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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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Begleitreiter auf die Bahn ritten, und sagte: »Vielleicht, weil ich auch glücklich bin.« Einen Seitenblick zu Andrew riskierte sie dabei allerdings nicht.
    »Hast du es gemerkt, Andrew«, bohrte Kimberley weiter, »du hast anscheinend eine Eroberung gemacht.«
    »Das freut mich sehr«, antwortete Andrew und reichte Brigid das Programmheft. Brigid errötete wie ein Schulmädchen.
    »Scheiße«, sagte Kimberley hinter ihr.
    Es wurde übergangen.
    »Pepe«, sagte Kimberley, »ich wette hundert Dollar, daß Hotspur es mit fünf Längen macht.«
    »Miß Kimberley, ich wette niemals auf Pferde.« Und dann fuhr er mit seinem melodischen Akzent fort: »Bei Hahnenkämpfen ist es etwas anderes. Da zählen die bisher erbrachten Leistungen nie.«
    »Andrew, wettest du mit mir?«
    »Ich werde in ein paar Minuten einige Dollar auf True Blue setzen, am Wettschalter.«
    »Blödmann, schau auf den Totalisator. True Blue steht noch immer zwei zu eins. Du gehst wohl immer auf Sicherheit und hältst dich an den Favoriten.«
    Aber Brigid blieb bei ihrem Vorsatz, daß sie sich durch nichts und niemanden diesen sehr schönen, wenn auch verwirrenden Tag verderben lassen wollte.
    Siebzehn Minuten bis zum Start.
    James Oliver und seine Gäste trafen nun in der Loge neben Molly ein. Begrüßungsworte flogen hin und her, es wurde gewunken und Küsschen verteilt. Mrs. Oliver stand im Mittelpunkt, schlank und stattlich, während Mr. Oliver sich um seinen Sohn im Rollstuhl bemühte, damit auch er einen guten Überblick über die ganze Rennbahn hatte. Er begrüßte Andrew mit einem Nicken und nahm seine guten Wünsche entgegen. Brigid konsultierte das Programm: True Blue war Nummer 4 (Jockey Kyle McCague) und Dealer's Choice (Jockey AI Manuel) die Nummer 5.
    Beide Pferde sollten ebenfalls am Samstag an den Start gehen. Auf der Anzeigentafel des Totalisators wechselten ständig die Quoten, nur Dealer's Choice blieb konstant auf 11:1.
    Sechzehn Minuten bis zum Start.
    Andrew erhob sich. »Für die Jockeys ist fast Zeit zum Aufsitzen. Ich übernehme die Wetteinsätze. Auf wen soll ich für Sie setzen, Molly?«
    Nach einem kurzen Zögern strahlte sie Brigid und dann Andrew an. »Schönen Dank. Hotspur auf Sieg.«
    »Brigid?«
    Von der ungewohnten Art überrascht, überlegte sie einen Moment. »Danke. Das gleiche.«
    »Kimberley? Hotspur?«
    »Das ist doch nicht dein Ernst? Auf Clay Chalmers Klepper würde ich nichts setzen, und wenn es hundert zu eins stünde.«
    »Sechs zu eins steht er. Auf wen dann?«
    »Dealer's Choice«, knurrte Kimberley.
    Ohne die Miene zu verziehen, erkundigte sich Andrew bei Pepe, doch der schüttelte den Kopf. »Blake?«
    »Wenn dir True Blue zusagte, soll es mir auch recht sein.« Andrew nickte und verließ die Loge.
    »Mrs. Tyrone …«
    »Meine Freunde nennen mich Brigid, Kimberley.«
    »Mrs. Tyrone, wollen wir wetten?« Ihr Ton klang gespannt und gefährlich. »Nur wir zwei? Ich setze tausend Dollar auf Dealer's Choice gegen Hotspur. Nur der Sieg zählt. Machen Sie mit?«
    »Wenn es Sie glücklich macht, Kimberley.«
    Molly rührte sich nicht. Der Lärm auf allen Seiten schwoll immer mehr an, nur in der Loge blieb es ziemlich ruhig.
    »Von Ihnen will ich keine Gefälligkeiten, Madame Tyrone«, entgegnete Kimberley zischend. »Verpissen Sie sich.«
    Da drehte sich Brigid zu Kimberley um und sagte mit liebenswürdigem Blick und Tonfall, obgleich sie innerlich kochte:
    »Kimberley, meine Liebe, es tut mir leid, wenn meine Gegenwart hier Sie stört. Oder wenn Sie mit Ihrem Verehrer Streit hatten. Ich habe selbst eine Loge, aber Ihr Vater hat mich eingeladen, und«, mit einem liebenswürdigen Lächeln, »ich habe vor, die Rennen zu genießen. Aber wenn Sie auf Ihrer Wette bestehen – ich mache mit.«
    Vierzehn Minuten bis zum Start.
    Man sollte es nicht für möglich halten, aber es passiert jedes Mal. Es passiert vor jedem Rennen, und eigentlich müßte man darauf vorbereitet sein, aber es überfällt einen immer wieder ganz überraschend, besonders, wenn man ein so verdammter Narr wie Clay Chalmers ist. Es setzt langsam ein – eine Verkrampfung jedes Muskels und Nervs, ein Druck im Magen und ein Ziehen im Unterleib –, verbreitet sich dann über den ganzen Körper und überfällt einen wie ein Fieber. Der Kopf wird leicht, und das Blut pulsiert heiß, und je näher der Startzeitpunkt heranrückt, desto heftiger steckt es auch den Geist an. Man nimmt alles mit doppelter Schärfe wahr und funktioniert routinemäßig

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