Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
oben waren. Ich habe gerade genug, um meinen Überziehungskredit und meine Kreditkartenrechnungen zu bezahlen.«
»Ich kann mir nicht helfen, aber ich wünschte, du hättest dir was gesucht, was mehr Sicherheit bietet. Sieh dir Ralph an. Er hat wie ein Wahnsinniger geschuftet, um seinen Medizinabschluss zu machen, aber jetzt hat er ein reizendes Haus in Acton und ein anständiges Sparkonto. Du rackerst dich ab, ohne ein finanzielles Polster zu haben.«
»Ich bin kein Sozialfall!«, blaffe ich sie erschöpft an. Es ist immer dasselbe: Mama, die in aller Ruhe an mir herumnörgelt, bis ich aus der Haut fahre.
»Komm mal runter, Amber. Wir machen uns doch nur Sorgen um dich.«
Ich atme tief durch und versuche herauszufinden, warum ich das alles nicht einfach über mich ergehen lassen kann. Sie ist immerhin meine Mum. Ich sollte sie achten.
»Hast du das Formular bekommen, das ich dir zugeschickt habe, damit du dich um deine Rente kümmerst?«
O mein Gott, ich könnte sie umbringen. Doch ich habe meine patzige Karte bei diesem Anruf bereits ausgespielt, also halte ich mich zurück, wechsle das Thema und erzähle ihr, was Milly so macht.
»Aber du sorgst schon dafür, dass du zu Ralphs Geburtstag einen freien Abend bekommst?«, fragt sie, als ich den Anruf eigentlich schon beenden möchte.
Ralphs Geburtstag in nur einer Woche. Ich liebe meinen Bruder sehr, doch ich fürchte, das Abendessen wird einer Hinrichtung gleichkommen. Um mich herum nur Paare: Paare, die aufgereiht dasitzen wie Hühner auf einer Stange und nach meinem ringlosen Finger picken und mich mit Knopfaugen betrachten, als wäre ich der größte Versager weit und breit. Und vielleicht bin ich das ja auch, aber wer konnte schon ahnen, dass die Regeln so kompliziert sind?
Dom ist Maître d’ im Marquess, einem der Toprestaurants im West End, ein Ort, der nur so trieft von altmodischem Glamour. Obwohl man sich den Anschein lässiger Eleganz gibt, wird jeder Penny abgerechnet. Die Besitzer sind ein Team abgebrühter Geldgeber, die alles an Profit herauszuholen versuchen, was nur geht. Als das Management erfuhr, dass ihr Rechtsanwalt sich verändern wollte, machte sich Entsetzen breit. Jemand, der neu dazukommt, versucht unvermeidlich so viele zusätzliche Leistungen wie möglich auf die Rechnung zu setzen: Es dreht sich alles nur um Last-Minute-Tischbuchungen und Bestellungen, die nicht auf der Speisekarte stehen. Um seinen Status unter Beweis zu stellen, gibt es keine bessere Möglichkeit, als ihn im angesagtesten Lokal der Stadt zu adeln, und zuständig dafür ist der Maître d’. Es wurde deshalb mit allgemeiner Erleichterung aufgenommen, dass der Neue eine freundliche, bescheidene junge Frau und kein testosterongesteuerter Wichser im schicken Anzug war. Dom teilte mir die freudige Nachricht mit, sobald er sie kennengelernt hatte, und erwähnte dann, dass sie gleich in der folgenden Woche mit ihrer ganzen Clique im Schlepptau erneut aufkreuzte.
»Offenbar hast du ihr einen richtig schönen Abend bereitet«, sagte ich darauf, und ein Hauch von Angst umwehte mich dabei. Wie albern, dachte ich noch und schnippte sie weg wie eine Staubfluse. Untreue hatte bei uns nie eine Rolle gespielt, trotz der zahlreichen Möglichkeiten, die jeder Cateringjob bietet. Natürlich hatte ich mich auch mal zu einem Kellner oder auch zu einem Laufburschen mit einem frechen Lächeln hingezogen gefühlt, aber ich hatte die Situation nie ausgenutzt. Ich ging wohl davon aus, dass auch Dom seine bedeutungslosen Flirts hatte und harmlos seinen Charme spielen ließ, allerdings war ich mir sicher, dass für ihn dasselbe galt wie für mich. Vielleicht hätte ich nachhaken sollen. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt und all das. Wie naiv waren wir doch – verheiratet mit fünfundzwanzig, ohne dass irgendwelche großen Gespräche vorausgingen, allein in dem blinden Glauben, dass wir unsere Liebe hatten, die uns schon warmhalten würde.
Ihr Name wurde nicht mehr erwähnt, nicht einmal als die Geldgeber ein schickes Freitagabenddinner organisierten, um die Errungenschaften des Restaurants zu feiern. Ich wollte ihn noch fragen, ob sie auch mitkäme, aber irgendwas hielt mich davon ab. Dabei redete ich mir ein, nicht paranoid erscheinen zu wollen, doch es steckte mehr dahinter. Sobald ich einmal misstrauisch war, wäre es mit diesem blinden Vertrauen für immer vorbei. Eine neue Ära unserer Ehe würde eingeläutet werden, eine Zeit, in der unsere gegenseitige Liebe nicht mehr länger
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