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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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die hektisch blinkende LED seines piependen Empfängers blickt.
    »Das war’s wohl mit Feierabend«, ist sein lakonischer Kommentar. Über Funk informieren wir die anderen Fahrzeuge unserer Einsatzgruppe darüber, dass vermutlich ein Einsatz anliegt. Da wir auf der Autobahn unterwegs sind, fahren wir an der nächsten Raststätte ab, damit Jack die Einsatzleitstelle anrufen kann, um zu erfahren, was los ist. Als er wieder zum Auto kommt, haben wir uns schon um seinen Wagen versammelt und warten auf das, was er uns zu sagen hat.
    Jack wiegt, bevor er zum Reden ansetzt, seinen Kopf hin und her und beginnt mit seiner durch seine lokale Herkunft geprägten, leicht flapsigen Lageschilderung: »Jungs, ihr werdet’s nicht glauben, aber das hört sich an wie die Neuauflage des Shootouts am O. K. Corral. 4 In Kurzform: Älteres Ehepaar in einem Einfamilienhaus in R., beide haben Riesenzoff, das Wort Scheidung fällt, der Alte flippt ganz aus, holt sein Gewehr aus dem Schrank, denn er ist Jäger, und schießt auf seine Olle … Die ist aber auch nicht ohne, flüchtet in den Flur, schnappt sich eine Pistole, die ihr Göttergatte da zum Schutz vor Einbrechern deponiert hat, und gibt nach Hausfrauenart ebenfalls mal ordentlich ›Feuer‹ … Während der Ehemann in Deckung hechtet, macht sich ›Ma Baker‹ dünne und flüchtet aus dem Haus … Ob sie getroffen hat und der Alte möglicherweise verletzt ist? – Keine Ahnung. Ich nehme an, da werden wir wohl nachschauen müssen. Sicher ist aber, dass er noch lebt, denn er hat angedroht, jeden abzuknallen, der versuchen sollte, ins Haus zu kommen.«
    Natürlich grinsen wir alle über Jacks ureigene Lageschilderung, aber das Ganze ist selbst für unsere Verhältnisse doch ein ziemlich ungewöhnlicher Fall. Schließlich sind wir diejenigen, auf die der Herr des Hauses erklärtermaßen schießen will. Außer uns ist ja niemand so verrückt, sich einem Haus zu nähern, wo jemand mit einem Gewehr sitzt, mit dem er bereits auf seine Frau geschossen hat.
    »Weiß man, ob der Typ schon mal in Erscheinung getreten ist?«, fragt Luigi, ein mittelgroßer dunkelhaariger Kollege aus Jacks Gruppe. Luigi ist gar kein Italiener, sondern hat sich diesen Spitznamen bloß eingefangen, weil er so südländisch aussieht.
    Seine Frage zielt darauf ab, ob unsere Zielperson bereits in der Vergangenheit einmal polizeilich aufgefallen ist. Besonders interessant in diesem Zusammenhang sind für uns natürlich solche Delikte, die unter Anwendung von Gewalt oder in diesem Fall speziell unter Nutzung von Schusswaffen begangen wurden.
    »Das weiß ich leider noch nicht, die Ermittlungen laufen noch«, sagt Jack und ergänzt: »Die uniformierten Kollegen haben den Bereich abgesperrt und sorgen auch dafür, dass niemand mehr im Sichtbereich des Zielobjektes herumläuft und vielleicht zur Zielscheibe werden könnte.«
    »Weiß man denn schon, ob bei der Ballerei überhaupt jemand getroffen wurde?«, fragt Winni, ebenfalls ein Beamter aus Jacks Gruppe. Winni ist ausgebildeter Rettungssanitäter, zudem auch Sprengmeister und ein hervorragender Nahkämpfer mit einem schwarzen Gürtel im Ju-Jutsu, ein hochqualifizierter SEKler also.
    »Die Frau ist offensichtlich nicht verletzt, und ob sie ihren Alten getroffen hat, weiß sie, wie gesagt, nicht«, antwortet Jack, »die Sache ist derzeit noch mehr als undurchsichtig, und die Kollegen vor Ort werden versuchen, noch etwas mehr über die Umstände herauszufinden, während wir dahin unterwegs sind. Also, dann Blaulichter drauf und los …«
    Da wir, wie immer, wenn wir als einsatzbereite Gruppe unterwegs sind, zivile Fahrzeuge benutzen, müssen wir nun, um uns als Polizeifahrzeuge kenntlich zu machen, die mitgeführten Blaulichter montieren. Im Klartext: Wir müssen sie etwas umständlich mittels eines Schraubgestells an der Dachreling auf der Fahrerseite anbringen. Heutzutage sind diese Blaulichter mit einem Magnetfuß ausgestattet und werden bei Bedarf einfach auf das Fahrzeugdach gestellt, aber im Jahre 1993 konnte davon noch keine Rede sein.
    Mit Blaulicht und den in den Fahrzeugen installierten Signalhörnern bahnen wir uns nun unseren Weg durch den einsetzenden Berufsverkehr zu unserem Einsatzort, was zu unserem Glück aufgrund der zufällig recht geringen Entfernung nicht länger als 15 Minuten dauert.
    In einem ruhigen Stadtteil von R., der mit gepflegten Einfamilienhäusern bebaut ist, treffen wir schließlich auf die Absperrung der Kollegen des

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