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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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können?«
    »Meine Zeitschrift druckt fast nichts anderes als die Richtigstellung von Lügengeschichten, die Geschichte hinter der Fassade.«
    »Kleine Dame, dieses Durcheinander von Scheunen und Ställen und Wagen und Heu ist zwar ein Traum für einen Pyromanen, aber nicht jede Selbstentzündung ist gleich Brandstiftung.«
    »Die Öffentlichkeit wird es aber glauben.«
    »Weil sie es gern hört.« Wyatt entdeckte sein altes Buick-Cabrio mit geschlossenem Verdeck, das recht schäbig aussah. »Jedes Mal, wenn eine Scheune brennt, fragen alle, wer es getan hat. Jeder Idiot kann einen Stall abbrennen lassen.«
    »Quatsch.«
    Er ging auf seinen Wagen zu. »Sie können ganz beruhigt sein, die Sache wird minuziös untersucht, vom Brandmeister, der Polizei und den Versicherungen.«
    »Das ist die offizielle Version.«
    Er öffnete den Wagenschlag. »Wie kann man nur so mißtrauisch sein.«
    »Na, ein Regenbogenblatt wie meines braucht Futter. Kann ich mit Ihnen fahren?«
    Er betrachtete sie. Ihr Gesicht aus der Nähe wirkte sanft, und ihre Augen blickten eifrig und jung. Sie standen etwas schräg und waren haselnußbraun, betont durch grünen Lidschatten. »Wo wollen Sie hin?«
    Sie schaute ihm in die Augen und neigte den Kopf seitlich. »Wohin Sie wollen, Graf Wyatt.« Was sollte denn das bedeuten? »Oder vielleicht sollte ich Sie Wyatt nennen?«
    »Nennen Sie mich, wie Sie wollen«, antwortete er und setzte sich hinter das Steuer.
    »Wie wär's mit Mr. Schlaumeier?«
    Plötzlich wurde ihm klar, wie rostig und verbeult sein Wagen war. Und was für eine Rolle er mit dem zurückgeschobenen Hut und der langen Zigarettenspitze spielte, sein Kostüm, seine Maske. Er wollte sich zur Beifahrertür lehnen und sie öffnen, aber da saß sie schon neben ihm. Und er war sich ihrer Gegenwart verwirrend bewußt. Ihrer körperlichen Nähe.
    »Ich überlege immer noch«, sagte sie leichthin, »ob Sie mich an einen Riverboat-Spieler oder einen Kaffeehausbesitzer an einem Wiener Boulevard erinnern oder an beides.«
    »Lebenskünstler nannte man das, aber ich finde Bonvivant passender.«
    Als sie durch das Portal rollten, nickte er dem Wachmann zu. »Ich bin außerdem ein Exemplar einer aussterbenden Gattung – ein echter Turfnarr – und ich strenge mich sehr an, um die Auswüchse aus dem königlichen Sport fernzuhalten. Ich habe meine eigenen Vorstellungen von Fairness.«
    »Dann meinen Sie doch, es sei etwas nicht ganz astrein?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Hören Sie …«
    »Sie haben's doch faustdick hinter den Ohren!«
    »Dafür werde ich bezahlt.«
    Sie lachte, und er fand es ansteckend. »Phantastisch!« Sie setzte sich tiefer in den Sitz, und im Schein einer vorüberhuschenden Laterne sah er, daß ihr Rock hoch über die Knie gerutscht war. »Was meinen Sie, wo ich heute nachmittag vor dem Trail war?«
    »Im Schloß eines alten Lustgreises?«
    »Quatsch. Ich war in Thistle Hill.«
    »Und?«
    »Wieder Abweisung und verschlossene Türen. Es wird niemals jemand erfahren, was wirklich mit Vincent Van passiert ist, oder?«
    »Darum dreht es sich auch nicht. Der alte Herr, den Sie neben sich sehen, kleines Fräulein, ist kein renommierter Turfreporter, sondern ein Pferdenarr, der auf diese Weise seinem Hobby frönt und davon mehr schlecht als recht leben kann. Meine Brötchengeber erwarten von mir keine detektivischen Leistungen.«
    »Also ehrlich, wenn Sie sich anschauen, was gestern und heute nacht passiert ist – das sind doch nicht Zufälle oder Schicksalsschläge – die Pferde sind doch nicht verhext. Wenn Sie das glauben, dann glauben Sie auch an den Osterhasen und an den Weihnachtsmann!«
    Worauf hatte er sich nur eingelassen! Was glaubte sie zu wissen? Oder was wußte sie vielleicht tatsächlich? »Außerdem, Miß Wessell …«
    »Jan.«
    »Außerdem werden Sie mir als nächstes erklären, Dealer's Choice sei nicht aus Entkräftung zusammengebrochen, sondern ein unsichtbarer Geist habe ihm ein Bein gestellt.«
    »Nein, das habe ich recherchiert. Pferde brechen gelegentlich zusammen, und das war bei dem armen Gaul vorauszusehen, wie mir gesagt wurde.«
    »Kein mysteriöser Zufall?«
    »Solche Zwischenfälle streuen den Leuten nur Sand in die Augen.«
    Nun mußte er lachen, aber sie lehnte sich weit zurück, schlüpfte aus den Schuhen, und sein Lachen wurde heiser. Ihre Brüste waren sehr voll und sehr straff.
    »Wenn … wenn jemand das Feuer absichtlich gelegt hätte und wenn das Mädchen stirbt, dann wäre das Mord,

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