SEK – ein Insiderbericht
arbeitet, und genau wegen dieser Eigenschaften ist er für mich die erste Wahl. Darüber hinaus verbindet mich mit Otto bis zum heutigen Tag, nicht zuletzt wegen der nun folgenden Ereignisse, ein enges und freundschaftliches Verhältnis.
Als Otto die Befehlsstelle erreicht und ich ihm den Plan schildere, gibt es kein Stirnrunzeln oder Zaudern. Ihm ist – wie uns allen gleichermaßen – klar, dass wir schnellstmöglich handeln müssen, um eine drohende Katastrophe zu verhindern.
Piet hat inzwischen Max und Josef als Gewehrschützen ausgesucht und ebenfalls mit den beiden die erste Einweisung in den geplanten Einsatz durchgeführt. Max ist ein Kollege aus meiner Gruppe mit einem unglaublich trockenen Humor. Seine morgendlichen »Lesungen« aus der Tageszeitung beim gemeinsamen Frühstück sorgen oft für heftigste Lachanfälle bei allen Anwesenden. Er ist ferner als ehemaliger Boxer ein ausgezeichneter Nahkämpfer und als Präzisionsschütze ausgebildet. Dies trifft auch auf Josef zu, der zu Heiners Gruppe gehört und ebenfalls zu den eher ruhigen und sehr besonnenen Kollegen der Einheit zählt. Schließlich treffen wir, die wir an diesem geplanten Einsatz beteiligt sind, uns alle gemeinsam an dem Fenster der Messehalle, aus dem man den Bus und die Umgebung gut sehen kann. Rechts von diesem Fenster befindet sich eine Zugangstür vom Parkplatz in die Messehalle, die wir für unsere Zwecke zu nutzen gedenken.
Wir blicken von unserer Position aus auf einen Baucontainer, etwa zehn Meter entfernt. Die Entfernung von dem Container zu dem dahinter befindlichen Bus beträgt dann noch einmal etwa 15 Meter. Ich eröffne das Briefing: »Also, wenn der Täter sich im hinteren Bereich des Busses befindet, verlassen wir einzeln nacheinander das Gebäude durch die Tür und postieren uns hinter dem Baucontainer. Der Baucontainer ist unsere Sturmausgangsstellung.«
Piet ergänzt meinen Vortrag: »Ich werde für euch die Lage am Funk sprechen. Wenn der Täter sich wieder im vorderen Bereich des Fahrersitzes zeigt und klar zu erkennen ist, tretet ihr, Max und Josef, auf mein Stichwort aus der Deckung und beschießt ihn. Anschließend schießt ihr Sperrfeuer auf den Bereich hinter dem Fahrersitz, um zu verhindern, dass er möglicherweise noch einmal in den Passagierraum kommt, und um ihn in Deckung zu zwingen, falls er noch nicht handlungsunfähig sein sollte. Für euch Gewehrschützen kommt es darauf an, dass ihr euren zugewiesenen Feuerbereich während des Schießens insbesondere in Richtung Passagierraum keinesfalls verlasst. Denkt dran, hinter dieser Grenze sitzen die Geiseln …«
Und dann wieder ich: »Unter Schutz des Sperrfeuers laufen Otto und ich an den Bus heran. Sobald wir den Bus erreicht haben, stellt ihr das Feuer mit den Gewehren ein. Wir sind ziemlich nah an eurer Schusslinie, also passt bitte auf, wo ihr hinschießt, ok? Oder hab ich euch in letzter Zeit über Gebühr auf die Füße getreten, dass ich mir Sorgen machen müsste? …«
Ich grinse die beiden Gewehrschützen an, und Max und Josef grinsen breit zurück, während Max nur antwortet: »Nichts, was man mit Geld nicht aus der Welt schaffen könnte …«
Typisch Max eben! Ich fahre fort: »Wir werden durch die Fahrertür in den Bus eindringen, sicherstellen, dass der Täter handlungsunfähig ist und, was das Wichtigste ist, stellen in dem Bus einen kompletten Bewegungsstillstand her. Das heißt, alle Passagiere bleiben auf ihren Sitzen, bis Otto und ich den Bus so weit untersucht und sichergestellt haben, wie wir die Passagiere langsam und geordnet da herausbekommen, ohne etwa noch irgendeine Sprengladung auszulösen, wenn der Täter schon längst ausgeschaltet ist. Das wäre ziemlich dämlich …«
Ich blicke zu Gunnar, Heiners Stellvertreter als Gruppenführer, der die SEK-Kräfte anführen soll, die als Evakuierungskräfte eingeplant sind und bei plangemäßem Verlauf die von Otto und mir nach draußen dirigierten Geiseln in Empfang nehmen sollen. »Gunnar, deine Kräfte dürfen erst dann an den Bus herankommen, wenn wir dir von innen das Go dafür geben. Kein Risiko, ok?«
Ich schaue Gunnar lange in die Augen, und er nickt: »Alles klar, Peter, wir warten, bis wir das Ok bekommen.«
Nach diesen Worten blicken wir uns alle an, bereit, noch weitere, offene Punkte zu diskutieren. Aber alle scheinen den Plan, so riskant er auch sein mag, verstanden und akzeptiert zu haben.
»Sobald der Techniker da ist, bespreche ich mit Otto haargenau, wie wir
Weitere Kostenlose Bücher