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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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Weise, weil er als Anwalt ein Gespür für hintergründige Motive hatte. Wollte Andrew Kimberley von Chalmers fernhalten, weil er den jungen Mann nicht für passend hielt oder aus einem anderen unerkennbaren Grund, den Andrew möglicherweise nicht zugeben wollte? Kimberley hatte gerufen: › Haltet den Mund, alle beide!‹ Als sei sie zwischen zwei Mahlsteine geraten. Wissend, wie Kimberley auf den Tod des Pferdes reagieren würde, konnte Andrew doch nicht eine so hinterhältige Methode benutzt haben, um …
    »Du mußt mein … Zögern entschuldigen, Blake«, Andrew hatte nicht das Wort Misstrauen gebraucht, »aber Chalmers' Pferd war nicht im Derbystall untergestellt.«
    Blake faßte einen Entschluß. Vielleicht erleichterte es seinen Freund, aber es konnte auch seinen Zorn herausfordern. Trotzdem sagte er: »Meiner Meinung nach hat Chalmers eigene Gründe, warum er uns nicht in alle Tatsachen einweiht.« Andrew quittierte das mit einem Stirnrunzeln, wartete aber ab. »Aber diese Gründe können vertretbar und vernünftig sein. Oder aber er ist noch nicht sicher, wer dahintersteckt. Trotz allem glaube ich, daß er uns nicht hintergeht.«
    Minuten verstrichen, Andrew schwieg. Dann stand er auf; er wirkte sehr müde. »Ich glaube auch, daß er uns nicht hintergeht«, sagte er schließlich, als müsse er sich dieses Zugeständnis abringen. »Auf sein Pferd ist nämlich heute früh gleichfalls ein Anschlag verübt worden.«
    Ehe Blake das verarbeiten konnte, ertönte der Türsummer, und Andrew ging in die Diele, um zu öffnen. Seinen Schritten mangelte es an der sonst üblichen Elastizität.
    »Komm herein, Tochter«, sagte er. »Hast du überhaupt geschlafen? Mit den Pillen?«
    Kimberley küßte ihren Vater auf die Wange und trat ins Zimmer. Sie trug einen Hosenanzug und hatte die Haare streng nach hinten gebunden. Trotzdem wirkte sie wie ein kleines Mädchen, bedrückt und ernst. »Sie haben geholfen, danke, Andrew.« Und dann: »Guten Morgen, Mr. Raynolds.«
    Die Dame war wirklich unberechenbar. Blake spürte Erleichterung. »Hast du heute Wyatt Slingerland gesehen?«
    Sie nickte. »Ich sollte die Sendung doch einschalten.«
    Andrew fragte: »Hast du gefrühstückt? Soll ich dem Etagenkellner läuten?«
    »Ich habe keinen Hunger«, antwortete sie. »Hier.« Sie hielt ihm einen weißen Umschlag hin. »Er ist mir heute früh zugestellt worden … Es tut mir übrigens leid, daß ich heute in Mrs. Tyrones Zimmer geplatzt bin, Andrew.« Er studierte die beiden Fotografíen, die er dem Umschlag entnommen hatte. »Ich weiß nicht, warum ich solche Sachen mache. Soll ich sie anrufen und mich entschuldigen? Oder ein paar Blumen schicken?«
    Andrew ging zu Blake und gab ihm die Bilder. »Das wird nicht nötig sein, Kimberley. Meiner Meinung nach wird sich Mrs. Tyrone im Krankenhaus bei Molly aufhalten.« Und an Blake gewandt: »Er hält wenigstens sein Versprechen, wer immer der Bastard auch sein mag.«
    Auf dem einen Foto war Starbright in voller Größe zu sehen, auf dem anderen eine Großaufnahme des Kopfes, dahinter von unsichtbarer Hand gehalten, eine Kopie des ›Daily Racing Form‹ mit eingekringeltem Datum. Es war die neueste Ausgabe, was bewies, daß das Pferd am heutigen Morgen noch am Leben war. Das Risiko lag darin, daß der Dieb des Pferdes ebenso die Fernsehsendung gesehen hatte wie der Wächter. Was dann? Blake dachte grimmig, daß es wirklich ein riskanter Versuch war. Persönlich sah er wenig Chancen, daß Chalmers' Wagnis glücken würde. Aber so vage die Erfolgsaussichten waren, so hatte das Ganze doch den Vorteil, daß man wenigstens etwas unternahm, anstatt völlig der Gnade von jemand ausgeliefert zu sein, der nach Belieben mit dem Pferd umspringen, es verletzen oder töten konnte.
    »Manchmal bin ich nicht ich selbst«, erklärte Kimberley und suchte mit den Augen die des Vaters. Es klang, als wollte sie sich noch immer entschuldigen. »Ich bin dann jemand anderes – jemand, den ich hasse.«
    »Das fiel mir auch schon auf«, sagte Andrew, und Blake beschloß, sich unter einem Vorwand so schnell wie möglich zu entfernen.
    Statt dessen machte sich Kimberley auf den Weg in Richtung Diele. »Clay will mich anrufen, glaube ich«, sagte sie mit der gleichen kleinlauten Stimme. »Ich werde in meinem Zimmer sein.«
    Sie wandte sich beiden noch einmal zu. »Ich danke dir sehr, Andrew, daß du dich um mich gekümmert hast.«
    Das kam überhaupt nicht in Frage. Auf so etwas fiel doch ein Frankie Voight

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