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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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aber dazu hatte er keine Lust.
    Man konnte ihr Benehmen wirklich nicht mit dem Drink entschuldigen, den sie gehabt hatte. Trotzdem schlug er keinen Cocktail vor dem Essen vor.
    Sie beugte sich über den Tisch und hatte alle Feindseligkeit von vorhin anscheinend ausgelöscht. »Vergib mir, Clay. Bitte vergib mir. Ich kann es nicht ertragen, wenn ich dich verletze, es macht mich ganz elend.«
    Die Aufrichtigkeit und rührende Bitte gingen ihm an die Nieren, und er fühlte sich angesprochen und betroffen. »Kimb, du bist ein kleiner Narr«, sagte er zärtlich. Aber er wußte noch immer nicht, wie er ihre Ausbrüche deuten sollte. »Hast du hier schon einmal gegessen?« Es war eine dumme Frage, und er nahm ihre noch immer ausgestreckte Hand in seine. Sie klammerte sich mit einer Art von Verzweiflung an seine.
    Aber ihr Ton blieb spielerisch. »Noch nie. Aber es soll sehr gut sein. Zwei Sterne im Michelin.«
    Ein Kellner baute sich neben ihnen auf.
    »Haben Sie einen Tennessee-Whisky, junger Mann?« fragte sie hoheitsvoll. Er nickte würdevoll und antwortete ernsthaft: »Ein Jack Daniels, Miß?«
    »Einen doppelten. Mit verdammt wenig Soda, wenn's geht mit dem verdammten Perrier-Wasser.«
    »Und Sie, Sir?« erkundigte er sich, ohne die Miene zu verziehen.
    »Ein kleines Glas Chablis, bitte.«
    »Sehr kalt, nicht wahr. Mein Name ist Alexander, und ich werde Sie bedienen.«
    Als er gegangen war, sagte Clay: »Ich schlage vor, du hältst dich heute beim Trinken etwas zurück.«
    Sie lachte. »Du klingst ganz wie Andrew. Ich weiß schon, was ich vertrage. Was hältst du von Ente à l'Orange?«
    Über ihre Schulter bemerkte Clay den gleichen Mann, den er im Hotelfoyer und auf der Straße gesehen hatte: untersetzt, mit blassem Teint und schütterem, graumeliertem Haar. Doch nun war er auf der Hut und erwähnte ihn nicht, um nicht noch einen dieser seltsamen Ausbrüche heraufzubeschwören.
    »Es tut mir leid, Clay«, nahm sie sanft und kleinmütig den Faden wieder auf. »Was ich gesagt habe. Ich weiß, daß du mich liebst. Und nur mich. Ich weiß es.«
    »Denk nicht mehr dran«, sagte er und wußte, daß es ihm nicht gelingen würde, zu vergessen, ehe er nicht hinter das Verwirrungsspiel gekommen war. »Hier kommen unsere Drinks.«
    Sie ließ seine Hand los – ihre war inzwischen sehr trocken –, stieß mit seinem Glas an, und sie tranken.
    Dann stürzte sie sich wie verhungert auf die Nüsse und Selleriestangen, die mit den Drinks serviert worden waren. »Sag mir die Wahrheit, Clay, hast du nicht auch manchmal Lust auf eine Frau, die du an der Rennbahn oder in einem Lokal siehst? Gleichgültig, wer sie ist … einfach so … daß man sie besitzen will … eine völlig Fremde? Hast du das Gefühl?«
    Eigentlich nicht, ganz selten. Aber er sagte: »Schon, manchmal.«
    »Ich bin froh, daß du mich nicht angelogen hast. Ich hasse es, angelogen zu werden!«
    »Kimb …«
    Nachdem sie bestellt hatten und die Ente serviert worden war, gab sie sich gierig dem Essen hin, als sei er überhaupt nicht mehr da. Wie ein gefräßiges Kind. Spülte es mit dem Wein hinunter, den sie auf seinen Rat hin genommen hatte.
    Verblüfft überlegte Clay, ob es ratsam sei, darüber eine Bemerkung zu machen. Aber er sagte: »Zach Massing, der Hotspur reiten wird, hat es verdammt schwer mit seiner Diät. Nur fünfhundert Kalorien pro Mahlzeit maximal. Und keine Flüssigkeit. Pillen zum Entwässern und zum Appetitzügeln. Stunden im Dampfbad, bis er so benommen ist, daß er kaum noch laufen kann.« Er erwähnte nicht Zachs Praxis, sich nach einer guten Mahlzeit den Finger in den Hals zu stecken. Aber sie hörte sowieso anscheinend nicht zu.
    Als sie sich selbst nochmals Wein aus der Flasche nachschenkte, sagte sie: »Andrew will, daß ich Starbright streiche.«
    Vorsichtig meinte Clay: »Ich habe mit Jason Arnold gesprochen.«
    »Ich auch.«
    »Dann weißt du ja Bescheid. Es hat sich keine Infektion entwickelt, und der Husten ist auch weg.«
    Ein verschlagener Ausdruck trat in ihre Augen, und sie lehnte sich vertraulich zu ihm hin. »Andrew weiß das auch.«
    Ein Schock nach dem anderen an diesem Abend. »Warum will er das Pferd dann streichen lassen?« Er fügte nicht hinzu: nach all den verdammten Schwierigkeiten, die ich hatte, es zurückzubekommen. »Das verstehe ich nicht, Kimb.«
    »Andrew ist neidisch.«
    »Neidisch?« Clay begriff nichts mehr. Und Kimberley hatte sich schon wieder verändert und wirkte nun mit ihrer geheimnisvollen Miene wie

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