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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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auszuhalten.
    »Sie starb bei seiner Geburt.«
    Eigentlich ergaben die Worte keinen Sinn, aber Owen schaute so verloren und geschlagen drein, als er am Schreibtisch auf einen Stuhl sank und den Kopf auf die Schreibmaschine mit dem blauen Farbband senkte, daß sie ihn trösten wollte. »Armer Owen, es ist vorbei. Denk nicht mehr an die Vergangenheit. Komm zu mir, mein Schatz. Ich werde dich in meine Arme nehmen und …«
    »Toby hat Clay immer mehr geliebt als mich.« Seine Stimme klang erstickt und kindlich, aber der kummervolle Unterton war unverkennbar – und rührend. »Weil er dunkel war und ihn immer an Erna erinnert hat.«
    »Vergiß ihn, Liebling. Es tut mir leid, daß ich seinen Besuch überhaupt erwähnt habe.« Christine ging zu ihm hin, legte ihm zärtlich eine Hand auf die Schulter und spürte, wie er am ganzen Körper bebte. »Ich möchte gern, daß du dich zu mir legst.« Sie dachte dabei an ein tröstliches Beieinander, eine neue Art Gemeinsamkeit, die sie noch enger zusammenschweißen würde. »Mir zuliebe?«
    Er hob den Kopf nicht, aber flüsterte: »Ich bin in ein paar Minuten bei dir. Ich muß Eric noch anrufen und fragen, wie die Morgenarbeit ohne mich verlaufen ist.«
    Sie strich ihm über die dichten, rotbraunen Haare und ging dann den Korridor entlang zu ihrem Schlafzimmer. Seine Stimme folgte ihr: »Wir können schlafen, und wenn wir aufwachen, machen wir vielleicht Liebe.«
    Liebe machen. Diese Worte hatte Owen nie zuvor benutzt, sonst drückte er sich immer so ordinär aus.
    Es war seltsam, obwohl sie sich schon lange kannten, fühlte Christine erstmals wahre menschliche Verbundenheit mit Owen – und das unter so merkwürdigen Begleitumständen.
    Wer zum Teufel war das da im Wohnzimmer oder Studio oder wie man es nannte? Janice Wessell hatte die andere Stimme schon irgendwo gehört. Wann? Warum mußte der andere denn so leise reden? Nackt wie Wyatt, nachdem er aus dem Bett gerollt war und sich einen schwarzen Seidenkimono übergestreift hatte, als es an der Tür geläutet hatte, lehnte sie sich an die Innenseite der Schlafzimmertür, um etwas erlauschen zu können. Aber sie verstand nur Wyatts Worte.
    »… schmeichelhaft, so früh am Morgen, um meiner Sendung neuen Glanz zu geben, aber ehrlich gesagt habe ich mir noch nie in den Inhalt dreinreden lassen.« Es klang genau so hochgestochen und schaumschlägerisch wie der ganze Kerl war. Die andere Stimme flüsterte etwas, und dann wieder Wyatt: »Was soll das heißen, der Sport den ich angeblich respektiere und schütze? Ich bin einer seiner schwächsten Verteidiger.«
    Wieder die andere Stimme, und diesmal grunzte Wyatt nur.
    Sie hielt es nicht länger aus, hob Wyatts Hemd vom Boden auf – und mußte daran denken, wie er aussah, als er es fallen gelassen hatte: wie ein kleiner dicker Knabe, der sich zum ersten Mal einer nackten Frau gegenübersieht –, schlüpfte hinein und machte einen Knopf zu. Dabei bekam sie mit: »Ich will nicht, daß Sie mir vertrauen. Wenn es eine große Story ist, werde ich sie bringen.«
    Ohne zu klopfen, ging sie hinein. Die andere Stimme, die sie eigentlich hätte erkennen sollen, gehörte dem Mann, der sie zweimal so unverschämt hatte abblitzen lassen – Clayton Chalmers, Pferdebesitzer und Trainer in Personalunion, stolzer Besitzer eines ›Jagdrennsiegers‹. Er stand am anderen Ende des großen Raums und drehte sich stirnrunzelnd zu ihr um.
    »Tut mir leid«, sagte sie, und es klang keineswegs bedauernd, »aber wenn ich schon nicht schlafen kann, brauche ich eine Zigarette.« Sie ging zu ihrer Umhängetasche, die auf dem Couchtisch zwischen dem sitzenden Wyatt und dem danebenstehenden Chalmers lag. Wyatt lief tatsächlich rot an, doch aus seinen Augen sprach ein gewisser männlicher Stolz: Schau dir meine Eroberung an, hübsche Beine und ein toller Busen; so was habe ich in meinem Bett! »Ich bin gleich wieder weg«, sagte Janice und kramte in ihrer Tasche herum, bis sie endlich eine zerdrückte Zigarette fand, die sie hochhielt. Sie lächelte Clay Chalmers an, der keinerlei Anstalten machte, ihr Feuer zu geben. »Erinnern Sie sich an mich?«
    Seine Miene war grimmig, und seine braunen Augen wurden schmal. »Die Journalisten-Schülerin. Sie hätten sich den Presseausweis anheften sollen.«
    Dieses Ekelpaket, nicht einmal ihre Beine würdigte er eines Blickes. Also zündete sie sich die Zigarette selbst an. »Warum sind Sie nicht draußen an der Rennbahn und stoppen die Zeiten ihres Pferdes bei der

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