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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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zulässigen Abfluggewichts mit unserer »Kaffeemühle« nicht in die Luft kommen …
    Meine drei Begleiter sind durch die Bank äußerst erfahrene SEK-Beamte mit vielen Jahren Einsatzerfahrung, trotz der geringen Anzahl eine äußerst schlagkräftige Crew!
    Natürlich haben wir unsere Einsatzausrüstung bereits angelegt, da wir nicht wissen, wie es vor Ort aussieht und wo der Hubschrauber letztendlich mit uns landen wird. Im besten Fall sollte er natürlich unmittelbar an der Schule aufsetzen, sodass wir sofort zum Einsatz kommen können.
    Doch es sollte, wie immer eigentlich, ganz anders kommen …
    Nachdem wir uns mit einiger Mühe in die enge Passagierkabine des Hubschraubers gezwängt haben und es mit noch mehr Anstrengungen gelungen ist, uns mit unserem ganzen am Körper befestigten Einsatzequipment tatsächlich festzuschnallen, beginnen die beiden Besatzungsmitglieder im Cockpit damit, die Triebwerke zu starten. Da wir wissen, dass es bei einer Amoklage auf jede Sekunde ankommt, sind wir natürlich entsprechend ungeduldig und können es kaum abwarten, bis unser Fluggerät endlich in die Luft kommt. Ich habe, wie beim Lufttransport per Hubschrauber üblich, eine Hör-/Sprechgarnitur auf dem Kopf. Damit kann ich den Funkverkehr der Besatzung mithören, auch selbst mit ihnen sprechen und überdies mit am Boden befindlichen Einsatzkräften Kontakt aufnehmen. Da es aber im Moment nichts zu besprechen gibt, folge ich nur den Gesprächen der beiden Besatzungsmitglieder, die die Maschine zum Start überprüfen. Schließlich höre ich, gedämpft durch meine Kopfhörer, das immer hellere Pfeifen der Triebwerke, der Rotor des Hubschraubers beginnt sich zu drehen, und die gesamte Zelle erzittert. Dann heben wir problemlos ab und fliegen unserem Ziel entgegen.
    Wir alle hängen unseren Gedanken nach, und jeder Einzelne denkt vermutlich an das, was ihn gleich erwarten wird. Seit Columbine und erst recht seit Erfurt haben wir etliche Übungen in Sachen Amoklauf absolviert und unser Vorgehen in diesem Bereich taktisch ausgefeilt. Allerdings sind wir bisher in unserem Wirkungskreis vom Ernstfall verschont geblieben, aber das ist nun mit dem heutigen Tag vorbei. Ich versuche mir kurz vorzustellen, in welches Chaos wir gleich hineingeraten werden, verdränge diese Gedanken aber sofort wieder, denn getreu dem Motto »Es kommt immer anders, als man denkt …« macht es derzeit wenig Sinn, sich irgendwelche Horrorszenarien vorzustellen.
    So versunken zwischen Grübelei und dem eintönigen Pfeifen des Rotors werde ich erst langsam wieder auf das Gespräch der Besatzung im Cockpit aufmerksam. Wir befinden uns mittlerweile unzweifelhaft in der Nähe des Zielobjekts, aber offensichtlich sind sich die beiden Piloten nicht sicher, wo genau dieses denn liegt. Wir fliegen eine Schleife und noch eine, während die beiden Besatzungsmitglieder mehr oder weniger hektisch Ausschau nach dem Schulkomplex am Boden halten. Ich werde schließlich ungehalten und spreche in die Bordsprechanlage: »Hört mal, Leute, wir haben da unten eine Amoklage, seht zu, dass ihr uns auf dem schnellsten Wege absetzt!«
    Daraufhin murmelt der Copilot etwas von einer »ungenauen, nicht stimmigen Ortsbeschreibung«.
    Nach ein paar weiteren Schleifen entscheidet sich unsere Besatzung dann doch, zum Landeanflug überzugehen. Aus den kleinen Seitenfenstern der Maschine versuchen wir den Ereignisort zu identifizieren, was uns aber nicht gelingt. Schließlich setzt der Hubschrauber auf, und wir schnallen uns von unseren Sitzen los. Hannes, ein Kollege, der vor seinem Wechsel zu unserem SEK Beamter bei der GSG 9 war, öffnet die Schiebetür des Hubschraubers, und froh, dass wir endlich die Enge des Passagierraums hinter uns lassen können, springen wir heraus. Wir blicken uns um und dann verwirrt gegenseitig an. Wo ist die verdammte Schule?
    Wir stehen auf einer eingezäunten Wiese, hinter der ein asphaltierter Feldweg verläuft, rundum weitere Wiesen, aber kein Hinweis auf ein Schulgebäude …
    Ich stehe kurz davor zu explodieren, als sich auf dem asphaltierten Weg ein grün-weißer Streifenwagen nähert und am Zaun unserer Wiese hält. Ein uniformierter Kollege steigt aus und winkt hektisch. Wir laufen auf ihn zu, und schon von ferne fragt er etwas atemlos: »Was macht ihr denn hier, die Schule ist doch noch ein ganzes Stück weg?«
    Ich glaube nicht richtig zu hören und antworte: »Der Hubschrauber hat uns hier abgesetzt, die Piloten wussten offensichtlich selbst

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