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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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gestalten können. Es wäre schön, wenn wir ein paar Optionen hätten, die ich dem Polizeiführer vorschlagen könnte.«
    Wir können nie wissen, was bei einer Geiselnahme noch passieren wird, und müssen auf alle möglichen plötzlichen und unerwarteten Lageentwicklungen vorbereitet sein. Deshalb werden die ersten am Tatort eintreffenden SEK-Beamten regelmäßig als sogenannte Notreaktions- oder Notangriffskräfte eingesetzt, die jederzeit eingreifen können, wenn Leib und Leben der Geiseln akut bedroht sind. So ein Noteinsatz, in unserem Sprachgebrauch auch »Notzugriff« bezeichnet, wird nur dann angeordnet, wenn es darum geht, das Schlimmste zu verhindern. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Täter plötzlich anfängt Geiseln zu töten oder zu verletzen. Er muss in aller Regel plötzlich, ohne große Vorbereitung und im schlimmsten Fall mit wenig oder gar keinen Informationen über das Tatobjekt oder den/die Täter erfolgen und ist daher für die beteiligten SEK-Beamten mit einem sehr hohen persönlichen Risiko verbunden.
    Diese risikoreiche Aufgabe haben jetzt Heiner und die meisten Kollegen meines Kommandos übernommen. Wie bereits erwähnt, besteht unser Kommando zu diesem Zeitpunkt aus drei Einsatzgruppen, nämlich der von Heiner, Jack und der meinigen. In einem solchen Einsatz aber werden die Gruppen nicht geschlossen eingesetzt, sondern das Personal bunt gemischt und da verwendet, wo es benötigt wird. Lars, der noch keinen speziellen Auftrag bekommen hat, aber weiß, dass im Zuge eines möglichen Notangriffs jede zusätzliche Verstärkung willkommen ist, macht sich auf den Weg, um sich den Notzugriffskräften anzuschließen.
    Nachdem ich mich mit dem für die Aufklärungsmaßnahmen zuständigen Kollegen ausgetauscht habe und dieser mich auf den neuesten Informationsstand gebracht hat, beschließe ich, mir zunächst das Bankgebäude und auch die benachbarten Häuser selbst anzusehen. Zuvor gehe ich aber noch an unserem abgestellten Einsatzfahrzeug vorbei und lege, da ich einstweilen meine zivile Kleidung anbehalten möchte, eine sogenannte Leichtschutzweste an. Diese Weste ist, im Gegensatz zu der sonst üblichen über dem Einsatzoverall getragenen schweren Schutzweste, aus dünnerem Material gefertigt und ermöglicht das Tragen zumindest einer Jacke über der Weste, damit der Träger nicht direkt als Polizeibeamter auffällt. Die Schutzwirkung dieser Leichtschutzweste soll angeblich der der weitaus schwereren Einsatzweste nicht wesentlich nachstehen, zumindest nicht bei dem Beschuss mit Faustfeuerwaffen. Ich hege allerdings nicht die geringste Lust, diese Angaben auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und mich beschießen zu lassen, aber man kann ja nie wissen …
    Es ist für die Erarbeitung und Bewertung von möglichen Zugriffsvarianten unerlässlich, sich die Örtlichkeiten mit eigenen Augen anzusehen, selbst dann, wenn detaillierte Pläne vorliegen.
    Die Bankfiliale liegt im Erdgeschoss einer geschlossenen Häuserzeile. Ich will daher zunächst die sich links wie rechts direkt angrenzenden Gebäude genauer in Augenschein nehmen. Möglicherweise existiert eine Verbindung von diesen Häusern in das Innere der Filiale. Nicht sehr wahrscheinlich, aber zumindest einen Versuch wert. Und tatsächlich, obwohl ich fast nicht daran geglaubt habe: Von einer Anwaltskanzlei aus, die sich in der ersten Etage des Nebenhauses befindet, kann man über eine Verbindungstür in den Hausflur des Gebäudes mit der Bankfiliale gelangen. Diese Verbindungstür ist verschlossen, und da ich nicht weiß, wie es dahinter aussieht und ob der Täter möglicherweise Zugang zu dem Treppenhaus hat, frage ich über Funk in der Befehlsstelle nach.
    Ich schildere meinen Standort und informiere die Kollegen über das Auffinden der Zugangstür. Dann frage ich: »Ich könnte die Tür leise aufschließen und einen Blick in den Flur werfen. Soll ich?«
    Ich halte das Risiko, nach Aufschließen der Tür direkt auf den Täter zu treffen, zwar für gering, aber da zumindest theoretisch die Möglichkeit besteht, muss ich mir eine Maßnahme wie das Öffnen einer Tür in einen unbekannten, möglicherweise durch den Täter besetzten Bereich natürlich von der Befehlsstelle absegnen lassen.
    »Andreas hier«, meldet sich unser SEK-Einsatzleiter nunmehr selbst über Funk, »was sagen denn die Mitarbeiter des Anwaltsbüros, wie es hinter der Tür aussieht?«
    Die hatte ich natürlich bereits befragt. Ich kann also mitteilen: »Durch die

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