Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
bereden, was dieser gleich essen wird. Ich erhasche nur einen Blick, aber das kumpelhafte Gelächter, das von seinem Tisch ertönt, überzeugt mich, dass er wohlwollend gestimmt ist. Ich kann nur hoffen, dass dies auch auf Oscar zutrifft.
Ich bleibe bis spät in die Nacht, durchforste den Kühlschrank und den Gefrierschrank, damit ich weiß, was wir bis hinunter zur letzten Kieme auf Vorrat haben. Mike bleibt auf seinem Weg zur Tür neben mir stehen.
»Sie üben wohl Zählen?«, sagt er mit einer Stimme so hoch wie die eines Grundschullehrers. Ich beiße die Zähne zusammen, wohl wissend, dass ich es mir nicht erlauben kann, ausfallend zu werden.
»Ich möchte mich nur vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Schließlich trage ich die Verantwortung dafür.«
»Freut mich zu sehen, dass Sie lernfähig sind«, sagt er grinsend. Ich hätte gute Lust, auf ihn einzuschlagen.
Nachdem er gegangen ist, lässt meine Wut langsam nach. Es geht hier fraglos zu wie bei den Gladiatorenkämpfen, aber so wie ich Oscar heute Abend erlebt habe, bin ich mir sicher, den richtigen Schritt gemacht zu haben. Ihm liegt seine Küche wirklich am Herzen, es geht nicht nur um mögliche Sterne und Lobhudeleien, ihm bedeutet jeder letzte Tropfen Sauce und jede Fischschuppe etwas. Keiner betrachtet eine Forelle so, als stünde ihr der ganze Ruhm zu. Mag er auch noch immer der Ansicht sein, dass ich am falschen Platz bin, so bin ich doch entschlossen, ihm das Gegenteil zu beweisen. Ich fahre fast aus der Haut, als ich in den Tiefen des Kühlraums Pfannen scheppern höre. Ich bin doch wohl die Letzte hier? Da das Ghusto sich frische Produkte auf die Fahne geschrieben hat, ist die beste Waffe, die der Gefrierschrank bereithält, eine Packung Erbsen, aber ich bin mir nicht sicher, ob die viel Schutz bieten werden. Mit der Erbsenpackung in meiner Hand schleiche ich mich vorsichtig aus der Dunkelheit, doch nur um Oscar anzutreffen, der in einer riesigen Pfanne Butter anbrät. Er dreht sich um, starrt mich an und richtet dann seinen Blick auf die Erbsen.
»Da ist ja die Künstlerin, die vormals unter dem Namen Fischmädchen bekannt war. Sagen Sie mir doch bitte, wie Sie in Ihrer Freizeit heißen.«
»Amber, Amber Price. Tut mir leid, ich dachte, Sie seien gegangen. Ich bin gerade fertig geworden mit …«
Er deutet mit dem Kopf nach oben. »Die Wohnung ist oben, hat Ihnen das keiner gesagt? Scheiß drauf, ich werde Ihnen ein Glas holen. Kann nicht schlafen und könnte etwas Gesellschaft vertragen. Das heißt, wenn Sie sich von den Erbsen trennen können.«
»Aber gewiss, schließlich sollte ich dem Fisch nicht untreu werden.«
»Nein, das sollten Sie nicht, das sollten Sie auf gar keinen Fall.«
»Und es würde mir wirklich nicht gefallen, wenn Sie mich Erbsenmädchen nennen.« Ich spüre, dass ich ob meiner eigenen Blödheit rot anlaufe.
»Das erspare ich Ihnen«, erwidert er grinsend.
Er durchschreitet die Küche auf der Suche nach einem weiteren Glas. Dann schenkt er mir etwas Wein ein, tritt nah vor mich, um ihn mir zu überreichen, und stößt dabei mit seinem Glas an. Eine wahnwitzige Sekunde lang rechne ich damit, dass er mich küsst, stelle mir vor, wie wir beide aneinanderstoßen. Es ist das erste Mal, dass mich eine Spur von Verlangen überkommt, seit Dom mich verlassen hat. Ich war schon in Sorge, in mir könnte ein Schalter umgelegt worden sein. Eine kurze Sekunde lang genieße ich das wohlige Gefühl im Bauch, um es dann sofort abzuschütteln.
»Und was machen Sie hier?«, frage ich ihn geistreich.
»Ich probiere Sachen aus, Chili, Safran, Zitronengras. Experimentiere mit ein paar Ideen für Vorspeisen. Selbst Flachwichser gehen bei Vorspeisen auch mal ein Risiko ein.« Ich wünschte, ich hätte eine Strafkasse für Flüche und Schimpfwörter, die ich ihm wie einen Futtersack um seinen Hals hängen könnte. Bis zum Dienstag wäre ich Millionär.
»Das Rote-Beete-Soufflé mit Ziegenkäse, das Sie Anfang der Woche gemacht haben, hat mir gefallen.«
»Wenigstens eine, da bin ich aber froh. Lydia hat mich dafür gescholten und gemeint, das brächte mir nur Neurotiker ein, die anschließend überzeugt sind, Darmkrebs zu haben.«
Es folgt eine unangenehme Pause, in der ich mich frage, ob er den skurrilen Klatsch gehört hat, dass sie mit einem Lustknaben nach Paris gefahren sein soll, und ob es ihn, sollte er ihn vernommen haben, so schmerzt, wie es mich schmerzt, wenn ich mir vorstelle, wie Dominic diesem Flittchen mit seinen
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