach.
    »Da ist aber jemand ziemlich gefragt«, versuchte Hannes die peinliche Situation freundlicherweise zu retten, und ich rang mir ein dankbares Lächeln ab, bevor ich aufstand und Tina mit einer schlechten Ausrede hinter mir her zog.
    Ich knallte die Tür zur Damentoilette hinter mir zu und fauchte sie wütend an: »Was war das gerade?«
    »Die Klospülung?!«
    Das war zwar objektiv richtig – hinter uns machte ein Rauschen, das den Niagarafällen ebenbürtig war, die Unterhaltung vorübergehend unmöglich – aber nicht die Antwort auf meine Frage.
    »Zwei Anträge? Komischerweise kann ich mich nicht mal an einen einzigen erinnern!«
    »Natürlich nicht, Schätzchen. Weil du es verdrängt hast. Oder wie würdest du das bezeichnen, als Frank dich gefragt hat, ob du ihn heiraten willst?«
    Mein Gott, führte sie etwa Buch über meine größten Beziehungspannen? Das war eine halbe Ewigkeit her.
    »Das … das … das war doch gar nicht ehrlich

Weitere Kostenlose Bücher