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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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Tweed-Jackett mit Lederflecken an den Ellbogen. »Also, Chrissie, wenn Sie und Ihr hübscher Cowboy auf die Seite gehen würden, könnte ich auf meinen Platz. Oh, das ist Alex Crichton. Jedermann im Turf weiß, daß er der beste Trainer ist.«
    Neunzehn Minuten bis zum Start.
    Ausladende Fahrzeuge unternahmen den hoffnungslosen Versuch, das Geläuf glatt zu harken, aber immer wieder drehten die Räder durch und schienen fast im Schlamm zu versinken.
    »Ist die Bahn nicht Spitze«, fragte Molly spitzbübisch. »So viel Matsch.«
    Brigid stimmte etwas zögernd zu. Eine Anspielung auf Hotspurs Vorliebe für weiches Geläuf schien ihr fehl am Platz, zumal ihr Gregory McGreeveys Bemerkung einfiel, daß Molly die meiste Zeit in der Stallung 27 verbrächte.
    Andrew zwinkerte Molly zu. »Noch keine Spur abgetrocknet.« Brigid sah aus dem Augenwinkel, daß die Hautots ihre Loge betraten. Paul Hautot hatte nicht seinen Cutaway und Zylinder an wie für Ascot, aber Annabelles Blumengebilde als Hut hätte selbst in Chantilly Aufsehen erregt. Sie teilten ausgerechnet mit den am wenigsten zu ihnen passenden Derbypferdebesitzern die Loge, nämlich dem wabbeligen Apotheker und seiner unscheinbaren Frau, denen Prescription gehörte.
    Zu gern hätte Brigid in der Loge Mäuschen gespielt und gelauscht, was die beiden Paare sich zu sagen hatten.
    Die Besitzer von Fuji Mist waren leicht zu erkennen. Um den behäbigeren der beiden Japaner drängten sich zwei hochgewachsene Wasserstoffblondinen, deren Kurven fast aus den hautengen Seidenkleidern mit den eindrucksvollen Dekolletes quollen.
    Während sie noch ihren süffisanten Betrachtungen nachhing, kam jemand in die Loge und nahm auf einem der hinteren Sitze Platz. Man vernahm Schnaufen und Keuchen und dann eine mißmutig knurrende männliche Stimme: »Ich werde nie begreifen, wie sich ein vernünftiger Mensch zu so etwas herablässt.«
    Andrews Lippen kräuselten sich, und er wandte sich um. »Blake, wann bist du denn angekommen?«
    Er stellte den Neuankömmling vor, einen nicht nur korpulenten, sondern schwammig dicken Mann. Graue Haarsträhnen bedeckten den nackten Schädel kaum noch, und unter buschigen Brauen und aus Fleischwülsten blickten schwarze Augen sie an, aber mit einem selbstironischen Funkeln, daß sich ihr Herz sofort erwärmte. »Mr. Raynolds ist nicht nur ein alter, guter Freund von mir, sondern außerdem ein weniger guter Anwalt, den ich nur deshalb honoriere, weil er sonst auf der Straße verhungern würde.«
    »Einspruch, Euer Ehren. Du weißt genau, daß ich den Reichen helfe, noch reicher zu werden, wobei es mir allerdings auch immer besser geht.«
    Der Geräuschpegel nahm stetig zu, je näher der Start des nächsten Rennens rückte, und um sie herum war alles in Bewegung. So mußte er sich schon näher zu ihr hinbeugen, um verstanden zu werden: »Mrs. Tyrone, vielleicht erklären Sie meinem eingebildeten Freund hier mal, was für einen Abstieg der königliche Rennsport auf dem Weg von Europa nach Amerika genommen hat.«
    Brigid ging nur zu gern auf diesen Vorschlag ein. Ihr schien die Atmosphäre hier weniger gekünstelt, mehr wie ein Volksfest. Picknicks auf dem Innenfeld der Rennbahn wie hier wären in Europa unmöglich, bis auf das Curragh in Irland natürlich. Aber auch in Europa wurde das Publikum immer gemischter. »Ich für meine Person finde nichts an Rennen«, konstatierte Blake Raynolds.
    Brigid merkte, wie Mollys Spannung etwas nachließ, als sie hell auflachte. Ehe jemand etwas sagen konnte, entstand hinter ihnen eine Unruhe, und Kimberley fragte: »Muß ich jemand vorstellen?«
    In ihrer Begleitung war Pepe Benitez, der weltberühmte Jockey mit den goldenen Händen, der am Sonnabend Starbright und, wenn Brigid sich richtig erinnerte, am Freitag eine Stute von Rachel Stoddard im Kentucky Oaks reiten sollte. Trotz seiner vierzig Jahre war er ein knabenhaft schüchterner Mann, der allen zunickte.
    Kimberley sah großartig aus, aber die spontane Herzlichkeit, mit der sie sich bei Brigid entschuldigt hatte, ging ihr heute offensichtlich ab. Als sie sich zwischen den Jockey und Blake Raynolds setzte, warf sie ihm einen verhangenen Blick zu, den der ungerührt lächelnd erwiderte.
    »Na, Andrew«, wandte sie sich an ihren Vater, »du siehst glücklich aus.«
    »Vielleicht, weil ich es bin.«
    Darauf wandte Kimberley sich schnaubend an Brigid. »Und Sie strahlen aus allen Knopflöchern wie ein Honigkuchenpferd.« Brigid beobachtete, wie die rotbefrackten

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