Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Irgendwelchen Ge-schlechts-ver-kehr in Aussicht?«
»Ralph!«, weist Beth ihn zurecht. »Sei doch nicht so grob. Achte gar nicht auf ihn, Amber.«
»Alles bestens«, sage ich und kontere den Rempler. » Sei still! « Ich weiß, dass er sich über Dad und die Zeit lustig macht, als dieser uns zu unserer Verlegenheit ein Buch mit dem Titel Wo kommen die kleinen Babys her? zum Lesen gab und dafür sorgte, dass sich die Formulierung »Ge-schlechts-ver-kehr« für immer in unsere Gehirne einbrannte.
»Und wie läuft es so?«, schließt Beth sich an und löst Franks Pummelfinger von ihrer Nase. »Hör auf, Schatz«, protestiert sie, als er forschend einen Finger in ihre Nasenöffnung steckt. Ich weiß, sie will nett sein, aber Mutterschaft scheint zu bedeuten, dass man immer nur halb bei der Sache ist. Selbst wenn deine Kinder ihren Finger nicht in deine Nase oder in die Steckdose stecken, musst du, wenn du es richtig machst, für alle Ewigkeit ganz viel von deinem Herzen und deinem Gehirn aufgeben.
»Ja, im Grunde ganz gut«, sage ich unverbindlich.
»Das ist gut«, erwidert sie zerstreut. »Ich bringe ihn jetzt lieber nach oben.«
»Du hast mir gar nicht erzählt, dass Marsha heiratet«, sagt Ralph, nachdem sie gegangen ist.
»Woher weißt du das denn?«, frage ich und bekomme sofort Gewissensbisse, weil ich bisher noch nichts wegen ihres Verlobungsumtrunks unternommen habe.
»Sie hat eine ›Reservier den Termin‹-E-Mail geschickt. Hast du die nicht gelesen?«
Ich habe in diesen letzten paar Wochen so hart gearbeitet, dass ich kaum Zeit hatte, meine Zähne zu putzen, geschweige denn, meine E-Mails zu lesen. Ich gelobe mir, bald einen geeigneten Ort zu finden, und schiebe das traurige Zittern beiseite, das mich überfällt, als ich dabei an Dom denken muss. Als unvergleichlicher Maître d’ hätte er natürlich genau gewusst, wo sie diesen abhalten sollte, und für sie zudem fabelhafte Konditionen ausgehandelt. Ich blende ständig aus, was ich erlebt habe, und dann kommt doch wieder alles hoch. Wie um mich zu erinnern, dass das Leben weitergeht, gibt mein Telefon wie gerufen einen wütenden Piepton von sich. Es ist Oscar, natürlich. Wo bist du? , hat er geschrieben, ohne Kuss. Diese leichte Obsession, die seine Aufgeregtheit verrät, hat was sehr Befriedigendes. Beim Abendessen im Umland, wie ich gesagt habe, texte ich zurück, dazu ein x .
»Was ist das?«, will Ralph wissen.
»Das geht dich nichts an«, erwidere ich selbstgefällig.
»Du hast! Du hast Ge-schlechts-ver-kehr!«
Ich werfe ihm einen tödlichen Blick zu.
»Ich lasse nicht locker, darauf kannst du dich verlassen«, droht Ralph.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
»Ich werde Mum und Dad nichts erzählen.«
O Gott, ich mag mir gar nicht ausmalen, was sie denken würden, wenn sie wüssten, wie ich meine Beförderung gefeiert habe.
»Jetzt schau mich nicht so an«, ergänzt Ralph. »Sie ist nicht der Feind.«
»Ich habe nicht gesagt, dass sie das ist.«
»Brauchtest du auch nicht.«
Wir starren einander in mürrischem Schweigen an.
»Es ist nämlich viel schwerer, als es aussieht«, ergänzt Ralph. »Ich meine, ich liebe Frank über alles, aber manchmal ist er wirklich ein kleiner Scheißkerl. Ich dachte immer, einen Betrunkenen mit einer Kopfwunde zur Vernunft zu bringen, sei das Härteste – aber das ist nichts gegen den Versuch, einem Kleinkind einen Snickers-Riegel abzunehmen.«
»Sei nicht so gemein!« Ich muss gegen meinen Willen lachen.
»Ich will damit nur sagen, dass perfekte Eltern ein Mythos sind, die gibt es nur in den Büchern von Enid Blyton. Alle versauen es.«
»Aber nicht so wörtlich, wie Mum das tat.«
»Mein Gott, Amber, du bist manchmal wie der Hund mit seinem Knochen«, schnauzt Ralph. »Immer wieder gräbst du das aus.«
»Verdammt noch mal, Ralph, das ist so verdammt unfair!« Gleich kommen mir die Tränen, ich weiß, dass ich überreagiere, bin aber unfähig, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Es sind die Nachwehen der Dom-Geschichte, die das auslösen, meine Unfähigkeit, ihm zu verzeihen, was inzwischen ein genauso großes Verbrechen ist wie seine Affäre. Wie konnte er mich nur mit diesem Gefühl zurücklassen, obwohl er sich weiterhin die ganze Zeit mit Rachel getroffen hat? »Ich war diejenige, die es herausgefunden hat, nicht du! Ich war diejenige, die es Dad erzählen musste …«
»Es tut mir leid, okay? Es tut mir leid!«, sagt Ralph und legt seinen Arm um mich. »Vergiss es, vergiss es
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