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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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ein voll besetztes Restaurant im Auge zu behalten und sofort zu wissen, was benötigt wurde. Anfangs war er nicht mehr als ein Kumpel für mich, der heiß ersehnte Komplize.
    Er kam zu mir nach hinten, um mir die Bestellungen zuzuwerfen, und brachte mich jedes Mal zum Lachen. Denn er traf den Tonfall einer aus Chelsea geflohenen Magersüchtigen, die um ein in Wasser gegartes Eiweißomelette bat, genauso gut wie den der verwitweten Herzogin, die versprochen hatte, ihm in ihrem Testament ein einsames Schloss zu vermachen. Doch Dom verfügt über das unheimliche Geschick, einem im Gespräch das Gefühl zu geben, die einzige Person zu sein, die für ihn existiert, und schon bald merkte ich, wie sehr ich mich danach sehnte, dass er durch diese Doppeltüren hereinstürmte. Er war nicht im Entferntesten mein Typ, aber das war bedeutungslos geworden. Ich wollte ihn, wollte ihn richtig, wusste allerdings nicht, ob er nicht das halbe Personal um den kleinen Finger wickelte. Es gibt niemand, der liebestoller ist als ein zum Leben erweckter Streber (fragen Sie Woody Allen), und ich hatte keine Lust auf emotionale Schießübungen.
    Nachdem ich zwei Wochen da war, lud Dom mich ein, mit ihm runter an den Strand zu gehen, und legte dabei eine zu Herzen gehende Nervosität an den Tag, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Das Bedienungspersonal traf sich dort spätabends, um zu kiffen und Bier zu trinken, bis der Stress der titanisch langen Schicht nur noch verschwommene Erinnerung war. Wir schlichen uns davon, kuschelten uns auf einer Bank dicht aneinander, und schließlich küsste er mich. Das Ganze geschah zwar aus einer Laune heraus, aber es waren durchaus Gefühle mit im Spiel. Es gab keinen Anspruch, keine Grenzen, nur Nähe, die so nicht geplant gewesen war.
    Doch für ihn schien seit dem ersten Morgen, an dem wir gemeinsam aufwachten, (zu meinem Leidwesen war es gleich der nächste Tag) mit absoluter Klarheit festzustehen, dass es was Ernstes war, dem ich insgeheim zustimmte, obwohl ich es ihm nicht gleich eingestehen wollte. Ich fand sehr schnell heraus, dass Dom viel komplizierter war, als dies sein lockerer Charme vermuten ließ. Sein Vater war vor einem Jahr gestorben, nachdem er lange gegen sein Krebsleiden angekämpft hatte, und Dom hatte den Abschluss seines Geschichtsstudiums verschieben müssen (für immer, wie sich herausstellen sollte), um seiner Mum beistehen zu können. Ich hätte gern Näheres darüber erfahren, aber er ging nie ins Detail.
    »Ich will dir doch helfen«, flehte ich ihn an, »ich möchte dich verstehen.«
    »Ich will nicht, dass du das verstehst«, sagte er darauf und küsste meinen Scheitel. »Du brauchst das jetzt noch nicht zu erfahren, nicht, solange deine Eltern noch jung sind. Ich beschütze dich. Wenn man jemanden liebt, will man ihn beschützen.«
    Es bekümmerte mich, dass er mehr über mich als ich über ihn wusste. Ich verspürte den Drang, ihm alles zu erzählen, ihm mein Innerstes zu offenbaren, und zu wissen, dass er jede Kleinigkeit von mir zu sehen bekam, voll und ganz akzeptiert wurde. Ich wollte keine Geheimnisse haben, in meinem Leben hatte es viel zu viele Geheimnisse gegeben. Er erfuhr sie alle. Es war, als hätte er mit seinem raschen, quicklebendigen Geist alles an mir addiert und die Summe für gut befunden. Aber kannte ich selbst meine Zauberzahl? Mit einundzwanzig glauben wir uns selbst zu kennen, doch wir sind wie Amöben, Gallert, das von den Gezeiten des Lebens geformt und verwandelt wird. Er übernahm bei mir die Rolle der Gezeiten, war die formende Kraft meiner Existenz, aber ich war vielleicht nicht die seine.
    Ich schüttele gerade die letzten Cornflakes aus der Schachtel, als Milly gähnend aus der Dusche auftaucht.
    »Och, ich hatte ganz vergessen, dass du heute einen Tag frei hast! Hast du Lust, ins Kino zu gehen oder sonst was Schönes zu unternehmen?«
    »Gut möglich, aber erst muss ich mich um Marsha kümmern.«
    Milly verzieht das Gesicht, was ich mit einem tadelnden Blick quittiere, obwohl ich insgeheim ein wenig dankbar bin, dass sie so an mir hängt. Marsha hält Milly für ein flatterhaftes Geschöpf, das sich endlich mal in einen Job reinknien sollte (sie arbeitet in einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis weit draußen am Stadtrand), wohingegen Milly …
    »Männerhände«, brummelt Milly und wirft dabei eine Scheibe Brot in den Toaster.
    »Sei nicht so gemein!«, sage ich wenig überzeugend. Vermutlich kommt die Tatsache, dass die beiden so

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