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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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sicher.
    »Unsinn, Chrissie.« Nun nannte Owen sie auch schon Chrissie. Das gefiel ihr. So viele nette Leute hatten sie heute auf der Rennbahn so genannt. Oder war das gestern gewesen? »Leg dich hin und schlaf weiter.«
    Sie betrachtete seinen muskulösen, kräftigen Körper, mit den langen und stämmigen Beinen, die einen rotbraunen Pelz trugen. »Geh ins Bett.«
    Bei ihm klang das immer so anzüglich.
    »Das Feuer ist schon gelöscht, aber es geht dort schlimm zu. Eine Bereiterin ist unter die Hufe gekommen.«
    Sofort schämte sie sich ihrer kleinlichen Gefühle. Sie setzte sich auf die Bettkante. Owen zog sich an und runzelte die Stirn.
    »Eine wahre Schande, daß jemand zu Schaden gekommen ist. Aber Pferde geraten in Panik, wenn sie Rauch riechen. Ein Bock ist verletzt. Ancient Mariner. Wie schwer, ist noch nicht raus. Vermutlich hat so ein Penner eine Kippe ins Heu fallen lassen. Oder ein brennendes Streichholz.«
    Er schlüpfte in das schwarze Hemd, das so gut zu dem weißen Anzug paßte. Dann brachte er ihr die Karaffe mit dem Gin ans Bett und goß ihr ein Glas ein.
    »Die Sicherheitsleute haben bestimmt gepennt. Aber ihnen wird bald aufgehen, daß es einen Schuldigen geben muß. Und dann spielen sie verrückt. Ich kann mir eigentlich keinen Grund für diese Wahnsinnstat denken, außer, daß einer das Geld aus der Unfallversicherung seines Pferdes kassieren will.«
    Owen reichte ihr das Glas.
    »Danke, Liebling.« Ihre Zunge war schwer und so trocken wie ihre Kehle. Owen wußte, daß sie sich nun ein paar Drinks genehmigen würde, bevor sie weiterschlief.
    »Ich werde dich nicht von der Rennbahn aus anrufen. Eric sagt, daß Fireaway nichts passiert ist. Es ist schon so spät, daß ich gleich für die Morgenarbeit dableibe.«
    Er beugte sich herab und küßte sie auf die Stirn. »Bleib liegen und ruh dich aus. Owen kümmert sich um alles.« Dann verließ er mit kräftigen, aber leichtfüßigen Schritten das Zimmer.
    Wenig später hörte sie die Haustür ins Schloß fallen und erschrak – er konnte sie doch nicht in dem fremden Haus allein lassen! Sie griff nach dem Glas. Alleinsein konnte sie nicht ertragen, denn dann mußte sie sofort wieder an Stuart denken. Warum hatte sich Stuart immer so gegen eine Verbrennung gesträubt? Sie nahm einen langsamen Schluck. Wegen dieser Sturheit lag sein Leichnam nun tagelang in dem eisigen Kellergewölbe. Ein Woche lang mindestens. Und dann würden sie zurückfliegen müssen. Sie schloß die Augen und kippte den Rest des Glases in sich hinein. Owen hatte aber recht: Stuart würde nicht gewollt haben, daß sie auf das Derby verzichtete. Besonders, wenn Fireaway gewann. Sie goß sich noch ein halbes Glas ein. De goldige Stuart. Er hatte auch gut ausgesehen. Früher. Wie lang das her schien. Sie machte die Augen fest zu und ließ das Licht brennen. Fireaway würde gewinnen, dafür würde Owen schon sorgen. Es war wirklich ein Glück, daß sie Owen hatte. Sie war schon ein Glückspilz.
    Innerlich fühlte sie sich erwärmt vom Kopf bis in die Zehen. Die Schleimhäute und das zarte Gewebe zwischen den Beinen brannten und schmerzten. Owens Bart. Owen konnte so phantasievoll und ausdauernd lieben! Er konnte sie endlos lang in der Schwebe halten, sie süß quälen und so exquisit streicheln, bis in ihr Innerstes vordringen, immer wieder, und manchmal so zum Höhepunkt treiben, daß ihr war, als verließe ihr Geist den Körper.
    Als sie Joseph in der dunklen Limousine durch die nachtstillen Straßen fuhr, kam sich Rachel Stoddard irgendwie benommen, unvorbereitet und nur halb angezogen vor. In der Ferne hörte sie Sirenen und das Scheppern einer Glocke. Ihr Magen hatte sich verkrampft, und alles verschwamm vor ihren Augen. Dabei war Rachel immer stolz auf ihre scharfen Augen gewesen – selbst mit ihren dreiundachtzig Jahren konnte sie auch ohne Feldstecher jede Bewegung der Pferde auf der Gegengeraden erkennen. Aber jetzt hatte sie Mühe, Konturen klar zu sehen. Ein abrückendes Feuerwehrauto kam ihnen entgegen, hier und da standen Gruppen von Menschen in Nachtgewändern und Morgenröcken auf dem Bürgersteig oder auf den Veranden.
    Auf der engen Zufahrt zum Stallgebiet standen eine Reihe von Feuerwehrfahrzeugen und Polizeiwagen mit eingeschalteten Rundumleuchten. Am Maschendrahtzaun drängelten sich die Schaulustigen. Auf der vorbeiführenden Straße bewegten Neugierige ihre Autos nur im Schritttempo, obwohl Verkehrspolizisten sie ständig weiterwinkten. Überall wimmelte es

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